Die zm-Kolumne rund um die relevanten Praxisfragen

Praxisübernahme: Worauf muss ich achten?

Christian Henrici

Wie beim Haus- oder Autoverkauf gilt auch bei einer Praxisveräußerung der altbekannte Spruch „Je hübscher das Objekt, desto höher der Preis!“. Dies bedeutet auf die Zahnarztpraxis übertragen, dass zeitgemäße Investitionen auch in den letzten Jahren vor dem Ruhestand aus unternehmerischer Sicht absolut sinnvoll sind, wenn am Ende des Tages ein guter Verkaufspreis erzielt werden soll. Dass Aussehen alleine jedoch nicht über den Kauf entscheiden sollte, verdeutlicht die allseits bekannte Probefahrt. Oftmals sind die entscheidenden Details erst auf den zweiten Blick unter die Motorhaube erkennbar. Abgenutzte Einrichtungen und Einheiten, fehlende Hygieneketten, ein nicht vorhandenes Qualitätsmanagement oder die konsequente Missachtung der Datenschutzvorschriften sind Klassiker in diesem Bereich. Doch welche Anpassungen sollten unmittelbar vorgenommen werden, welche können warten? 

Praxisverwaltungssoftware – das Herz der Praxis

Viele der angehenden Praxisgründer sind aus Uni- oder Assistenzzeiten an den Umgang mit ein oder zwei verschiedenen Praxisverwaltungssystemen gewöhnt. Bei der Übernahme einer Praxis gleichzeitig das dort vorhandene, dem Übernehmer unbekannte, System weiterzuführen, stellt häufig ein Problem dar, das nicht zu unterschätzen ist. Für das bestehende Praxisteam jedoch ist der Wechsel des Praxisinhabers ein elementarer Schritt. Abläufe werden hinterfragt und verändert, Öffnungs- und Arbeitszeiten angepasst, neue Kolleginnen und Kollegen kommen hinzu. Und – vor allem – muss sich auf der fachlichen und der persönlichen Ebene mit dem neuen Vorgesetzten eine Routine einspielen, die vielleicht zuvor jahrelang Selbstverständliches infrage stellt. In dieser Phase der mentalen Unsicherheit benötigen die Mitarbeiter strukturelle Sicherheiten und Ankerpunkte in der Praxis. 

Einer dieser Ankerpunkte ist beispielsweise die Arbeit in dem altbekannten und für die Mitarbeiter bewährten Praxisverwaltungsprogramm. Eine sofortige Umstellung der Software würde nur unnötige Unruhe im Team schüren und die möglichst reibungslose Praxisübernahme durch den Nachfolger deutlich erschweren. Ein Problem, das nicht erzeugt werden sollte. Daher möchte ich die Nachfrage aus der E-Mail an dieser Stelle ganz eindeutig mit „nein“ beantworten – eine Umstellung der Praxissoftware direkt nach dem Erwerb ist in der Regel nicht zu empfehlen. In der Regel bedeutet aber auch, dass es Ausnahmen gibt. Diese bestehen insbesondere dann, wenn gemeinsam mit dem Praxisinhaber auch ein Großteil des bisherigen Praxisteams aus Alters- oder Motivationsgründen die Praxis verlässt. In diesem Fall ist es möglich, den Personalwechsel mit einem Softwarewechsel zu verbinden – sofern es die neuen Mitarbeiter fachlich zulassen. 

Keine Wahl bei Datenschutz und Hygiene

Ganz anders stellt sich die Situation in den Bereichen Datenschutz und Hygiene dar. Unabhängig davon, dass auch bestehende Praxisstrukturen ein gesteigertes Interesse an der Erfüllung der jeweiligen Richtlinien und Verordnungen haben sollten, geraten vor allem neu gegründete Praxen schnell in den Aufmerksamkeitsbereich der zuständigen Behörden und werden kontrolliert. Demnach ist es überaus entscheidend, mit den RKI-Richtlinien und den Inhalten der Datenschutzgrundverordnung vertraut zu sein und diese bei der Sichtung potenzieller Übernahmeobjekte zu überprüfen. Ob die Mitarbeiter in diesen Bereichen geschult sind, ist durch kleine Nachfragen schnell zu überprüfen. Relevant sind hier vor allem klar geregelte Zuständigkeiten und Prozessabläufe – idealerweise zusammengefasst in einem in den Praxisalltag eingebundenem Qualitätsmanagement-System. Hilfreich kann auch das Vorhandensein eines externen Datenschutzbeauftragten sein, der bereits mit den diesbezüglichen Vorgängen in der Praxis vertraut ist und bei der Übernahme mit Rat und Tat zur Seite stehen kann. 

