Die Lösung der Dentistenfrage
Schon wenige Jahre nach der Freigabe der Heilkunde überstieg die Zahl der nichtapprobierten Zahnbehandler jene der Zahnärzte. Die Nichtapprobierten, die sich bald mehrheitlich „Zahnkünstler“ nannten, erkannten zudem sehr rasch die Bedeutung schlagkräftiger Interessenorganisationen. Erste Ortsgruppen von Zahnkünstlern lassen sich für das Jahr 1874 nachweisen, und 1880 konstituierte sich mit dem „Verein deutscher Zahnkünstler“ (VdZ) eine nationale Dachorganisation.
1908 benannte sich der VdZ in „Verein der Dentisten im Deutschen Reich“ um. Auch die Behörden gingen mehr und mehr dazu über, die nichtapprobierten Zahnbehandler ungeachtet ihrer höchst heterogenen Qualifikationen einheitlich als „Dentisten“ anzusprechen. Damit mussten die Zahnärzte, die sowohl die Zulässigkeit der Berufsbezeichnung „Dentist“ als auch die grundsätzliche fachliche Eignung der nichtapprobierten Zahnbehandler angezweifelt und scharf kritisiert hatten, eine herbe berufspolitische Niederlage einräumen. Es war offensichtlich geworden, dass die „Nichtapprobiertenfrage“ zu einer zweiten zahnbehandelnden Berufsgruppe geführt hatte, die den Zahnärzten in allen Bereichen Konkurrenz machte [Groß, 2006].
Dominanz der Dentisten
Schon in quantitativer Hinsicht zeigte sich die neue Bedeutung des zweiten zahnbehandelnden Berufsstands: Zwischen 1878 und 1908 war die Zahl der selbst ernannten Dentisten von 735 auf 5.000 gewachsen [Groß,1994; Maretzky, 1959]. Vor allem die ländlichen Regionen waren fest in den Händen der Nichtapprobierten; aber selbst in den Großstädten reichten die Zahnärzte quantitativ nicht an die nichtapprobierte Konkurrenz heran [Bunge, 1935].
Ein Vergleich der zahnärztlichen Versorgung in verschiedenen Staaten um 1919/20 verdeutlicht die besondere Bedeutung der Nichtapprobierten in Deutschland [Dresel, 1921]: Hier versorgte ein Dentist im Durchschnitt 6.327 Einwohner. In den Niederlanden kamen demgegenüber 20.299, in Spanien 73.333 und in der Schweiz 112.500 Einwohner auf einen handwerklich ausgebildeten Zahnbehandler. Dagegen betrug die Dichte der Mechanical Dentists in England 1 zu 5.125. Allerdings erlernten die Mechanical Dentists ihr Handwerk beim Zahnarzt und arbeiteten nach beendeter dreijähriger Lehre in abhängiger Stellung als zahnärztliche Gehilfen. In vielen Industriestaaten wie etwa Frankreich oder den Vereinigten Staaten war die Zahnbehandlung ohnehin Zahnärzten vorbehalten [Dresel, 1921; Groß, 2006].
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Die „Kassenfrage“
Die zahlenmäßige Dominanz der Zahnkünstler in Deutschland sollte bald zu einem gewichtigen gesundheitspolitischen Faktor werden. Dies zeigte sich insbesondere in der Frage, welche Zahnbehandler zur Kassenbehandlung zugelassen werden sollten. Die Zahnärzte forderten für sich in der „Kassenfrage“ unter Verweis auf ihre besondere Qualifikation ein Monopol. Tatsächlich arbeiteten aber etwa im Jahr 1907 1.018 von 1.146 erfassten Kassen sowohl mit Zahnärzten als auch mit Zahnkünstlern beziehungsweise Dentisten zusammen [Groß, 2006; Sydow, 1908].
