„The winner takes it all"
… the loser is standing small“. Frei nach einem der bekanntesten Abba Songs: Der Gewinner bekommt alles und der Verlierer steht klein daneben. Wenn Sie jetzt an ‚kleine Praxis gegen großes Fremdkapital finanziertes MVZ‘ denken, sind Sie dicht dran. Denn diese Zeilen treffen die derzeitige Stimmungslage in der Diskussion rund um die (zahn)arztgruppengleichen MVZ ziemlich genau. Vor allem wenn es um die von Investoren gegründeten MVZ-Ketten geht.
Zwar ist nicht jeder Investor ein Kaffeeröster, auch wenn die Reduzierung darauf durchaus einen hohen Unterhaltungswert hat, vor allem, weil sie das wohlige Gefühl des Kompetenzgefälles – Kaffeebohnen gegen zahnmedizinisches Hightec – so schön transportiert. Doch diese Sicht ist genauso falsch wie die, dass die schier „unerschöpfliche“ Finanzkraft dieser Investoren die niedergelassenen Zahnärzte automatisch zu Verlierern macht. Auch Investoren investieren nicht dauerhaft in einen Markt, in dem sich die geforderte Rendite nicht erzielen lässt. Nur weil ein Konstrukt sich MVZ nennt, ist dies nicht gleichbedeutend mit wirtschaftlichem Erfolg. Doch egal wie, MVZs verändern den zahnärztlichen „Markt“. Dies ist politisch gewollt, denn arztgruppengleiche MVZ und Fremdinvestoren sind von der Politik erwünschte Markteilnehmer in der ambulanten Versorgung. Rückblickend mag man es kaum glauben, welche Veränderungskraft dieser gedanklich aus den Polikliniken der ehemaligen DDR hervor gegangene „Bastard“ namens MVZ bei niedergelassenen Ärzten und jetzt auch zunehmend bei Zahnärzten entfaltet. Ob die frühere Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und ihre damalige graue Eminenz im Ministerium, Franz Knieps, sich der Sprengkraft für das Selbstverwaltungssystem und die gegebenen Spielregeln bewusst waren? Der Möglichkeiten in Verbindung mit Fremdkapital? Doch zurück ins Jetzt. Fremdkapital ist in der Gesundheitspolitik gut beleumundet. Denn gerade die Politiker in den Ländern – und da kommen nun mal alle Bundespolitiker her – wissen genau, welche Probleme im Krankenhausbereich dank finanzkräftiger Investoren aus den Haushalten der Länder wie auch Kommunen weggeschafft werden konnten. Die Liedzeile von ABBA geht im Übrigen so weiter: „Ich dachte, es macht Sinn, einen Zaun aufzubauen, ein Zuhause aufzubauen. Ich dachte, ich wäre dort stark.“ Um im Bild zu bleiben, macht ein Zaun unter diesen Gegebenheiten offensichtlich keinen Sinn mehr. Umso wichtiger ist es, sich auf die eigene Stärke zu konzentrieren. Dazu nur ein Beispiel: Es waren die Zahnärzte, die ein Konzept für die bessere zahnmedizinische Betreuung pflegebedürftiger Menschen aufgesetzt haben – ohne dass es einen primär pekuniären Anreiz dafür gegeben hatte. Denn Zahnärzte sind keine Zaunbauer um tatsächliche oder vermeintliche Pfründe zu retten, sondern hervorragend weiter gebildete Heilberufler, die den Patienten in den Mittelpunkt ihres Handelns stellen. Wohlgemerkt: Kein Patient ist hierzulande von Innovationen ausgeschlossen. Diese enorme Stärke entfällt nicht dadurch, weil auf der Tür, durch die man morgens zur Arbeit kommt, MVZ draufsteht. Denn der entscheidende Punkt ist die Freiberuflichkeit und damit verbunden die Therapiefreiheit. Oder mit Blick auf die Fremdinvestoren formuliert: Wer bestimmt die zahnmedizinische Versorgung – Zahnarzt oder Betriebswirt? Auch Fragen hinsichtlich der Fachaufsicht und der berufsständischen Vertretung zahnärztlicher MVZ bedürfen einer raschen Klärung. Es geht also nicht nur um die berühmten gleichlangen Spieße, sondern um elementare Fragen des Berufsstandes. Um Regeln, die für alle gelten müssen. Eines sollte der Politik klar sein: Diese ausgesprochen ernsten Fragestellungen bedürfen schnell einer suffizienten Antwort. In drei oder vier Jahren damit um die Ecke zu kommen, weil im Koalitionsvertrag von CDU und SPD dazu nichts gefordert ist, wird zu spät sein. Auf dem Spiel steht eine bis dato flächendeckende zahnmedizinische Versorgung. Die heutige im Vergleich zu früheren Jahrzehnten hervorragende Mundgesundheit wurde in der Vergangenheit erarbeitet. Diese enorm positive Dynamik gilt es für die Zukunft zu erhalten. Die Strophe des zitierten Abba-Liedes endet im Übrigen mit dieser kurzen Textzeile: „Aber ich war so dumm, mich an die Regeln zu halten.“
Dr. Uwe Axel Richter
Chefredakteur