Entschuldung einer Zahnarztpraxis

Wie ein Insolvenzplan die Existenz retten kann

Zahlungsunfähig! Der GAU im beruflichen Leben eines Zahnarztes. Doch dies muss nicht in einem langen Insolvenzverfahren enden, das nach dem Gesetz bis zu sechs Jahre dauert. Nach der Insolvenz-ordnung ist es möglich, die Praxis in kürzerer Zeit zu sanieren, vorausgesetzt der Insolvenzantrag wird früh gestellt. Wie ein erfolgreicher Neustart gelingen kann, verdeutlicht folgendes Beispiel.

Dr. N. betreibt eine Zahnarztpraxis. Er ist in zweiter Ehe verheiratet und hat drei Kinder. Seine betriebliche Situation ist angespannt. Er erzielt zwar regelmäßige Einnahmen, sieht sich jedoch erheblichen, die Liquidität dauerhaft belastenden Ausgaben ausgesetzt. Insbesondere in den vergangenen Monaten gelang es nur noch mit Mühe, die laufenden Kosten, vor allem die Angestelltengehälter, Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge aufzubringen. Deshalb hatte seine Hausbank zuletzt die Kontokorrentlinie angehoben. Im Gegenzug musste N. der Bank zusätzlich private Sicherheiten einräumen. Zudem erwartet er jeden Tag den Bescheid vom Finanzamt über eine beträchtliche Steuernachzahlung seinerseits. Ihm ist bewusst, dass er die zu erwartende Summe zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr zahlen kann.

Sein Steuerberater bestätigt ihm, dass sich die Situation dramatisch verschlechtert hat, weil nur durch die Kontokorrenterhöhung und die geduldeten Überziehungen der Bank die Zahlungsunfähigkeit nicht schon früher eingetreten sei. Eine Umschuldung, so der Steuerberater, komme nicht mehr in Betracht. Insgesamt hat N. mehr als 700.000 Euro Schulden, die sich aus der Zahnarztpraxisgründung, aus einer Fehlinvestition und aus Verpflichtungen gegenüber der ersten Ehefrau ergeben. Die monatlichen Einnahmen decken die privaten und die betrieblichen Ausgaben nicht mehr. Mit der Höhe der Verbindlichkeiten wächst auch die Gefahr, dass nicht einmal mehr die Gehälter der Angestellten und die Gewerbemiete bezahlt werden können.

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Der Plan ist die Grundlage für den Neustart

Hier setzt das Insolvenzrecht an, als eine Möglichkeit, die Praxis doch noch zu retten. Um dem hierfür notwendigen Prozedere zu genügen, reicht N. zunächst beim zuständigen Amtsgericht den Insolvenzantrag ein, durch den in der Folge sofort Gläubigerschutz gewährt wird. Dem Antrag selbst fügt er einen mithilfe einer Beraterkanzlei entworfenen Sanierungsplan an. Ein solcher Plan erlaubt es, den Gläubigern – abweichend von den gesetzlichen Regelungen – individuelle Vergleichsvorschläge zu unterbreiten. Er regelt die Verwertung der Insolvenzmasse und die Modalitäten der Befriedigung der Gläubiger.

Im konkreten Fall von N. legt dieser Plan insbesondere fest, dass N. seine Zahnarztpraxis in Eigenregie weiter betreibt und er die Befreiung von seinen Verbindlichkeiten früher erhält, als es das Gesetz eigentlich vorsieht. Durch den Plan erlangt N. zudem die sofortige Schuldbefreiung. Damit ist die Abtretung der KZV-Honorare an die Bank hinfällig, so dass mit den frei werdenden Beträgen eine für alle Gläubiger adäquate Quote erwirtschaftet werden kann. Während die Gläubiger bei Insolvenzen oftmals sehr gering bedacht werden und sich bei Insolvenzen ohne Insolvenzplan mit Quoten von zwei bis drei Prozent zufrieden geben müssen, beträgt die Quote für die Gläubiger im Fall von N. sechs Prozent.

Bei einer Durchführung des Insolvenzverfahrens ohne einen Insolvenzplan hätte der vom Gericht eingesetzte Verwalter die Möglichkeit, die Praxis zu veräußern oder aus der Insolvenz freizugeben, wenn die Ertragsaussichten ungewiss sind. Letzteres hätte zur Konsequenz, dass die Honorare der KZV bis zur endgültigen Befreiung von den Schulden an die Bank abgetreten werden müssen. N. wäre dadurch gezwungen, sich bis zur gerichtlichen Entscheidung über seine Schuldbefreiung mit der Bank, an die er seine KZV-Honorare hätte abtreten müssen, gütlich darüber zu einigen, was er weiterhin an Zahlungen zu leisten hat.

Doch in der vorliegenden Angelegenheit vertraut N. die eingetretene Insolvenz einem Freund an. Dieser sagt ihm Hilfe zu und stellt ihm die für die Erfüllung der Sechs-Prozent-Quote erforderliche Summe zur Verfügung, um die notwendigen Beträge bereits vorzeitig aufzubringen. Mit der Erfüllung der im Insolvenzplan versprochenen Zahlungen wurden alle Rechte und Forderungen der Gläubiger abgegolten.

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Die Praxis ist nicht zwangsläufig verloren

Der Insolvenzplan von N. regelt zudem, mit welchen betrieblichen Veränderungen und gegebenenfalls vorübergehend privaten Einschränkungen es den Gläubigern ermöglicht werden soll, eine Sechs-Prozent-Quote zu erhalten. Hierzu mussten verschiedene Ausgaben minimiert und unwirtschaftliche, die Praxis belastende Verträge aufgelöst werden. So konnten etwa teure Leasingverträge, aber auch nicht tragfähige Finanzierungsverträge für die Praxiseinrichtung gekündigt werden, Zins- und Tilgungsleistungen an die Bank fallen überdies weg. Dies alles führte letztlich dazu, dass das Insolvenzverfahren schnell und mit der einzigen Nachwirkung, die Überschüsse der Zahnarztpraxis für die Dauer von zwei Jahren an die Gläubiger als Quote weiterzuleiten, beenden werden konnte.

Bei einer Durchführung des Insolvenzverfahrens ohne einen Insolvenzplan wären Schulden, die aus einer sogenannten „vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung“ stammen, zum Beispiel Nichtabführung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung für Mitarbeiter, von der Schuldbefreiung gesetzlich ausgenommen. Mittels des rechtzeitig gestellten Insolvenzantrags in Kombination mit einem tragfähigen Insolvenzplan allerdings wird die Zahnarztpraxis nicht zerschlagen, sondern bleibt erhalten. N. konnte die Praxis sanieren und nach wenigen Monaten schuldenfrei stellen.

Dr. Vera MaiFachanwältin für InsolvenzrechtWilmersdorfer Str. 94, 10629 Berlin E-mail:

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