Unser Einsatz hat sich gelohnt!
Grundsätzlich stimmt die Richtung des neuen Gesetzesentwurfs. Deshalb unterstützt die KZBV das Vorhaben der Politik, mit dem Beschluss des Bundeskabinetts für das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz – kurz PpSG – auch die Betreuung von Pflegebedürftigen weiter zu verbessern. Seit vielen Jahren setzen wir uns konsequent für eine bessere zahnmedizinische Versorgung vulnerabler Personengruppen ein. Wo wir die Schwerpunkte sehen, haben wir in unserem Konzept „Mundgesund trotz Handicap und hohem Alter“ (AuB-Konzept) deutlich gemacht.
Seit der Veröffentlichung hat die KZBV kontinuierlich auf die Umsetzung hingewirkt – mit Erfolg. Inzwischen sind wichtige Inhalte in Gesetze geflossen. So wurde zunächst für die Betroffenen ein gesetzlicher Anspruch auf aufsuchende zahnmedizinische Betreuung geschaffen, der in § 87 Abs. 2i SGBV diese Leistung vor allem zu Hause und in § 87 Abs. 2j SGBV in Verbindung mit § 119b SGBV in Form von Kooperationsverträgen mit Pflegeeinrichtungen verankert hat. Seit 1. Juli diesen Jahres haben Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen gemäß § 22a SGB V zudem auch einen Rechtsanspruch auf präventive Leistungen.
Ein Meilenstein in der Pflege, wie ich meine. Die KZBV hat sich in harten Verhandlungen mit den Kassen erfolgreich dafür stark gemacht, dass diese Leistungen auch zeitnah in die Versorgung kommen. Wir Zahnärzte tragen mit all diesen Bemühungen unseren Teil dazu bei, für alle Menschen gleichwertige Versorgungs- und Lebensverhältnisse zu schaffen. Wir sind deshalb sehr froh, dass es uns im Zuge des Anhörungsverfahrens zu dem Referentenentwurf des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes gelungen ist, weitere wesentliche Verbesserungen für die zahnärztliche Versorgung dieser Patientengruppe zu erreichen. Dies betrifft die Krankenfahrten sowie die Videosprechstunden. Insbesondere bei den Krankenfahrten konnte der Trend zu steigenden Bürokratielasten bei gleichzeitig abnehmender Praxisnähe endlich auch mal gestoppt werden. Kurz und bündig: Die Verordnungen von Krankenfahrten zur ambulant zahnärztlichen Behandlung für Patienten mit Schwerbehindertenausweis, einer Pflegegradeinstufung 3 bis 5 oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung der Mobilität nach § 92 Einstufung sind gemäß dem Kabinettsbeschluss von einer expliziten Genehmigung durch die Krankenkasse nach § 60 SGB V freigestellt.
Dies ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, da die Versorgung in Pflegeeinrichtungen und auch im häuslichen Umfeld wegen fehlender hygienischer oder apparativer Gegebenheiten in der Regel auf einfache Maßnahmen beschränkt ist, weshalb in den meisten Fällen Patienten zur Behandlung in die Zahnarztpraxis gebracht werden müssen. Das wird zukünftig spürbar einfacher gehen. Bei der Telemedizin ist es zu begrüßen, dass Videosprechstunden nun auch für die zahnmedizinische Versorgung vorgesehen sind. Gerade bei der aufsuchenden Versorgung von Pflegebedürftigen kann ich mir Videosprechstunden sehr gut vorstellen. Beispielsweise können Konferenzen mit dem Patienten und seiner Pflegekraft, Besprechungen mit der leitenden Pflegekraft in Pflegeeinrichtungen, Klärung der örtlichen Gegebenheiten vor einem Besuch oder auch die videobasierte Inaugenscheinnahme von defektem Zahnersatz, unnötige Fahrten vermeiden helfen und so eine wertvolle Zeitersparnis bedeuten. Die Integration der Videosprechstunde in den BEMA ist daher sinnvoll, auch da es über die genannten Anwendungen hinaus weitere sinnvolle Einsatzmöglichkeiten für die Telemedizin in der Betreuung unserer Patienten vorstellbar sind.
Trotz allen positiven Bewertungen enthält dieser Entwurf einen Wermutstropfen, den es eigentlich gar nicht braucht: Er sieht leider immer noch vor, stationäre Pflegeeinrichtungen und Vertragsärzte zum Abschluss von Kooperationsverträgen in Heimen zu verpflichten. Eine Verpflichtung im Bereich der Zahnärzte ist aber gar nicht erforderlich. Die rund 4.000 neuen Kooperationsverträge, die Kollegen in den letzten drei Jahren auf freiwilliger Basis abgeschlossen haben, zeigen, wie ernst es die Zahnärzteschaft mit ihrem Versorgungsauftrag meint. Auch die geplante Frist von drei Monaten für die Vermittlung ist unnötig und eher kontraproduktiv.
Dr. Wolfgang Eßer
Vorsitzender des Vorstands der KZBV