Dort die Golfplätze, hier die Not
Kurz nach dem verheerenden Erbeben in Haiti im Jahr 2010 kam es zum ersten Einsatz durch die Dental International Aid Networking Organisation (DIANO) in einem der Bateys, wie die Lager der Haitianer in der Dominikanischen Republik genannt werden.
Dort zeigte sich auf erschreckende Weise, welche krassen Gegensätze auf dieser Insel (und noch auf ein paar anderen mehr, wie sich schnell herausstellte) in der Karibik herrschen. Auf der einen Seite Strände und Golfplätze, die zu den Top Ten auf der Welt zählen, auf der anderen Seite extreme Armut, Not und Unterversorgung.
Seit Beginn der Einsätze bestanden gute Kontakte zu Jesuitenorganisationen und der Caritas, die im Laufe der Zeit weiter ausgebaut wurden. Dabei stehen im Besonderen das Institute of Latin American Concern ILAC der Jesuitenhochschule Creighton aus Omaha/Nebraska sowie das Med-Missiowerk der Caritas im Vordergrund. Gleichzeitig bestehen enge Kontakte zur Academy of Dentistry (ADI), einer weltweit tätigen Honorary Society aus den USA, die regelmäßig Symposien für Freiwillige ausrichtet und damit für die fachlich fundierte, wissenschaftliche Aufarbeitung dieser Einsätze sorgt. Mithilfe der ADI ist es nun gelungen, zum ersten Mal ein Einführungscamp für Freiwillige aus der Zahnheilkunde zu organisieren.
Das ILAC beziehungsweise die dominikanische Variante „Centro de Education para la Salud Integral“ verfügt über ein Netzwerk an „Cooperadoras“ in über 200 abgelegenen Dörfern im Norden der Insel. Mit den vorhandenen mobilen Behandlungseinheiten, die in Kirchen und Gemeindezentren aufgebaut werden, wird die örtliche Bevölkerung versorgt. Auch in dieser Region gibt es zahlreiche Flüchtlingslager der Haitianer, die dort unter unvorstellbaren hygienischen Bedingungen leben. Zahnschmerzen gelten als persönliches Schicksal, denn Zahnarztbesuche in den größeren Städten kann sich kaum jemand auf dem Dorf leisten, allein die Anreise stellt eine fast unüberwindbare Hürde dar.
Jedes Jahr kommen zahlreiche ärztliche Spezialistengruppen ins ILAC: Orthopäden, Augenärzte, Gynäkologen, die in ihrem Fachgebiet von früh bis spät operieren. An Zahnärzten herrschte bislang ein großer Mangel, diese Lücke ist nun geschlossen. Es zeigte sich, dass eine gründliche Einführung in die Arbeit vor Ort sehr viele Vorteile bietet, da sich die Vorstellungen, die man sich hier von solchen Einsätzen macht, nicht immer realistisch sind. Angedacht ist, dass es auch in Deutschland selbst Infoabende oder Einführungsveranstaltungen geben wird.
Ebenso wichtig ist der Einsatz in Haiti selbst. Es gibt, ebenfalls seit dem Erdbeben, eine enge Zusammenarbeit mit der dortigen zahnmedizinischen Fakultät, die bereits mehrfach mit Materiallieferungen versorgt wurde.
Besonders in der zahnärztlichen Radiologie, durch eine bessere Ausstattung der Bibliothek und in der Endodontie konnte die Ausbildung gefördert werden. Zu den dringlichsten Projekten gehört die Ausstattung der Caritas-Klinik in Leogane, einer Stadt mit etwa 200 000 Einwohnern, in der es keinen einzigen Zahnarzt gibt. Hier wird, zunächst improvisiert, aber mit stetiger Unterstützung eine Zahnstation entstehen. Dies hilft der Klinik, wirtschaftlich zu überleben, gleichzeitig entstehen Arbeitsplätze. Die gute Zusammenarbeit mit der Universitätszahnklinik erweist sich dabei als besonders vorteilhaft, denn Arbeitsplätze für junge Zahnärzte sind in diesem Land absolute Mangelware.
Tobias BauerDental International Aid Networking Organisation (DIANO)Postfach 44578204 Singen