Hohe Problemlösungskompetenz
Seit dem 1. Januar 2016 wird die zahnärztliche Patientenberatung in Deutschland mithilfe einer einheitlichen webbasierten Software dokumentiert. Die Beratungsstellen erfassen dabei neben dem jeweiligen Thema und dem Ergebnis der Beratungskontakte auch anonymisiert Alter und Geschlecht der Ratsuchenden. Am Zentrum für Zahnärztliche Qualität (ZZQ) erfolgte – zum mittlerweile dritten Mal – eine wissenschaftliche Auswertung der standardisierten Datens ä tze. F ü r den vorliegenden Bericht wurden alle im Jahr 2018 abgeschlossenen Beratungsdokumentationen herangezogen.
Mit rund 35.500 Beratungen haben Patienten die zahnärztlichen Beratungsstellen im Jahr 2018 etwas häufiger in Anspruch genommen als im Vorjahr (34.804).
Die meisten Ratsuchenden (85 Prozent) sind gesetzlich krankenversichert, circa 7 Prozent sind privat versichert. Diese Quoten entsprechen in etwa den jeweiligen Anteilen in der Bevölkerung.
Die Beratungen finden überwiegend telefonisch statt (72 Prozent). Ungefähr jede fünfte Anfrage wird schriftlich gestellt (Brief: 13 Prozent, Mail: 6,8 Prozent, Fax: 0,5 Prozent). Und rund 7,4 Prozent der Patienten nutzen die Möglichkeit, sich persönlich in der Beratungsstelle zu informieren.
Rechtliche und finanzielle Themen stark nachgefragt
Knapp ein Fünftel (19 Prozent) wird von ehrenamtlich tätigen Zahnärzten durchgeführt, die Mehrheit der Beratungen von qualifizierten Verwaltungsangestellten, Juristen etc.
Mit 61,8 Prozent suchen Frauen erheblich häufiger den Rat der zahnärztlichen Experten als Männer. Die Altersstruktur der Ratsuchenden zeigt, dass das Beratungsangebot von allen Altersgruppen in Anspruch genommen wird: Die Altersgruppe von 18–64 Jahren vereinte 58,4 Prozent und die der Senioren ab 65 Jahren 23,2 Prozent der Anfragen.
Ein wichtiges Kriterium für die Zufriedenheit der Ratsuchenden ist, ob das vorgetragene Problem im Kontakt mit der Beratungsstelle gelöst werden kann oder ob weitere Instanzen eingeschaltet werden müssen. In diesem Punkt kann die zahnärztliche Patientenberatung – wie in den Vorjahren – mit hervorragenden Ergebnissen aufwarten. Mehr als drei Viertel aller Anfragen konnten durch die Beratungsstellen direkt gekl ä rt werden.
In 18,6 Prozent der Fälle wurden Patientinnen und Patienten für weitergehende Informationen an Ansprechpartner der (Landes-)Zahnärztekammern und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen oder mitunter auch an die zust ä ndige Krankenkasse verwiesen. Und nur in gut jedem zwanzigsten Fall musste die Beratungsstelle zus ä tzlich beispielsweise einen externen Zahnarzt oder eine bestimmte Fachabteilung einer Körperschaft für spezielle Unterstützung kontaktieren.
Eine wichtige Rolle im Beratungsgeschehen spielen Anfragen zu Kosten- und Rechtsthemen: Gut die H ä lfte aller Beratungen (55 Prozent) betreffen Kosten- und Rechtsfragen – darunter beispielsweise Geldforderungen, Patientenrechte und zahnärztliche Berufspflichten.
In einem weiteren Viertel (27 Prozent) der Anfragen wird die Beratungsstelle kontaktiert, um Auskünfte zu Adressen von zahnärztlichen Organisationen, zum Bonusheft oder zu anderen Verbraucher- und Servicethemen zu erhalten. Informationsbedürfnisse zu konkreten zahnmedizinischen Verfahren und Therapien sind in jedem siebten Fall (13 Prozent) der vorrangige Beratungsanlass, während der Wunsch nach allgemeinen zahnmedizinischen Informationen eher selten (5 Prozent) zu einem Beratungskontakt führt.
Behandlungskosten transparenter machen
Wie in den vergangenen Jahren wird auch im aktuellen Bericht ein Themenkomplex detailliert analysiert. Im diesjährigen Themenschwerpunkt geht es darum, Patienten die Kosten einer Behandlung transparent zu machen, mögliche Missverständnisse und Irritationen diesbezüglich auszuräumen und dadurch auch die Vertrauensbasis der Zahnarzt-Patient-Beziehung zu stärken.
