Volker Looman über sinnhafte Vermögensplanung vor der Familienplanung

Der Wunsch nach Frau und Kind führt unweigerlich ins Eigenheim

Volker Looman

Liebe Jungzahnärztinnen mit Kinderwunsch! Bitte lassen Sie alle Hoffnung fahren, in diesem Mai von mir einen Heiratsantrag zu bekommen. Ich bin viel zu alt für Sie, doch ich hätte für Sie einen tüchtigen Junggesellen, 41, aus meiner Finanzberatung sozusagen „im Angebot“. Das „gute Stück“ ist freiberuflicher Anwalt und hat 600.000 Euro auf dem Konto. Der heutige Rentenanspruch beträgt 1.500 Euro ab dem 67. Lebensjahr. Der Jurist hat zusammen mit seinem Bruder die Hälfte des elterlichen Hauses geerbt, das etwa 500.000 Euro wert ist. Außerdem liegen in einem Aktienfonds rund 50.000 Euro. Das führt unterm Strich zu einem Vermögen von 1.056.000 Euro, so dass Sie allerbeste Aussichten hätten, einen „Mini-Millionär“ zu ehelichen. Nicht zu vergessen – notabene – das jährliche Nettoeinkommen von 100.000 Euro. Das hätte doch was – oder?

Der Anwalt hat mich natürlich nicht gefragt, ob ich die passende Frau für ihn habe, sondern er wollte nur wissen, was er mit dem Bargeld und der Haushälfte machen soll. Als ich ihn fragte, wie es mit Frau(en) oder Kindern aussehe, zeigte er für beide „Maßnahmen“ gewisse Offenheit. Das hat mich zu der Nachfrage veranlasst, ob er sich vorstellen könne, mit einer Frau nebst Kind(ern) im elterlichen Haus glücklich zu werden. Die Antwort war ein laues Jein. Auf die Nachfrage der Nachfrage, woher diese Unentschlossenheit rühre, gab er zu Protokoll, dass ihm ein Eigenheim nicht viel bedeute. Außerdem stehe es doch völlig in den Sternen, ob in dem alten Haus was Junges leben wolle. Das hat bei mir, da bin ich ganz offen, zu gewisser Erheiterung geführt.

Sollten sich unter Ihnen, liebe Leser, Männer in ähnlichen Lebenslagen befinden, kann ich Ihnen als „alter Hase“ nur sagen: Der latente Wunsch nach einer Frau und zwei Kindern führt, wenn Geld vorhanden ist, unweigerlich ins Eigenheim. Gegen weibliche Wünsche haben männliche Vorstellungen nicht den Hauch einer Chance! Folglich habe ich dem Anwalt den Rat gegeben, dem Bruder dessen Haushälfte für 250.000 Euro abzukaufen und die Zeche bar zu bezahlen. Das würde zu einem Barvermögen von 350.000 Euro, einem „Vorratshaus“ von 500.000 Euro und einem Aktiendepot von 50.000 Euro führen. Nun stellt sich die Frage, was mit den 350.000 beziehungsweise 400.000 Euro passieren soll. Hier sehe ich zwei Möglichkeiten.

Die erste Lösung ist von Sicherheit geprägt. Der Anwalt bunkert 100.000 Euro auf dem Girokonto oder in einem Geldmarktfonds, um für Notfälle aller Art gewappnet zu sein. Die offenen 300.000 Euro und die jährlichen Sparraten von jeweils 60.000 Euro wandern in einen Indexfonds mit Unternehmensanleihen mit variablem Zins wie zum Beispiel den Barclays Floating Rate Index von Lyxor. Damit werden zwei Fliegen auf einen Streich erlegt. Das „Vorratshaus“ kann in vier oder fünf Jahren verkauft werden, falls es der Herzensdame wider Erwarten nicht gefällt, und wenn das künftige „Traumhaus“ beispielsweise 800.000 oder 900.000 Euro kostet, ist trotzdem kein Kredit nötig.

Die zweite Lösung setzt von Anfang an auf Aktien. Der Jurist legt die 300.000 Euro und die Sparraten langfristig in Aktien an. Sollte das „Vorratshaus“ zu gegebener Zeit in ein „Traumhaus“ getauscht werden, das mehr als 500.000 Euro kostet, wird die Finanzierungslücke mithilfe eines Darlehens in gleicher Höhe geschlossen. Ich gehe davon aus, dass der Sollzins des Kredits „deutlich“ unter dem Habenzins der Börse liegen wird, so dass wir es mit einem „gemäßigten“ Zinsdifferenzmodell zu tun haben. Die eine Hälfte des Hauses wird auf jeden Fall bar bezahlt, damit nicht viel anbrennt. Die andere wird mithilfe des Kredits und der Aktien finanziert.

Die attraktivste Form ist in meinen Augen ein tilgungsfreies Festdarlehen mit variablem Zins. Der Jurist nimmt beispielsweise 500.000 oder 600.000 Euro auf und bezahlt für diesen Betrag nur die Zinsen. Dadurch wandert Jahr für Jahr die höchstmögliche Sparrate in die Aktienfonds. Genauso wichtig ist jedoch der variable Zins. Erstens ist der Sollzins geringer als bei einem Darlehen mit Festzins, zweitens haben die Schuldner die Möglichkeit, die Hypothek rund um die Uhr in beliebiger Höhe kostenlos zu tilgen, wenn ihnen die Geschichte an der Börse zu heiß wird.

Die „suboptimale“ Alternative ist ein Annuitätendarlehen mit einer Zinsbindung von 15 Jahren, einer Standardtilgung von 1 Prozent und der Möglichkeit, pro Jahr mindestens 20 Prozent des Nominalbetrags „außerplanmäßig“ zu tilgen. Das ist in meinen Augen ein Kredit mit Sicherheitsgurt. Der Sollzins ist fest, und die Eigenheimer können den Kredit im Laufe von fünf Jahren von der Platte putzen, wenn es an der Börse nicht so läuft, wie sie sich das vorstellen.

Jetzt müssen wir nur noch klären, was mit dem Vermögen passieren soll, wenn der Anwalt auf dem Heiratsmarkt nichts Passendes findet. Meine Mutter pflegte zu sagen, es gebe für jeden Topf einen Deckel, auch wenn es zuweilen heftig klappere. Was halten Sie von dem Vorschlag, dem Juristen eine „Schonfrist“ von fünf Jahren einzuräumen? Sollte er dann noch unbeweibt sein, empfehle ich den Abbruch des Vorhabens, den Verkauf des Elternhauses und die Anlage des Kapitals in Aktien. Das ist doch eine klare Ansage – oder nicht?

Kolumnen entsprechen nicht immer der Ansicht der Herausgeber.

Volker Looman

Der Autor ist freiberuflicher Finanzanalytiker in Stuttgart. Jede Woche veröffentlicht er in der FAZ einen Aufsatz über Geldanlagen. Außerdem unterstützt er Zahnärzte auf Honorarbasis bei der Gestaltung des Privatvermögens.

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