Bei den Verhandlungen zur Reichsversicherungsordnung im Jahr 1911 spielte die Tatsache, dass die Dentisten mit 7.214 von 9.881 Zahnbehandlern die klare Mehrheit stellten, eine mitentscheidende Rolle. Schließlich wurden Zahnkünstler 1911 „mit Zustimmung der Versicherten“ offiziell zur Behandlung von Kassenpatienten zugelassen. Kein einziger Reichstagsabgeordneter hatte sich gegen die Berücksichtigung nichtapprobierter Zahnbehandler ausgesprochen – die zahnärztlichen Standespolitiker erlitten eine weitere Niederlage [Groß, 2006].
Die „Ausbildungsfrage“
Der berufliche Monopolanspruch der zahnärztlichen Minorität war letztlich mit dem Hinweis auf die geringe Zahnarztdichte abgewiesen worden – eine Entwicklung, die die Zahnärzteschaft letztlich selbst mitverursacht hatte: Sie hatte die schrittweise Akademisierung des Zahnarztberufs zu einer Hauptforderung erhoben und im Jahr 1909 nach jahrzehntelangem Streben endlich erreicht, dass das Studium der Zahnmedizin an den Nachweis der Hochschulreife (Maturität) gebunden wurde [Groß, 1994 2006].
Damit war zwar die angestrebte akademische Angleichung an das Vorbild – den traditionell akademisch-bildungsbürgerlichen Arztberuf – erreicht, doch in der Konsequenz führte diese Politik der „Exklusivität“ den Nichtapprobierten kontinuierlich Lehrlinge zu. In jedem Fall bot der Dentistenberuf die Möglichkeit, in deutlich kürzerer Zeit als Zahnbehandler tätig zu werden, sofern man denn überhaupt die Mühen einer regulären Ausbildung auf sich nahm. Tatsächlich wurde 1909 eine Statistik bekannt, wonach lediglich 31,4 Prozent von 1.060 überprüften Nichtapprobierten eine Lehre zum Zahnkünstler durchlaufen hatten. 58,4 Prozent waren zuvor als Barbier tätig gewesen, und weitere 10,2 Prozent hatten keinerlei fachliche Vorbildung [Reichstagsdrucksachen, 1909].
Zudem war das Berufsbild des Zahnarztes durch die dauerhafte Konkurrenz des Dentistenstands zunehmend unattraktiv geworden: Zwar besaß der Zahnarztberuf nun die gleichen Studienvoraussetzungen wie der Arztberuf – doch er hatte nicht das gleiche Sozialprestige. Viele Bürger nahmen die Unterschiede zwischen approbierten und nichtapprobierten Zahnbehandlern kaum wahr, insbesondere nachdem letztere sich 1908 offiziell die zahnarztähnliche Berufsbezeichnung „Dentisten“ angeeignet hatten. Zudem war es vielen Nichtapprobierten gelungen, den Unterschied zu den Zahnärzten durch den käuflichen Erwerb ausländischer Doktordiplome, aber auch durch massive Reklame weiter zu verwischen [Groß, 2006].
Die „Kostenfrage“
Eine weitere Erklärung für die Konsolidierung des Dentistenstands bietet der Kostenfaktor: Nichtapprobierte Zahnbehandler boten ihre Dienste zu niedrigeren Preisen an als approbierte. Genaue Angaben über die Einkommensverhältnisse der zahnbehandelnden Gruppen liegen erstmals für das Jahr 1927 vor. Hiernach erzielte jeder Zahnarzt einen durchschnittlichen Umsatz von 12.771 RM, während ein Dentist durchschnittlich 6.915 RM umsetzte [Meerwarth, 1932].
Die niedrigeren Preise halfen den Dentisten insbesondere bei den Verhandlungen mit den Krankenkassen. Zahnärztlicherseits führte man die Berücksichtigung von Zahntechnikern als Kassenbehandler allerdings vor allem auf die politische Nähe der Zahnkünstler zu den Ortskrankenkassen zurück [Groß, 2006] Letztere standen seit den 1890er-Jahren überwiegend unter dem Einfluss von Gewerkschaften und Sozialdemokraten.
