Das sind unsere Anregungen
Die CDU hat auf ihrem Parteitag im vergangenen Dezember Verbände und Institutionen aufgerufen, sich an einem Dialogprozess für das noch zu erarbeitende Wahlprogramm zur Bundestagswahl, das im Sommer vorliegen soll, zu beteiligen. Auch die anderen Parteien arbeiten derzeit intensiv an ihren Wahlprogrammen. BZÄK und KZBV haben sich bereits im Vorfeld positioniert und eigene Empfehlungen an die Politik erarbeitet.
Demografie, Globalisierung und Digitalisierung, Fragen zur Wettbewerbsfähigkeit des dualen Systems der Krankenversicherung, Bürokratieabbau, die Förderung des Mittelstands und die Sicherstellung einer hochwertigen flächendeckenden und wohnortnahen zahnmedizinischen Versorgung – dies alles sind Handlungsfelder, die aus Sicht der Zahnärzteschaft in der Gesundheitspolitik der kommenden Legislaturperiode eine wichtige Rolle spielen sollten. Dem zugrunde legen sie Werte wie Gemeinwohlverpflichtung, Freiberuflichkeit, Selbstverantwortung und Subsidiarität. Und für den Patienten setzen sie sich für Therapiefreiheit und das Recht auf freie Arztwahl ein.
Zwei Kernbereiche
In zwei Bereichen sehen BZÄK und KZBV zentrale politische Handlungsfelder für die Zukunft:
• Erhalt der dualen Krankenversicherung:
Die Leistungsfähigkeit des dualen Systems von GKV und PKV darf aus Sicht der Standesorganisationen nicht durch die Einführung einer Bürgerversicherung gefährdet werden. Der Systemwettbewerb garantiere die beste medizinische und zahnmedizinische Versorgung. BZÄK und KZBV sprechen sich deshalb für die Reform und die Weiterentwicklung beider Systeme aus. Die Zahnärzteschaft will die PKV als wichtige zweite Säule des Gesundheitswesens erhalten. Eine PKV, die sich allerdings immer mehr GKV-Instrumente zu eigen mache, stelle ihre eigenen Grundlagen infrage und werde längerfristig überflüssig. Forderungen wie „Vertragskompetenz für die PKV“ seien der falsche Weg. Und Leistungen, die über die vertragszahnärztliche Versorgung hinausgehen und in die Eigenverantwortung der Versicherten fallen, gehörten nicht in die GKV.
• Digitalisierung:
Digitalisierung ist für die Zahnärzteschaft ein wichtiger Innovationstreiber. Sie bietet die Chancen zur Stärkung der Patientenkompetenz, zur Schaffung eines gleichberechtigten Zugangs zu Gesundheitsinformationen sowie zu einer effizienteren Patientenversorgung. Gefahren ergeben sich allerdings aus Sicht der Zahnärzteschaft in Bezug auf die informationelle Selbstbestimmung der Patienten und für das Vertrauensverhältnis zwischen Zahnarzt und Patient. Umstritten seien zum Beispiel webbasierte Portale zur Arztbeurteilung und für Therapievergleiche. Die Zahnärzteschaft fordert, dass die Entscheidungsfindung zu medizinischen Maßnahmen auf dem Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient basieren soll und nicht durch digitale Entscheidungsprozesse fremdbestimmt wird. Abstriche beim Datenschutz dürfe es nicht geben. Kammern müssten bei der Genese, Speicherung und Verarbeitung von Daten institutionalisiert einbezogen werden.
Handlungsfelder aus Sicht der BZÄK ...
Über die beiden zentralen Handlungsfelder hinaus haben BZÄK und KZBV zu weiteren, eigenen Bereichen Position bezogen. Hier wichtige Punkte aus Sicht der BZÄK:
• Freie Berufe als wichtige Pfeiler des Mittelstands:
Die Freien Berufe mit ihrer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Funktion sollten als „Pfeiler des Mittelstands“ anerkannt werden. Ihre wirtschaftliche Bedeutung sei mit der des Handwerks oder anderer Sektoren des Mittelstands vergleichbar.
• Freie Berufe und Europa:
Immer häufiger werden gesundheits- und binnenmarktpolitische Weichen in Brüssel gestellt, die Einfluss auf die zahnärztliche Berufsausübung haben. Den Vorwurf der EU-Kommission, dass nationale Berufsregeln grundsätzlich Wachstumshemmnisse darstellen und unnötige regulatorische Hürden für den Binnenmarkt aufbauen, sieht die BZÄK als ungerechtfertigt an. Die Politik müsse sich zum Erhalt der Selbstverwaltung von Kammern und Verbänden auch auf europäischer Ebene bekennen und Tendenzen der Ökonomisierung vehement entgegenstellen.
