Eine Festgebühr ist eine Festgebühr
Bei der Bundeszahnärztekammer weiß man: Die GOÄ-Novelle hat auch große Bedeutung für die Zahnärzteschaft. Nicht allein, weil ein Teil der zahnärztlichen Behandlungen direkt über die GOÄ abgerechnet wird. Die Novellierung wirkt nach Ansicht der BZÄK auch als eine Art Blaupause für die – aus zahnärztlicher Sicht längst überfällige – Weiterentwicklung der GOZ. Daher komme der GOÄ-Novellierung auch Modellcharakter für die Zahnärzteschaft zu.
Bemerkenswert ist, dass nicht jede der ärztlichen Organisationen die Pläne von BÄK und PKV, wie die neue GOÄ ausgestaltet werden kann, für gelungen hält. Innerhalb der Ärzteschaft kommt es derzeit immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten. So forderte etwa der Berufsverband der Internisten einen außerordentlichen Ärztetag, der sich ausschließlich dem Thema GOÄ widmen solle. Grund: Die GOÄ-Novelle bedeute einen Paradigmenwechsel in der privatärztlichen Vergütung, der weitreichende Folgen für das gesamte Gesundheitswesen haben werde. Der Spitzenverband der Fachärzte vermisse die nötige Transparenz über die Ergebnisse innerhalb der Ärzteschaft.
Der alte Gebührenrahmen soll nicht mehr gelten
Auf Ablehnung stoßen die Vorschläge auch bei der BZÄK. Worum geht es konkret? Die Pläne sehen unter anderem eine Abkehr vom herkömmlichen Gebührenrahmen vor. Eingeführt werden soll ein erhöhter und dafür nicht unterschreitbarer Einfachsatz, der sich aus dem Durchschnitt der bisherigen Abrechnungsdaten zwischen dem 1-fachen und dem 3,5-fachen Satz ergibt. Eine Steigerung auf den 2-fachen Satz soll nur möglich sein, wenn der Steigerungsgrund in einer Positivliste aufgeführt ist. Zudem soll die GOÄ dahingehend geändert werden, dass sie nicht für eine feste Zeit Bestand hat, sondern dass sie fortlaufend evaluiert wird.
Geplant ist ein neu gebildetes Gremium von Ärzten, PKV und Vertretern der Beihilfe – die „Gemeinsame Kommission zur Weiterentwicklung der GOÄ (GeKo)“. Ziel der GeKo soll sein, die Honorarentwicklung in der PKV zu erfassen und auf dieser Grundlage Empfehlungen zur Anpassung und Weiterentwicklung der GOÄ zu erarbeiten. In einer Negativliste sollen die Behandlungsleistungen zusammengefasst werden, für die eine Steigerung des Honorars unzulässig sein soll. Lapidarer Kommentar der Ärzte-Zeitung: „Die GOÄ wird zur Dauerbaustelle.“
Die GeKo hat ein Legitimationsproblem
Die BZÄK befürchtet, dass die GOÄ durch die geplante Regelung zur Gebührenhöhe faktisch in eine Festgebührenordnung umgestaltet werden soll. Denn berechnet werden könne damit nur der im Gebührenverzeichnis in Euro ausgewiesene Einfachsatz. BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel: „Eine Festgebühr bleibt eine Festgebühr, egal mit welchem Preis.“ Zwar könne ein Arzt eine Steigerung für eine notwendige, aber nicht in der Positivliste enthaltene Behandlung bei der GeKo beantragen.
Diese könne die Steigerung jedoch ablehnen – für die BZÄK juristisch äußerst fragwürdig: „Dass durch diese Regelungen der GeKo die Verabredungen außerhalb des Gesetzgebers stehender Dritter Verordnungsrang erhalten sollen, ist juristisch äußerst bedenklich und dürfte verfassungsrechtlich nicht zulässig sein.“ Für die Zahnärzte ergebe sich zudem das Problem, dass sie zwar möglicherweise ein eigenes Antragsrecht eingeräumt bekommen, der Berufsstand in der GeKo aber nicht vertreten sein werde. Die GeKo habe für die Zahnärzte damit „ein echtes Legitimationsproblem“, argumentiert die BZÄK.