Ein wesentlicher Schritt auf dem Weg der Konsolidierung der Dentisten war darüber hinaus die zunehmende organisatorische Absonderung der Labortechniker von den behandelnden Nichtapprobierten. So verabschiedete der Verband der Dentisten 1922 eine neue Satzung, in der explizit festgelegt wurde, dass Laboratoriumsinhaber nicht aufnahmefähig waren [Zahntechnische Wochenschrift, 1922]. Damit war zugleich eine Hinwendung der Dentisten zu einem klinisch-patientenorientierten Berufsbild verbunden – eine durchaus geschickte Politik angesichts der anhaltenden zahnärztlichen Bemühungen, rein handwerklich vorgebildete Behandler herabzusetzen und die ärztlich-klinischen Aspekte der Tätigkeit in den Mittelpunkt zu rücken.
Ausgleichsversuche vor der Jahrhundertwende
Ungeachtet aller Konflikte zwischen den beiden Berufsgruppen wurden immer wieder Ausgleichsversuche unternommen [Groß, 2006]. Sie gingen zumeist von den Nichtapprobierten aus, die eine offizielle Anerkennung ihres Berufs durch die Zahnärzte erhofften. Schon 1882 hatte der Verein deutscher Zahnkünstler angeregt, gemeinsam mit der Zahnärzteschaft gegen das „Presseunwesen“ vorzugehen. Hintergrund dieser Initiative war der Umstand, dass manche Lehrlinge bei hohen Gebühren in kürzester Zeit zu Zahnkünstlern „ausgebildet“ wurden.
Solche Kurzausbilder, sogenannte Pressiers, waren unter den Nichtapprobierten, aber auch unter den Zahnärzten zu finden. Die Initiative zur Beseitigung dieses Missstands hatte Louis Mueck, der erste Vorsitzende des Vereins Deutscher Zahnkünstler, in einem Schreiben an den Vorstand des Central-Vereins deutscher Zahnärzte – der heutigen DGZMK – ergriffen.
Der zahnärztliche Verein reagierte mit folgender Stellungnahme [Lang, 1928]: „Obwohl dem Vorstand des Central-Vereins deutscher Zahnärzte die Missstände, wie sie in Ihrer Zeitschrift angeführt wurden, nicht unbekannt sind, so ist er doch nicht in der Lage, mit den Herren selbstständigen Zahnkünstlern gemeinsame Schritte zu deren Beseitigung zu tun, weil derselbe, ohne die Tüchtigkeit einzelner verkennen zu wollen, eine Gemeinsamkeit zwischen jenen und den Zahnärzten überhaupt nicht aufzufinden vermag.“
1889 war zudem eine Schrift des Zahnarztes Robert Telschow mit dem Titel „Die heutige Ausbildung der deutschen Zahnärzte“ erschienen. Telschow forderte einen „Einheitsstand“ von Zahnbehandlern – bei weitreichenden Zugeständnissen an die Zahnkünstler. Mueck griff die Ausführungen Telschows in einem Rundschreiben an die deutschen Zahnärzte und ihre Organe bereitwillig auf und schlug ebenfalls die Gründung eines „Einheitsstandes“ vor. Otto Walkhoff, einer der führenden Vertreter des Central-Vereins, reagierte jedoch mit dem kategorischen Hinweis, jeder Zahnarzt, der den Vorschlag Muecks unterstütze, würde „Selbstmord begehen“. Eine solche Regelung würde für die Zahnheilkunde „einen Rückschritt von mindestens 50 Jahren bedeuten“ [Walkhoff, 1889].
Als nächster unternahm 1896 der Zahnarzt Julius Witzel den Versuch, mit der Berufsgruppe der Zahnkünstler zu einem Ausgleich zu kommen. Witzel veröffentlichte in der Zahnärztlichen Rundschau einen Aufruf zu einer gemeinsamen Versammlung von zahnärztlichen Verbänden, Organisationen der Zahnkünstler und Zahnärzten mit ausländischer Approbation. Die einzige Sitzung des nach Erfurt einberufenen Gremiums fand am 13.06.1897 in Berlin statt, blieb jedoch ohne Folgen, da zwischenzeitlich bekannt geworden war, dass sich nur 47 von 1.140 eigens befragten Zahnärzten für eine Verständigung mit den Nichtapprobierten ausgesprochen hatten [Zahnärztliches Vereinsblatt, 1897].