Anders als in anderen medizinischen Versorgungsbereichen handelt es sich bei zahnärztlichen Behandlungen oft um gemischt finanzierte Leistungen mit einem für die Patienten spürbaren privaten Zahlungsanteil. Dementsprechend sind Kostenfragen ein wiederkehrendes und prominentes Thema in der zahnärztlichen Patientenberatung. Dabei führt die Komplexität der Abrechnungsmodalitäten häufig zu einem gesteigerten Informationsbedürfnis – gelegentlich auch zu nachhaltigen Irritationen. Rund 6.200-mal haben sich Ratsuchende an die Patientenberatung gewandt, um zu klären, ob die Rechnung ihres Zahnarztes richtig und rechtmäßig ist, wie sich der Heil- und Kostenplan zum Zahnersatz verstehen lässt oder warum er von der späteren Rechnung des Zahnarztes abweicht.
Auch patientenrechtliche Anfragen, etwa zur Möglichkeit einer zweiten Meinung, zum Einsichtsrecht in die eigenen Unterlagen oder zu Gewährleistungsansprüchen, waren mit circa 4.600 Beratungskontakten recht häufig, während Beratungen zu den zahnärztlichen Berufspflichten mit gut 1.100 Kontakten eher weniger ins Gewicht fielen.
70 Prozent aller Beratungen zu Kosten- und Abrechnungsfragen führten unmittelbar zu einer Klärung des Anliegens. Dies liegt nur geringfügig unter der generellen Problemlösungsquote der Patientenberatung allgemein (76 Prozent).
Kommen Ratsuchende zu einem persönlichen Beratungsgespräch vor Ort, können die Anliegen zu fast 90 Prozent unmittelbar geklärt werden. Ist das nicht der Fall, wird weitere Unterstützung organisiert. Aus Beratersicht benötigen viele Ratsuchende erläuternde Auskünfte zu ihrer Zahnarztrechnung: Ist die Rechnung korrekt? Wie ist der Heil- und Kostenplan zum Zahnersatz zu verstehen? Warum kann die Rechnung vom HKP abweichen?
Einblicke in den Beratungsalltag
Um die Beratungsdokumentation besser zu verstehen und die Berater als Ressource in die Evaluation einzubinden, wurden im Rahmen der qualitativen wissenschaftlichen Analyse durch Kommunikationsforscher der Universität Magdeburg zwei Gruppendiskussionen mit Beraterinnen und Beratern zu den Schwerpunktthemen des Berichts durchgeführt und wissenschaftlich ausgewertet.
Diskutiert wurden die Beratungen zu finanziellen Aspekten der zahnmedizinischen Versorgung, speziell wie die Berater mit der Klärung der Sachlage einerseits, aber auch mit emotionalen Anliegen andererseits, umgehen. Was sind die Informationsbedürfnisse bei Patienten? Was sind die Erwartungen an Kostentransparenz?
Im Ergebnis der Gruppendiskussionen zeigte sich, dass viele Patientenanfragen zu Zahnarztrechnungen deutlich weniger emotional vorgetragen wurden, als dies landläufig vermutet werden könnte. So wird laut bundesweiter Beratungsstatistik mehr als die Hälfte der entsprechenden Beratungsanliegen rein telefonisch geklärt, und in fast drei Vierteln der Fälle verläuft die Beratung unmittelbar zielführend und zur Zufriedenheit der Ratsuchenden. Dies weist darauf hin, dass Patientinnen und Patienten h ä ufig nur eine erl ä uternde Auskunft zu den Behandlungskosten ben ö tigen und deren Anfragen informativen und r ü ckversichernden Charakter besitzen.
Allerdings können die finanziellen Aspekte einer zahnmedizinischen Behandlung auch zu tiefer gehenden Irritationen führen und das Vertrauensverhältnis zwischen Zahnarzt und Patient belasten. Dies kann mit Missverst ä ndnissen und Wissensdefiziten zu tun haben, aber auch mit emotionalen Hemmschwellen auf beiden Seiten, Kostenfragen vor oder während einer Behandlung offen anzusprechen. Oder Patienten fürchten, dass sich Nachfragen zu Kosten negativ auf das Behandlungsverhältnis auswirken könnten. Hier können die Beratungsstellen als neutrale Instanzen potenzielle Konflikte ausräumen und in der Kommunikation zwischen Zahnärzten und Patienten eine vermittelnde Funktion übernehmen. Außerdem wird Ratsuchenden ein frühzeitiger Austausch mit ihrer Krankenkasse empfohlen.
