Editorial

Keine Strategie, kein Weitblick …

Wieder ein neues Gesetz aus dem Gesundheitsministerium: Das Krankenhausstrukturgesetz steht ante portas. Sämtliche diesbezüglichen Pressemeldungen dazu waren, sagen wir es mal so, wenig aufregend. Nur eine ließ aufhorchen, war sie doch ganz im Stile einer Boxkampfpressemeldung formuliert, und die kam von der KBV: Armutszeugnis, keine Strategie, kein Weitblick (kbv.de/presse/Gassen: Armutszeugnis der Gesundheitspolitik) wurde gegen die Gesundheitspolitiker, hier vor allem die Bund-Länder-AG, ausgeteilt. Um im Bilde zu bleiben: Die Politik ging zwar nicht zu Boden, zeigte sich aber, autsch, tief beleidigt. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Union, Maria Michalk, keilte entsprechend zurück: Falschaussage, direkte Verleumdung der Gesundheitspolitik, Armutszeugnis! Als dann ein geplanter Gesprächstermin mit der KBV-Spitze abgesagt wurde, raunte die Hauptstadtpresse: „Gesprächsabbruch ist im politischen Kontext die Höchststrafe.“

Ganz so schlimm kam es dann doch nicht. Aber es zeigte sich wieder mal die typische „Diskussionskultur“ mit der „Politik“. Man redet mittels der Medien über Umstände, über Befindlichkeiten, statt um die Sachfragen zu ringen und die Kontroversen auszutragen. Natürlich ist es nicht in Ordnung, wie die Politiker versuchen, die Finanzprobleme der Krankenhäuser zu lösen, frei nach dem Motto „toll, ein anderer zahlt“. So hatte die Bund-Länder-AG im Zuge der parlamentarischen Beratungen beschlossen, die Notfallversorgung auf Drängen der Krankenhäuser neu zu regeln. Die KVen sollen künftig sogenannte Portalpraxen in oder an Krankenhäusern einrichten, die sich an der Notfallversorgung beteiligen.

Ist das nicht möglich, sollen die KVen die Krankenhausambulanzen in den vertragsärztlichen Notdienst einbinden. Was bedeutet, dass die Politik Finanzmittel aus dem ambulanten in den stationären Sektor verschieben will. Garniert natürlich mit dem Hinweis, dass der Sicherstellungsauftrag selbstverständlich bei den KVen bleibt. Von außen und unbedarft betrachtet wirkt das wie Robin Hood, nimmt es den Reichen und gibt es den Armen.

Alles gut? Mitnichten, denn hier wird dem ambulanten Sektor massiv Geld entzogen. Ändert sich die Morbiditätssituation der Bevölkerung wie auch deren medizinisches Anspruchsdenken nicht – warum auch, bei den steten Füllhornversprechungen der Krankenkassen für deren Mitglieder – dann sinkt halt das Einkommen der Ärzte. Nein, sind wir ehrlich und sprechen es aus: Das Einkommen des einzelnen Arztes der jeden Tag in der Patientenversorgung sein Bestes gibt! Das ist die wahre Konsequenz.

Die ambulante Notfallversorgung läuft vielerorts alles andere als rund: Mittwoch- und Freitagnachmittage, Wochenende, ländlicher Raum, die fachliche Geeignetheit der an der Versorgung teilnehmenden Ärzte, häufig bei den Patienten kaum bekannte Notdienstangebote ... Wundert es dann noch, wenn die Patienten mit den Füßen abstimmen und die Klinikambulanzen bevölkern?

Die Moral von der Geschichte: Die Körperschaften haben die Aufgabe, Versorgung mit allen ihren Facetten in dem gegebenen Rahmen aktiv zu gestalten und dieses an die Mitglieder (shareholder) und die Interessengruppen (stakeholder) zu kommunizieren. Passiert das nicht, gibt man der Politik genau die Vorlage, die sie braucht, um die Selbstverwaltung weiter zu schwächen und zu sagen: Ihr seid selber schuld, ihr bekommt es ja nicht hin. Aus dieser Ecke helfen dann auch markige Pressemeldungen nicht mehr heraus …

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.