Ausgleichsversuche im 20. Jahrhundert
Ein weiterer Einigungsversuch scheiterte 1902 [Groß, 2006]. Franz Puppe hatte im Auftrag des VdZ einen Brief an den Vorsitzenden des „Vereinsbundes Deutscher Zahnärzte“ (VbDZ) gerichtet, der auf die „Reklamen gewissenloser Zahnärzte und Zahntechniker“ Bezug nahm. Die Zahnärzteschaft hielt jedoch ein gemeinsames Vorgehen nicht für opportun:„[...] In dieser Beziehung sind wir Zahnärzte bereits überall im Deutschen Reiche vorgegangen und werden es auch weiter tun ohne Unterstützung der ausländischen Zahnärzte und der Zahntechniker. Unser Vorgehen wegen Anmassung zahnarztähnlicher Titel seitens der Nichtapprobierten würde sogar erlahmen, obwohl ein grosser Teil der letzteren nicht den im Bündnis stehenden Parteien angehörte“ [Dt. Zahnärztliche Wochenschrift, 1902].
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurden weitere Ausgleichsverhandlungen geführt. So verabschiedeten die Dentisten am 12.07.1919 in Kassel eine Resolution, die eine Unterstützung der Zahnärzte bei der Beseitigung bestehender Missstände in Aussicht stellte. Letztlich lehnte man jedoch die zahnärztliche Forderung ab, wonach die zukünftige Ausbildung aller Zahnbehandler die allgemeine Hochschulreife voraussetzen sollte [Imming, 1926].
Am 28.09.1920 kam es auf Initiative des preußischen Volkswohlfahrtsministeriums zu einer Übereinkunft zwischen beiden zahnbehandelnden Berufsgruppen. In dem betreffenden Abkommen erklärten sich die Zahnärzte mit der Einführung einer staatlichen Zulassungsprüfung für Dentisten einverstanden. Im Gegenzug sollten nur diejenigen Zahnkünstler zur Kassenpraxis zugelassen werden, die bereits den „Zahntechniker- beziehungsweise Dentistenberuf“ ausübten und eine Zulassungsprüfung nachweisen konnten.
Doch am Ende verweigerten die Dentisten die Unterschrift unter das Dokument. Die einzige Auswirkung der Verhandlungen blieb die staatliche Zulassungsprüfung für Dentisten. Die dentistische Presse feierte die Zulassungsverordnung vom 14.10.1920 als gesetzliche Grundlage einer staatlichen Dentistenprüfung und sah so den Berufsstand offiziell konsolidiert [Groß, 2006].
Am 15.12.1925 wurde dann ein Abkommen erarbeitet, das unter gewissen Voraussetzungen eine Integration der Dentisten in den Zahnärztestand vorsah. Die Dentisten zeigten sich jedoch am Ende mit den Übernahmebedingungen nicht einverstanden, da für alle nichtapprobierten Zahnbehandler zwischen 25 und 50 Jahren ein viersemestriges Studium vorausgesetzt wurde [Lang, 1928].
Dafür bahnte sich 1933 in München ein Ausgleich an. Ziel der Gespräche war ein neuer Stand von Zahnbehandlern, der sich sowohl aus Dentisten als auch aus Zahnärzten zusammensetzen sollte. Doch da in Detailfragen keine Einigung erzielt werden konnte, endete auch dieser Versuch – wie weitere im Dritten Reich unternommene Initiativen – ergebnislos [Maretzky/Venter, 1974].
Die Überwindung des Dualismus
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg zeichnete sich ein Ende des Dualismus ab. Die Anstöße gingen hierbei von den Besatzungsbehörden aus. In der britischen Zone wurde am 15.6. und 16.6.1946 das Lager Abkommen geschlossen. Der Vertragsentwurf ging davon aus, dass die Beseitigung der Kurierfreiheit die Voraussetzung für die Lösung der Zahnarzt-Dentisten-Frage darstellt [Mair, 1987; Runge-Heesen, 1958]. Die praktizierenden Dentisten sollten unter gewissen Bedingungen in den Zahnärztestand übernommen werden, während die Ausbildung zum Zahnbehandler zukünftig ausschließlich auf akademischer Grundlage erfolgen sollte [Mair, 1987].