• Berufliche Förderung junger Menschen:
Gefordert wird eine zeitnahe Verabschiedung des Entwurfs der Approbationsordnung sowie eine Verbesserung der finanziellen Ausstattung an den Universitäten.
• Bürokratielasten:
Bürokratielasten haben sich inzwischen zu fixen Kostenlasten in den Praxen entwickelt. Deshalb fordert die BZÄK, dass dem Erlass von neuem Recht immer auch eine Verwaltungskostenfolgeanalyse vorangestellt werden soll. So könne auf die faktischen Bedürfnisse der Praxen Rücksicht genommen und damit mehr Zeit für die Patienten gewonnen werden.
• Migration und Flüchtlinge:
Die verstärkte Zuwanderung hat auch spezifische zahnmedizinische und versorgungspolitische Fragen aufgeworfen. Die Zahnärzteschaft hat hier schnell, unbürokratisch und oft ehrenamtlich Hilfe geleistet. Die BZÄK regt einen Dialog darüber an, wie insbesondere die Mundgesundheit von Migranten und Flüchtlingen verbessert werden kann. Themenschwerpunkte seien hier die Aufstellung einer validen Daten- und Forschungslage sowie entsprechende Präventionsmaßnahmen.
... und aus Sicht der KZBV
Und hier die Empfehlungen aus Sicht der KZBV
• Der Herausforderung Parodontitis mit einem PAR-Versorgungskonzept begegnen:
Parodontitis ist neben Karies die zweite große Volkskrankheit. Das bedeutet eine enorme Herausforderung für die Versorgung. Um dem beizukommen, ist aus Sicht der KZBV ein nachhaltiges Therapiekonzept erforderlich. Neben Präventionsmaßnahmen fordert die KZBV vor allem eine strukturierte Nachsorge in Form der unterstützenden Parodontitistherapie (UPT). Der Kampf gegen Parodontitis stellt aus Sicht der KZBV eine der größten Aufgaben für die Zahnärzteschaft dar.
• Mundgesundheit über den gesamten Lebensbogen hinweg – Erfolge verstetigen:
Die KZBV empfiehlt, den eingeschlagenen Weg der zahnärztlichen Präventionsarbeit weiterzuverfolgen und die Mundgesundheit über den gesamten Lebensbogen hinweg zu stärken. Dazu gehöre, die bisher erreichten Erfolge für die Versorgung der zwei Risikogruppen – Kleinkinder bis zum dritten Lebensjahr sowie Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen – weiter zu verstetigen.
• MVZ versorgungsorientiert ausgestalten:
Die KZBV kritisiert den bisher ungebremsten Anstieg bei der Entstehung reiner Zahnarzt-MVZ, befürchtet Engpässe bei der Versorgung im ländlichen Raum. Sie fordert für MVZ die gleichen Regelungen wie für Einzel- und Mehrbehandlerpraxen.
• Passgenaue Regelungen für die vertragszahnärztliche Versorgung:
Die KZBV fordert, dass bei der Qualitätssicherung Besonderheiten der zahnmedizinischen Versorgung berücksichtigt werden sollten. Das gelte auch beim Thema Evidenz. Sie fordert, dass nicht die isolierte Anwendung des Prinzips der „bestmöglichen“ Evidenz, sondern der zurzeit „bestverfügbaren“ Evidenz als Grundlage für wissenschaftlich tragfähige Entscheidungen gelten soll.
• G-BA – Besonderheiten der zahnmedizinischen Versorgung berücksichtigen:
Der G-BA sollte seine Entscheidungen auf Grundlage der zurzeit bestverfügbaren und nicht zwingend der bestmöglichen Evidenz treffen. Insbesondere in der vertragszahnärztlichen Versorgung seien Studien auf höchstem Evidenzniveau aufgrund der fehlenden Möglichkeit eines entsprechenden Studiendesigns oft nicht vorhanden.
BZÄK und KZBV arbeiten derzeit intensiv daran, ihre Empfehlungen an die Politik für die nächste Legislaturperiode in entsprechenden Programmen auszugestalten. So wird die BZÄK ihr „Gesundheitspolitisches Programm 2017–2021“ veröffentlichen. Die KZBV wird ihre Handlungsfelder und Ziele in der „Agenda Mundgesundheit 2017–2021“ formulieren und vorstellen.