„Digitalisierung muss einen echten Nutzwert haben!“
Schrader unterstrich, dass der FVDZ bei laufenden und auch künftigen Gesetzgebungsverfahren gemeinsame Positionen mit der Bundeszahnärztekammer und der Kassenzahnärztlichen Bundesvertetung vertrete: Es herrsche eine konstruktive Zusammenarbeit. Schrader nannte als Beispiel das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG). Die vereinte Zahnärzteschaft habe der Politik verdeutlichen können, dass der zahnärztliche Bereich in Sachen Investoren-MVZ eigene Regelungen brauche und dass die Vergewerblichung der Zahnheilkunde nicht zielführend sei.
Schrader kam auch auf die aktuelle Gesetzgebung zum Digitale Versorgung-Gesetz (DVG) zu sprechen. Bei allem Für und Wider bei der Digitalisierung der Zahnheilkunde gilt es seiner Meinung nach, einige grundsätzliche Positionen zu überdenken: Zum einen geht es für ihn um digitale Nutzanwendungen zum Wohle der Patienten, zum anderen um digitale Kommunikation mit den bei der Behandlung gesammelten Daten. „Was man den Zahnärzten bestimmt nicht vorwerfen kann, ist eine ablehnende Haltung gegenüber digitalen Nutzanwendungen“, sagte er. Aber: „Wir wollen schon ganz gern wissen, wer in Zukunft wofür haftet, ob es unseren Patienten und uns tatsächlich nutzt, und ob wir den ganzen Spaß auch noch bezahlen dürfen.“
Das Thema nahm – unter Einbindung mehrerer Impulsreferate – in den Diskussionen einen breiten Raum ein. Auch Skeptiker kamen ausführlich zu Wort. Digitalisierung fundamental abzulehnen, sei der falsche Weg, hieß es bei den Delegierten. Es gelte, das Thema zukunftsgerichtet nach vorne zu bringen. Dr. Wolfgang Eßer, FVDZ-Delegierter und Vorsitzender des Vorstands der KZBV, betonte beispielsweise, dass die Politik eine TI-Infrastrutur zur Verfügung stellen müsse, die auch funktioniere, und Anwendungen zur Verfügung stellen müsse, die einen echten Nutzwert bieten. Und dass Datenschutzanforderungen gewährleistet werden, um sensible Daten bestmöglich zu schützen. ZA Martin Hendges, ebenfalls Delegierter und Stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der KZBV, machte deutlich, dass Zahnärzte beispielsweise um die Anbindung an die TI nicht herumkommen. Er mahnte zu selbstkritischer Haltung und sachlicher Diskussion.
Patient muss Souverän seiner Daten bleiben
In einem zentralen Beschluss forderten die HV-Delegierten den Gesetzgeber auf, bei der Umsetzung des DVG folgende Aspekte einzuhalten:
Der Patient muss die volle Souveränität über seine Daten behalten,
Alle durch das Gesetz und mögliche Folgevereinbarungen entstehenden Kosten müssen voll erstattet werden,
Sanktionsmaßnahmen gegen Vertragszahnärzte müssen gestrichen werden,
Die datenschutzrechtliche Haftung der zahnärztlichen Praxen muss auf ihren Einflussbereich „vor dem Konnektor“ beschränkt sein.
In einem weiteren Beschluss forderten sie die Bundesregierung auf,
lächendeckend die technischen Voraussetzungen für den sicheren Austausch von Informationen im Gesundheitswesen im Rahmen der TI sicherzustellen,
allen Datenschutzanforderungen gerecht zu werden, um die über die TI übermittelten und gespeicherten sensiblen medizinischen Daten bestmöglich zu schützen,
gesetzliche Grundlagen zu schaffen, die eine alleine dem Patienten- und Gemeinwohl verpflichtende Nutzung dieser Daten gewährleisten und eine gewerbliche Nutzung ausschließen.
Außerdem wurde beschlossen, eine öffentlichkeitswirksame Kampagne zu initiieren, die Patienten zum Thema Datensicherheit, Gesundheitsdaten und Datenhoheit aufklärt.
Mehr Wertschätzung gegenüber der ZFA
Die Diskussionen um eine Gewinnung von zahnmedizinischem Fachpersonal stellten einen weiteren Schwerpunkt auf der HV dar. Sylvia Gabel, Leiterin des Referats ZFA im Verband medizinischer Fachberufe (VmF), gab Antworten auf die Frage: „Wie kann ich qualifiziertes Fachpersonal gewinnen und binden?“ Mehr Wertschätzung, eine bessere Work-Life-Balance und eine tarifgemäße Bezahlung gehören für Gabel auf jeden Fall dazu.