Der Bemessungsspielraum muss erhalten werden
Neben den erwähnten Punkten sehen die BÄK/PKV-Vorschläge unter anderem noch vor, „innovative Versorgungselemente“ durch Selektivverträge zu erproben. Hierin sieht die BZÄK – durch die Hintertür – die Einführung einer Öffnungsklausel, die es erlauben würde, festgelegte Gebührensätze zu unterschreiten. Des Weiteren wurde dem Ministerium von BÄK/PKV vorgeschlagen, dass ein Arzt, für den erkennbar sei, dass Kosten von einer Krankenversicherung nicht übernommen werden, verpflichtet werden soll, den Patienten über die Kosten schriftlich zu informieren und zu belehren. Hierbei sollen dann wieder Empfehlungen der GeKo beachtet werden.
Für die Bundeszahnärztekammer wird mit diesen Vorschlägen an den Grundfesten des zahnärztlichen Gebührenrechts gerüttelt. BZÄK-Präsident Engel kritisiert vor allem, dass sich damit eine „weitere Einschränkung der Möglichkeiten zur freien Honorarvereinbarung“ vollziehe. Demgemäß beschäftigte sich auch die Bundesversammlung intensiv auf dem vergangenen deutschen Zahnärztetag Anfang November in Hamburg (siehe zm 22/2015) mit dem Thema, wobei sie hierzu eine ganze Reihe von Beschlüssen fasste. In einem der elementarsten heißt es etwa: „Die Bundeszahnärztekammer lehnt die Einführung einer privaten Gebührenordnung, die einen Bemessungsspielraum des Arztes bei der Gebührenhöhe zukünftig faktisch ausschließt, ab.“
Die vorgesehenen Beschränkungen stellten eine Abkehr einer auf den individuellen Patienten und Krankheitsfall bezogenen Honorarfindung dar. Individuelle Besonderheiten bei der Behandlung könnten keine Berücksichtigung mehr finden. Die private Gebührenordnung würde in ein Quasi- GKV-System mit Festgebühren überführt. Hierdurch entstehe die Gefahr, dass das duale System der Krankenversicherung in Deutschland ad absurdum geführt wird. „Insbesondere spricht sich die Bundeszahnärztekammer aus gegen nur im absoluten Einzelfall auf den zweifachen Satz steigerungsfähige Einfachsätze ohne Zwischenabstufungen und gegen eine Implementierung von Kommissionen, deren Entscheidungen den Charakter von Verordnungen erlangen könnten.“
Hinsichtlich der GOZ forderte die Bundesversammlung die Bundesregierung auf, „den Punktwert kontinuierlich unter Berücksichtigung der betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Zahnarztpraxis anzupassen. Geschehe dies nicht, komme es zu einer fortschreitenden Entwertung der Vergütung für zahnärztliche Leistungen. „Die Gebührenordnungsreformen zur GOZ wurden in der Vergangenheit in sehr großen Zeitabständen kostenneutral durchgeführt. Dabei wurde die notwendige Punktwertanpassung nicht vorgenommen.“
Mit ihrer Kritik an den dem Bundesgesundheitsministerium vorgelegten Vorschlägen der Bundesärztekammer ist die BZÄK in der Zahnärzteschaft nicht allein. Auch die Berufsverbände der Deutschen Kieferorthopäden (BDK), der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) und der Deutschen Oralchirurgen (BDO) monieren die Pläne. „Die GOÄ darf nicht zur Erstattungsordnung degradiert werden.
Beschränkungen bei der freien Vereinbarung oder beim analogen Ansatz von Gebührenpositionen, sind abzulehnen“, sagte etwa Dr. Gundi Mindermann, 1. Bundesvorsitzende des BDK. Geplant ist daher, dass es weitere Gespräche zwischen der Bundeszahnärztekammer und der Bundesärztekammer geben wird. „One fits all!“ Mit der neuen GOÄ soll pauschal erstmal ein einheitlicher Abrechnungssatz eingeführt werden.