Obgleich dieses Abkommen am Ende von den Dentisten nicht umgesetzt wurde, bildete es doch für beide Parteien die Basis für weitere Gespräche. 1948 traten die jeweiligen Standesvertreter erneut in Verhandlungen ein. Am Ende der Unterredungen stand der Abschluss des Bonner Abkommens, das – auch im Vergleich zur Vereinbarung von Lage – sehr günstige Bedingungen für die Eingliederung der Dentisten in den zahnärztlichen Einheitsstand vorsah. In der 1. Legislaturperiode des Bundestages wurde schließlich das Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde vom 31. März 1952 – ohne Gegenstimme – angenommen [Runge-Heesen, 1958]. Nach mehr als 80 Jahren gehörte der Dualismus in der deutschen Zahnheilkunde der Vergangenheit an [Mair, 1987].
Langfristige Auswirkungen auf den Zahnärztestand
Bis zum Ende des Jahres 1953 erbrachten über 15.000 Dentisten mit dem Besuch eines 60-stündigen Fortbildungskurses den gesetzlich geforderten, niederschwelligen Qualifikationsnachweis und erhielten daraufhin die Bestallung als Zahnarzt [Maretzky/Venter, 1974; Runge-Heesen, 1958]. Mit dieser Aufnahme der Dentisten in den Zahnärztestand wurde der Doktortitel zum einzigen sichtbaren Unterscheidungsmerkmal zwischen dem akademischen und dem nichtakademischen Zahnarzt [Groß, 1994 2006].
Dementsprechend strebte in den 1950er- und 1960er-Jahren – anders als heutzutage – die überwältigende Mehrheit der Zahnärzte einen Doktortitel an, um sich erkennbar von den Zahnärzten „dentistischer“ Herkunft abzuheben [Bublitz, 1985]. Vor diesem Hintergrund kann es nicht überraschen, dass auch die in die Zahnärzteschaft aufgenommenen Dentisten den Wunsch nach einer Promotionsmöglichkeit äußerten – wenngleich ohne Erfolg [Fischer, 1983].
Während die Einführung eines einheitlich ausgebildeten Berufsstands von allen Beteiligten mehrheitlich begrüßt wurde, wirkte sich die Aufnahme der Dentisten in den Zahnärztestand auf die Berufszufriedenheit der akademisch ausgebildeten Kollegen negativ aus. Zu diesem Schluss kam Hildegard Schnelle 1964 im Rahmen einer Befragung [Schnelle, 1968]. Hierbei gaben zwei Drittel der ursprünglichen Dentisten, aber lediglich 54 Prozent aller akademischen Zahnärzte an, erneut den Zahnarztberuf ergreifen zu wollen, wenn sie wieder vor der Wahl stünden. Vor allem die älteren akademischen Zahnärzte wiesen eine geringe berufliche Bindung auf.
Dies führte Schnelle darauf zurück, dass die Betroffenen in der Eingliederung der Dentisten eine Beeinträchtigung ihrer sozialen Stellung sahen. Doch bereits für die nachfolgende Zahnärztegeneration stellte die Integration der nichtakademischen Kollegen offensichtlich kein Identifikationsproblem mehr dar: 83 Prozent aller Zahnärzte im Alter zwischen 30 und 40 Jahren gaben in derselben Studie an, ihren Beruf ein zweites Mal wählen zu wollen [Schnelle, 1968]. Kurz vor der Jahrtausendwende verabschiedeten sich die letzten dentistisch ausgebildeten Zahnärzte in den Ruhestand – seitdem liegt die Zahnheilkunde auch in Deutschland ausschließlich in den Händen akademisch ausgebildeter Behandler.
Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Dr. phil. Dominik Groß
Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin
Medizinische Fakultät und Universitätsklinik der RWTH Aachen
dgross@ukaachen.de