BZÄK und KZBV zum TSVG

Optimierung der Versorgung ja – Investorenstärkung nein

Zum Referentenentwurf eines Gesetzes für schnellere Arzttermine und bessere Versorgung (TSVG) fand am 22. August in Berlin eine Verbändeanhörung statt. Mit dem Gesetzesvorhaben will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die medizinische und zahnmedizinische Versorgung verbessern. Zu der Anhörung hatten Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und Bundeszahnärztekammer (BZÄK) eine gemeinsame Stellungnahme eingereicht und konnten auch vor Ort die Position der Zahnärzteschaft vertreten.

In der Stellungnahme legen BZÄK und KZBV ihre Haltung dar. Sie weisen auf die dringende Notwendigkeit hin, die rasant fortschreitende Übernahme zahnärztlicher Versorgung durch Großinvestoren und Private Equity-Fonds zu stoppen. Zugleich werden versorgungsverbessernde Elemente des TSVG ausdrücklich anerkannt und begrüßt.

  • Mehrkostenregelung bei KFO

Dazu zählt etwa das Vorhaben, mit dem Gesetz die Mehrkostenregelung bei zahnerhaltenden Maßnahmen auf den kieferorthopädischen Bereich auszuweiten. Zudem soll eine schriftliche Erklärung des Versicherten klarstellen, dass er über Behandlungsalternativen einschließlich einer zuzahlungsfreien Behandlung sowie über die mit den Alternativen verbundenen Kosten informiert worden ist. Dadurch soll das Leistungsgeschehen besser strukturiert und für alle Beteiligten transparenter gestaltet werden. „Die mit der Mehrkostenregelung im kieferorthopädischen Bereich einhergehende Stärkung der Patientenautonomie wird ausdrücklich begrüßt“, heißt es in der Stellungnahme. Gleichfalls befürwortet werden die getroffenen Regelungen zur Kostentransparenz, „die eine Überprüfung des kieferorthopädischen Leistungsgeschehens erheblich vereinfachen“, so BZÄK und KZBV.

  • Abschaffung Punktwertdegression

Durch die geplante Abschaffung der Punktwertdegression für vertragszahnärztliche Leistungen sollen Zahnärzte ermuntert werden, sich in ländlichen und strukturschwachen Gebieten niederzulassen. BZÄK und KZBV heben diese Regelung positiv hervor. Begründung: Bislang wurden durch verminderte Honoraransprüche über die Degression gerade jene Zahnärzte regelrecht benachteiligt, die sich in nicht optimal versorgten Gebieten engagieren. Daher wird begrüßt, dass der Gesetzgeber mit der Beseitigung der Degressionsregelung die Rahmenbedingungen für eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung auch in ländlichen und strukturschwachen Regionen stärken und für den zahnärztlichen Nachwuchs attraktiver gestalten will.

  • Zahnärztliches Gutachterwesen

Gutgeheißen wird auch, dass mit dem Referentenentwurf eine Ermächtigungsgrundlage für das bundesmantelvertraglich vereinbarte Gutachterverfahren im vertragszahnärztlichen Bereich geschaffen werden soll. Geplant ist, dass Krankenkassen anstelle einer gutachterlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung auch eine Prüfung im Wege des im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenen Gutachterverfahrens durchführen lassen können.

  •  Festzuschüsse steigen

Die Festzuschüsse beim Zahnersatz sollen ab dem 1. Januar 2021 von 50 auf 60 Prozent steigen. Damit steigt auch der Bonus über das Bonusheft von 60 auf 65 Prozent beziehungsweise von 70 auf 75 Prozent bei vollständigem Bonusheft, die Härtefallregelungen werden an die Anhebung der Festzuschüsse angepasst. Für BZÄK und KZBV Anlass, um die Regelung vor allem aus Sicht der Patienten zu begrüßen.

  • Erlaubte Herstellung von Arzneimittel

Vorgesehen ist auch eine Klarstellung im Arzneimittelgesetz (AMG), wonach die bestehende Regelung für die erlaubnisfreie Herstellung von Arzneimitteln durch Ärzte auch für Zahnärzte gilt (mit den Folgeregelungen im Transfusionsgesetz).

MVZ

Gegen Kapitalinteressen von Groß- und Finanzinvestoren

Als erhebliche Bedrohung für die Sicherstellung der Versorgung gerade im ländlichen Raum sehen BZÄK und KZBV, dass Groß- und Finanzinvestoren massiv in den zahnärztlichen Markt investieren. Beide zahnärztlichen Organisationen verweisen darauf, dass bereits 2012 der Gesetzgeber mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz die Berechtigung zur Gründung von MVZ erheblich eingeschränkt hat, um der Gründung von MVZ durch Investoren zu begegnen, die keinen fachlichen Bezug zur medizinischen Versorgung mehr aufweisen, sondern allein Kapitalinteressen verfolgen.

Gleichwohl besteht für solche Investoren nach wie vor über den Erwerb einer gründungsberechtigten Einrichtung, vornehmlich eines Krankenhauses oder einer nichtärztlichen Dialyseeinrichtung, ein Zugang zur vertragszahnärztlichen Versorgung.

Internationale Groß- und Finanzinvestoren haben diese Regelungslücke für sich entdeckt und drängen über den Kauf maroder Krankenhäuser auf den deutschen Dentalmarkt, führen BZÄK und KZBV an.

Durch die mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz erfolgte Streichung des Merkmals „fachübergreifend“ wurde die Gründung von arztgruppengleichen und reinen Zahnarzt-MVZ ermöglicht. Seitdem können auch bestehende Praxisformen in MVZ umgewandelt werden, so dass potenziell der gesamte ambulante Versorgungsmarkt dem Zugriff von Finanzinvestoren offensteht.

Auch wenn der Ansatz, MVZ für den zahnärztlichen Versorgungsbereich „fachgruppenübergreifend“ auszugestalten, für zielführend gehalten wird, so knüpft der Vorschlag in der Stellungnahme an die im TSVG vorgesehenen Regelungen an: Konkret wird vorgeschlagen, die Gründungsberechtigung von Krankenhäusern für MVZ auf räumlich-regionale sowie medizinisch-fachliche Bezüge zu beschränken.

Dieser Lösungsvorschlag würde zu einer deutlichen Reduzierung der Probleme im zahnärztlichen Bereich führen, ohne die Möglichkeiten für Ärzte und Krankenhäuser grundlegend einzuschränken. Um die Informationslage über die Inhaberstruktur und Kettenbildung von MVZ zu verbessern, soll über ein MVZ-Register mehr Transparenz über Marktentwicklungen und vertragliche Verflechtungen bei MVZ hergestellt werden.

sg

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