Inventar und Ausstattung

Bei der Betrachtung des Praxisinventars und der technischen Ausstattung der Behandlungsräume sollte sowohl bei den Einheiten als auch im Rahmen der Digitalisierung ein aktueller Stand gewährleistet oder mit angemessenem Mitteleinsatz herstellbar sein. Je nach Tätigkeitsschwerpunkt der Praxis kommen hier unterschiedliche Rechenbeispiele zum Tragen. Gern möchte ich an dieser Stelle auf meinen Beitrag „Nicht alles, was kann, ist ein Muss“ in der zm 18/2018 (S. 54–55) verweisen, in dem ich mich mit dem Thema Digitalisierung beschäftigt habe.

Aktiver Austausch mit den Mitarbeitern 

Ausstattung, Hygiene und Datenschutz können noch so überzeugend sein – das zentrale Element der Praxis ist das Team! Je nach Persönlichkeit, Lebenserfahrung und Sympathie für den Praxisverkäufer wie für den -übernehmer stehen die Mitarbeiter einem neuen Praxisinhaber unterschiedlich offen gegenüber. Umso wichtiger ist es, sich intensiv mit jedem einzelnen Mitarbeiter auseinanderzusetzen und seine fachlichen sowie persönlichen Stärken und Schwächen zu ermitteln. Nur so kann eine gesunde Basis zwischen dem neuen Praxisinhaber und seinem Team gefunden werden. Als mögliche Ergebnisse der Personalanalyse können sich Fortbildungsmaßnahmen, ein Wechsel der Aufgabenbereiche oder aber auch Trennungsgründe ergeben. Wichtig ist hierbei, dass der Praxisübernehmer den Mitarbeitern mit einem klaren Konzept begegnet. Hierzu kann und sollte er sich auch Feedback einholen, gerade zu Beginn der Zusammenarbeit muss er jedoch seine eigene Position durch klare Entscheidungen rechtfertigen.

Fazit

Je besser eine Praxis zum Zeitpunkt der Übernahme aufgestellt ist, desto besser ist dies natürlich für den Übernehmer. Dass eine hohe Qualität zumeist auch mit einem entsprechenden Kaufpreisniveau einhergeht, ist nachvollziehbar und sollte deshalb Interessenten nicht abschrecken. Im Vergleich zu günstigen Praxen, die auf den ersten Blick gut aufgestellt scheinen, aber im Nachhinein hohe Investitionen erfordern, zeigt eine einfache Kostenvergleichsrechnung häufig, dass der Mehrpreis gerechtfertigt ist und zudem Kraft und Nerven nach der Übernahme gespart werden. Daher mein Tipp: Schauen Sie beim Praxiskauf genau hin und lassen Sie eine unabhängige Bewertung anfertigen, um eine basierte Entscheidung treffen zu können. 

In diesem Sinne …

Ihr Christian Henrici

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www.opti-zahnarztberatung.de

Christian Henrici

Dipl. Kfm. Christian Henrici ist seit 2006 Gründer und Geschäftsführer der OPTI health consulting GmbH, die nach eigenen Angaben seit 2006 rund 3.000 Zahnarztpraxen in Deutschland beraten hat. Henrici ist Lehrbeauftragter und Referent für Controlling, Personal und Businessplanung. Als Autor erschien von ihm im Quintessenz-Verlag das Buch „Wer braucht schon gutes Personal? – Erfolgreich führen in der Zahnarztpraxis“. Christian Henrici schreibt Fachbeiträge zu den Themen Betriebswirtschaft, Organisation und Führung & Personal in der Zahnarztpraxis und seine regelmäßige Kolumne in den zm.

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