Qualitätsdialog zur Patientenberatung
Wie im Vorjahr diskutierten Spitzenvertreter der BZÄK und der KZBV die Ergebnisse der zahnärztlichen Patientenberatung in einem moderierten Qualitätsdialog. Dabei werden in einem strukturierten Verfahren Schwerpunkte aus der Beratungspraxis analysiert, Lösungsansätze entwickelt und Schlussfolgerungen gezogen. Die Diskussion diente dazu, typische Patientenanliegen zu verstehen und im n ä chsten Schritt eine R ü ckkopplung der Beratung mit dem Versorgungsgeschehen auf standes- und gesundheitspolitischer Ebene zu erreichen. Dabei standen die Kostenkommunikation sowie patientenrechtliche Aspekte und zahn ä rztliche Berufspflichten im Fokus.
Patienten umfassend über zahnärztliche Behandlungskosten aufzukl ä ren, gehört zu den zahnärztlichen Berufspflichten – das machten Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepr ä sident der BZ Ä K, und Dr. Wolfgang E ß er, Vorsitzender des Vorstands der KZBV im Anschluss an den Qualit ä tsdialog deutlich. Deshalb sollen k ü nftig spezifische Kommunikationsmethoden zunehmend in die zahnärztliche Aus- und Fortbildung eingebunden werden. Ergänzend stellen BZÄK und KZBV umfangreiche Patienteninformationen zur Abrechnung und Erstattung zahnärztlicher Leistungen, beispielsweise eine interaktive Beispielrechnung und einen animierten Heil- und Kostenplan, online zur Verfügung.
Die Kostenkommunikation ist häufig auch im Dreiecksverhältnis Patient-Zahnarzt-Kostenträger angesiedelt. Unterschiedliche Versicherungsmodelle mit ihren Vertragsgestaltungsmöglichkeiten machen es schwierig, seitens des Zahnarztes vollständige Kostentransparenz herzustellen und beispielsweise die Höhe des Erstattungsbetrags richtig einzuschätzen. Hat der Zahnarzt Zweifel an der Erstattungsfähigkeit einer Leistung, muss er darüber informieren. Doch die Aufklärungspflicht des Zahnarztes umfasst nicht detaillierte Informationen über die voraussichtliche Erstattung. Der Zahnarzt ist also nicht verpflichtet, Details des Versicherungsschutzes zu klären. Um hier mehr Transparenz zu erzielen, müssen auch die Kostenträger eingebunden werden. Daher wird an die Politik die Erwartung formuliert, Patienten ein Recht auf verbindliche Erstattungszusagen durch ihre jeweiligen Kostentr ä ger zu garantieren. Diese sollten verbindlicher ü ber die Erstattungsfähigkeit von Leistungen informieren.
Fazit
Nachfragen zu Rechnungen, Patientenrechten und Berufspflichten sind wichtige und wiederkehrende Themen, aber eher selten wirklich problematisch. Selbst Beratungen mit Beschwerdecharakter k ö nnen durch strukturierte Information, Aufkl ä rung und Wissensvermittlung problemlösend wirken und die Zufriedenheit der Patienten wiederherstellen. Generell besteht bei den Ratsuchenden ein ausgeprägtes Informationsbed ü rfnis, was die genaue Aufteilung der Kosten von zahnmedizinischen Leistungen betrifft. Typische und wiederkehrende Fragen sind, welche Leistungen von der Krankenkasse übernommen beziehungsweise welche selbst bezahlt werden müssen oder warum ein Eigenanteil beim Zahnersatz ü berhaupt anf ä llt. Die Aufkl ä rung ü ber die gesetzlich verankerte Vorgabe, dass nicht alle zahnmedizinisch möglichen Leistungen von der Solidargemeinschaft übernommen werden dürfen, ist daher oft wichtiger Teil der Beratung. Die Komplexität der Abrechnungsprozesse und Regelwerke, die Arbeitsorganisation in den Praxen sowie Wissensdefizite oder Unsicherheiten aller Beteiligten erfordern allerdings eine gute Kommunikation zwischen allen Seiten. Das Beratungsnetzwerk kann hier dialogisch unterst ü tzen.
Dr. Regine Chenot
Leiterin des Zentrums Zahnärztliche Qualität (ZZQ)
Chausseestr. 13, 10115 Berlin
Telefon: 030 40005–310
Den aktuellen Bericht und die Kontaktdaten der Beratungsstellen finden Sie unter www.patientenberatung-der-zahnaerzte.de. Auf den Webseiten von Bundeszahnärztekammer (www.bzaek.de) und Kassenzahn ä rztlicher Bundesvereinigung (www.kzbv.de) sind zahlreiche Informationsmaterialien für Zahnärzte und Patienten zu Themen aus der Beratung zusammengestellt.