Meine Assistenz ist krank – und jetzt?

Christian Henrici
Wer kennt es nicht? Beim Betreten der Praxis wird man von der Praxismanagerin informiert, dass sich eine Kollegin für heute krankgemeldet hat. Eventuell erfährt man es schon vorher per SMS. Egal auf welchem Weg die Mitteilung die Praxis erreicht, die Alarmglocken läuten. Personalausfälle kommen immer ungelegen, ein kurzfristiger Wegfall trifft die Praxisorganisation und die -abläufe jedoch unmittelbar. Je nach Situation gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, auf Ausfälle zu reagieren.

Variante 1: Intern umverteilen

Die erste, logische Reaktion ist der Versuch, die Aufgaben auf andere Teammitglieder umzulegen. Dies erfolgt je nach Aufgabengebiet des Mitarbeiters einerseits nach fachlichen, andererseits nach zeitlichen Aspekten. Fällt beispielsweise die Abrechnungskraft der Praxis für einige Tage aus, kann man dies ohne größere Sorge verschmerzen, sofern nicht gerade die Quartalsabrechnung ansteht. Auch Tätigkeiten an der Rezeption können – je nach Praxisstruktur – über eine gewisse Zeit von anderen Teammitgliedern übernommen werden. Sobald es aber um längere Ausfallzeiten geht, reichen diese internen Zwischenlösungen nicht mehr aus, da die wenigsten Praxen über Springer verfügen und somit die Aufgaben an anderer Stelle vernachlässigt werden.

Noch deutlicher wird die Bedeutung einzelner Mitarbeiter in eingespielten Behandlungsteams. Oft arbeiten Behandler mit festen Assistenzen, um Prozesse optimal zu gestalten. Selbst wenn innerhalb einer Praxis feste Abläufe definiert werden, ist ein Personalausfall an dieser Stelle nur schwer zu verkraften, weil die übrigen Teammitglieder im Fall eines gefüllten Terminbuchs ebenso eingebunden sind. Deshalb kann der Ausfall einer ZMP im Bereich der Prophylaxe nur selten mit internen Mitteln und Maßnahmen ausgeglichen werden. Verständlicherweise wird hier also der Ruf nach externer Hilfe laut.

Variante 2: Leiharbeit

In anderen Branchen sind Saison- oder Zeitarbeiter Normalität. Dennoch genießt  die Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland nicht den besten Ruf, wie Berichte über schlechte Arbeitsbedingungen und geringe Löhne belegen. Seit einiger Zeit – nicht zuletzt durch die Anpassungen des Mindestlohns – steigt die Beliebtheit von Zeitarbeitsfirmen wieder. Auch wenn nach wie vor primär Hilfsarbeiter in diesem Modell beschäftigt werden, nimmt die Vermittlung gut ausgebildeter Fachkräfte in einigen Branchen zu. Viele Freiberufler haben Personallücken für sich entdeckt und bieten sich gezielt als „Retter in der Not“ an. Das (vielfach angesprochene) Problem ist hier allerdings die auf den ersten Blick nur schwer zu überprüfende fachliche und menschliche Qualifikation der Aushilfskraft. Die personelle Not darf an dieser Stelle nicht zur Verzweiflung und zu blindem Vertrauen führen.

In einem Arbeitnehmermarkt (mehr offene Stellen als suchende Arbeitnehmer) wie dem deutschen Dentalmarkt sind die guten Mitarbeiter in der Regel gebunden und nur wenige aktiv auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber. Dies führt auf den ersten Blick zu dem Schluss, dass Leiharbeit im Bereich der Zahnmedizin nicht ohne Weiteres realisierbar erscheint, weil zunächst einmal geeignetes und qualifiziertes Personal für eine Kammer oder einen anderen Vermittler gefunden werden müsste. Dieses Personal würde aber aus bestehenden Praxisteams abgeworben, wodurch das Problem nicht gelöst, sondern lediglich verschoben wäre.

Variante 3: Ein Spezialistenpool

Eine mögliche Lösung liegt unter Umständen im kontinuierlichen Aufbau eines Spezialistenteams, das gezielt für den kurzfristigen Einsatz in verschiedenen Praxen ausgebildet wird. So können Mitarbeiter vor oder nach der Ausbildung ins Konzept übernommen, von einer zentralen Stelle koordiniert und vor allem kontinuierlich aus- und weitergebildet werden, um den Praxen in Not stets Mitarbeiter auf einem fachlich hohen Niveau präsentieren zu können. 

Dabei stellt sich indes die Frage, in welchen Praxisbereichen diese Kräfte sofort eingesetzt werden können. Abbildbar ist dies mit Sicherheit für die Rezeption, bei der Abrechnung oder in der Prophylaxe, während in der Behandlungsassistenz wegen der Komplexität gewisser Abläufe dies nur eingeschränkt möglich wäre. Aufgrund der steten Bereitschaft, der notwendigen Fortbildung und der deutschlandweiten Verfügbarkeit halte ich eine zentrale Stelle (wie in der E-Mail angesprochen) zwar für möglich, die Umsetzung wäre jedoch mit einem nicht zu unterschätzenden Aufwand und intensiven Kosten verbunden. Ins Blaue gegriffen, würde ich für den suchenden Zahnarzt etwa 1.000 bis 1.150 Euro pro Woche veranschlagen.

Fazit

Nach wie vor kann ich jeder Praxis nur raten, die Personalsituation in Eigenregie, also auf Basis der eigenen Ausbildung, langfristig planbar zu gestalten. Selbst dann ist eine Praxis nicht vor kurzfristigen, unvorhersehbaren Ausfällen gefeit. Daher freue ich mir sehr, dass es momentan an unterschiedlichster Stelle Überlegungen zur Behebung der Personalproblematiken in den Praxen gibt.

In diesem Sinne …

Ihr Christian Henrici

Henrici@opti-zahnarztberatung.de

www.opti-zahnarztberatung.de

Christian Henrici

Dipl. Kfm. Christian Henrici ist seit 2006 Gründer und Geschäftsführer der OPTI health consulting GmbH, die nach eigenen Angaben seit 2006 rund 3.000 Zahnarztpraxen in Deutschland beraten hat. Henrici ist Lehrbeauftragter und Referent für Controlling, Personal und Businessplanung. Als Autor erschien von ihm im Quintessenz-Verlag das Buch „Wer braucht schon gutes Personal? – Erfolgreich führen in der Zahnarztpraxis“. Christian Henrici schreibt Fachbeiträge zu den Themen Betriebswirtschaft, Organisation und Führung & Personal in der Zahnarztpraxis und seine regelmäßige Kolumne in den zm.

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