Schrader verdeutlichte in seinem Bericht, dass eine Herangehensweise auf mehreren Ebenen erforderlich sei. Nur im Zusammenwirken von Standespolitik und Politik auf Bundes- und Landeseben sowie dem Einsatz der Praxen werde es künftig gelingen, motiviertes Personal zu finden und auch zu halten. In der Diskussion wurde vor allem auf Probleme mit dem Niveau der schulischen Ausbildung hingewiesen, gewarnt wurde davor, eine Qualifikation unterhalb des ZFA-Niveaus einzuführen. Die Delegierten stellten dem Gesetzgeber gegenüber klar, dass faire Gehälter für die ZFA auch faire GOZ-Honorare erforderten. Ferner forderten sie den Abbau der immer mehr zunehmenden Bürokratie in der zahnärztlichen Praxis, um so finanzielle, zeitliche und menschliche Ressourcen für die verstärkte Ausbildung des Praxispersonals und für die Hinwendung zum Patienten zu gewinnen. An die zahnärztlichen Kollegen gerichtet forderten sie, ZFA und Auszubildenden neben einer adäquaten Vergütung auch eine entsprechende Wertschätzung entgegenzubringen, welche die täglichen Anstrengungen des Berufs würdigt, sowie die Bereitstellung von mehr Ausbildungsplätzen.
Die Honorarordnung der Architekten und die GOZ
Intensiv diskutierten die Delegierten die Konsequenzen aus dem Urteil des Europäischen gerihtshofs (EuGH) vom 4. Juli 2019 zur Honorarordnung für Ingenieure und Architekten (HOAI) auf die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Die HV beauftragte den Bundesvorstand, die Auswirkungen des EuGH-Urteils prüfen zu lassen. Bei sich ergebenden Ansätzen zur Beseitigung des GOZ-Stillstandes und zur Verbesserung der privatzahnärztlichen Gebührensystematik wurde der Bundesvorstand beauftragt, die möglichen sinnvollen Optionen anzugehen.
Dr. Gudrun Kaps-Richter, Stellvertretende Bundesvorsitzende des FVDZ, machte zuvor den Delegierten deutlich, dass die Prüfung dieser Optionen im Schulterschluss mit der BZÄK erfolgen sollte. Der Berufsstand sollte sich strategisch aufstellen und gemeinsam Ziele definieren. Bei dieser Vorgehensweise habe man auch die junge Generation im Blick. Ziel müsse eine solide Finanzierungsbasis für die Zukunft der freiberuflichen Praxis sein.
Weitere Berichte und Diskussionen erfolgten zum Stand der Genossenschaftsidee des Freien Verbandes, zum Existenzgründerprogramm und zur Europapolitik. So ist der Freie Verband gerade dabei, in Zusammenarbeit mit „Zahnarztpraxis der Zukunft (ZPdZ)“ in Thüringen eine neue Praxis in ländlichen Regionen zu etablieren. ZPdZ soll junge Zahnmediziner bei dem Schritt in die Selbstständigkeit unterstützen. Die Initiative wurde von der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) gemeinsam mit der Zahnärztlichen Abrechnungsgenossenschaft (ZA eG) gegründet.
Harald Schrader im Amt bestätigt
Der Bundesvorstand des FVDZ ist in Radebeul für die Legislaturperiode 2019 bis 2021 neu gewählt worden. ZA Harald Schrader wurde als Bundesvorsitzender mit großer Mehrheit bestätigt und erhielt 151 von 160 abgegebenen Stimmen. Das sind 94,3 Prozent. Mit großer Mehrheit wählten die Delegierten auch Dr. Gudrun Kaps-Richter und Dr. Peter Bührens erneut als stellvertretende Vorsitzende in den Geschäftsführenden FVDZ-Bundesvorstand. Wiedergewählt für den Bundesvorstand wurden: Dr. Christian Öttl, Bertram Steiner, Dr. Thomas Wolf, Drs (NL) Hub van Rijt, Dr. Eckhard Jung. Neu in den Vorstand berief die Hauptversammlung Dr. Jeannine Bonaventura, Dr. Stefanie Marxkors und Dr. Frank Wuchold. Auch Versammlungsleiter Dr. Konrad Koch wurde mit großer Mehrheit bestätigt.
Aus den Grußworten von BZÄK und KZBV
Dr. Peter Engel, Präsident der BZÄK: „Gerade uns Zahnärzten hat die Digitalisierung schon einige Erleichterungen gebracht, unsere Arbeit in den Praxen verändert – Stichwort CAD/CAM und 3-D-Druck – und zu einer besseren Versorgung beigetragen. Auf der anderen Seite müssen wir immer wieder Schlagzeilen lesen wie „Patientendaten millionenfach auf ungesicherten Servern gelandet“. Das heißt also bei aller Digital-Euphorie: Insbesondere im Gesundheitsbereich müssen Sicherheit und Patientenschutz immer an erster Stelle stehen.“Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstands der KZBV: „Wir tragen für die Datensicherheit in unseren Praxen die Verantwortung und müssen Sicherheitsstandards einführen und befolgen. Deshalb stehen wir einer IT-Sicherheitsrichtlinie, die im Digitale-Versorgung-Gesetz geplant ist, aufgeschlossen gegenüber. Aber genauso unmissverständlich fordern wir den Gesetzgeber auf, klar und eindeutig zu regeln, dass die Haftung für Daten in der Praxis vor dem Konnektor endet. Wer aber Datenschutz-Bedenken vorschiebt, um sich der Digitalisierung in Gänze zu verweigern, der ist auf dem Holzweg!“