Der besondere Fall

Amelogenesis imperfecta – die hypoplastische Form

Adrian Lussi
,
Ein zehn Jahre alter Junge stellt sich wegen Schmerzen im ganzen Mund vor. Zusätzlich klagt der Patient über die eingeschränkte Möglichkeit Speisen abzubeißen. Die Anamnese ergab eine nahe verwandtschaftliche Verheiratung in der Familie.

Das dentale Erscheinungsbild konnte von den Eltern des Patienten in der Verwandtschaft jedoch ausgeschlossen werden.

Der klinische Befund zeigte an beiden Dentitionen eine rauhe, zum Teil verminderte, bis fehlende Schmelzdicke und eine teilweise bräunliche Zahnverfärbung. Letztere wurden auch durch exogene Pigmenteinlagerung verursacht (Abbildung 3).

Im radiologischen Befund konnte teilweise ein Kontrast zwischen Schmelz und Dentin festgestellt werden, jedoch war bei beiden Dentitionen eine verminderte Schmelzdicke ersichtlich (Abbildung 4).

Auf Grund der radiologischen und klinischen Beurteilung konnte die Diagnose Amelogenesis imperfecta generalisata vom hypoplastischen Typ gestellt werden.

Diskussion

Die Zahnentwicklung basiert auf komplexen Prozessen, welche sich über lange Zeit- räume erstrecken. Diese Prozesse können durch verschiedene Ursachen gestört werden.

Bei der Amelogenesis imperfecta (AI) handelt es sich um eine hereditäre Schmelzentwicklungsstörung, welche nicht mit einer systemischen Grunderkrankung vergesellschaftet ist. Die Prävalenz variiert je nach Population zwischen 1:20.000 und 1:718. Da das Erscheinungsbild der AI mit der jeweiligen gestörten Entwicklung des Schmelzes zusammenhängt, scheint die Einteilung nach Witkop als sinnvoll:

A) Störung während der Bildung der organischen Matrix (Hypoplasie),

B) während der initialen Mineralisation (Hypokalzifikation) oder

C) während der nachfolgenden Maturation (Hypomineralisation).

Die Hypoplastische Form tritt mit 73 Prozent, die hypokalzifizierte Form mit sechs Prozent auf. Oft gibt es aber Kombinationen der drei Formen. In der Regel tritt die Erkrankung bilateral-symmetrisch an mehr als einem Zahn auf. Ebenfalls können eine oder beide Dentitionen betroffen sein. Nebst dem klinischen Erscheinungsbild gibt der radiologische Befund weitere Hinweise auf Qualität und Quantität der Mineralisation.

Dr. Simon Ramseyer, Prof. Dr. Adrian LussiKlinik für Zahnerhaltung, Präventiv- und KinderzahnmedizinZahnmedizinische Kliniken d. Universität BernFreiburgstrasse 7, 3010 Bern, E-mail:Die Erstpublikation erschien im  Swiss Dental Journal, SSO, Vol 126, 9.2016 S.796 bis 797 und erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.