Work-Life-Balance

Humorvoll in den Feierabend

Eva Ullmann
,
Kareen Seidler
Können Sie nach der Arbeit schnell abschalten? Umswitchen auf Freizeit? Oder gehören Sie zu denen, die abends den Job einfach nicht aus dem Kopf kriegen können? Hier erfahren Sie, wie Sie Perspektivwechsel für den direkten Einstieg in den Feierabend nutzen können. Das beginnt bereits bei dem Weg aus der Praxis ...
  • Man steigt in den Fahrstuhl, wird gefragt „Na, auch nach unten?“ und antwortet zur Abwechslung: „Nö, heute fahre ich zur Seite.“

Die Irritation, gefolgt vom Schmunzeln des Gegenübers, ist schon ein guter Einstieg in einen humorvollen Feierabend. Denn wenn jemand lächelt oder lacht, ist das ansteckend. Auch nach einem langen Arbeitstag. Ein anderer Blick auf die Dinge kann oft auch für uns selbst Wunder wirken.

Klar brauchen wir alle Antreiber bei der Arbeit ...

Es gibt die gestresste Zahnärztin, deren Gedanken auch beim Abendessen mit der Familie noch um die monatliche Abrechnung kreisen, um die Krise zwischen den beiden ZFAs oder um den schwierigen Patienten, der nicht mit sich reden lassen will. Sie kann ihre Gedanken auf eine kleine Wolke setzen (notfalls eine Regenwolke) und diese fürs Erste wegschieben, bis zum nächsten Morgen.

Perspektivwechsel und positive Umdeutungen funktionieren aber auch für die, die alle fünf Minuten auf die Uhr gucken, wann denn endlich Feierabend ist. „Oh, nicht schon wieder die Teambesprechung! Wie ich das hasse!“

  • Man kann meckernde Mitarbeiterinnen auch umdeuten: „Wir drehen in der Praxis ja gerade die Doku ‚Schwierige zwischenmenschliche Beziehungen – und wie man (nicht) drüber redet‘. Da kannst Du gleich Material sammeln.“

Wer mit einem schelmischen Blick diese Umdeutung schafft, steckt sogar muffelige Kolleginnen mit Leichtigkeit an.

Manche lässt die Praxisarbeit vielleicht auch nach Feierabend nicht los, weil die Gedanken um nicht Erledigtes oder scheinbar Unlösbares kreisen. Vielleicht kennen Sie solche Selbstvorwürfe: „Oh Gott! Das war wieder so ein chaotischer Praxistag! Ich muss das einfach besser in den Griff kriegen.“

Hier sprechen die sogenannten Antreiber. Das sind gewissermaßen unsere inneren Stimmen, die gebetsmühlenartig immer in dieselbe Kerbe schlagen. Und uns nicht immer gut tun. Ein Antreiber kann zum Beispiel „Sei perfekt!“ sein. Oder auch „Mach es allen recht!“. Diese Antreiber sind oft nützlich, weil sie uns helfen, unsere Aufgaben gut und sorgfältig zu erfüllen.

Manchmal sind sie aber ganz und gar fehl am Platz – etwa wenn wir nicht am Schreibtisch, sondern am Abendbrottisch mit unseren Lieben sitzen. Obwohl kein Stuhl frei ist, drängt sich der Antreiber „Sei perfekt!“ dazu und redet ohne Unterbrechung: „Das hättest Du aber besser hinkriegen müssen! So kann das nicht weitergehen!“ Und so weiter.

Da können Sie ruhig mal widersprechen. Manchmal kann so ein Selbstgespräch ganz praktisch sein, wenn auch etwas ungewohnt: „Jetzt brauche ich Dich nicht. Geh doch mal joggen (oder ins Konzert oder ins Kino), wir sprechen uns morgen früh wieder.“ Oder: „Setz Dich zu uns und trink ein Bier. Jetzt ist Entspannung angesagt!“

 ... doch nach Feierabend sollten die Erlauber regieren

Neben den harten Antreibern gibt es auch noch die netten, liebevollen Erlauber.

  • Setzen Sie Ihren Antreibern einen Erlauber entgegen, etwa dem Antreiber „Sei perfekt!“ dem Erlauber „Ohne Fehler lernt man nix.“

Manchmal sind es aber nicht Gedanken an die Arbeit, die uns nach Feierabend davon abhalten, zu entspannen und abzuschalten. Auch der Familienalltag ist nicht konfliktfrei. Deswegen macht es Sinn, von vornherein humorvolle Wege zu suchen, um mit Missverständnissen, unfairen Vorwürfen und Ähnlichem umzugehen.

„Wohlwollender Humor hat eine geradezu magische Wirkung“, sagt der Mathematiker und Psychologe John Gottman. „Nichts sonst bringt den aufgeregten Puls während eines Streits nachweislich so schnell wieder herunter, hilft dem Kopf dabei, wieder klar zu denken.“

  • Wenn Sie das nächste Mal in die Küche kommen, der Partner mit dem Kind streitet und Sie auch gleich noch mit angemeckert werden: Verlassen Sie den Raum, setzen Sie einen Fahrradhelm auf und kommen Sie wieder rein: „Bevor es Verletzte gibt, schütze ich mich lieber.“

Da kann sich auch der verärgerte Partner kaum dem Schmunzeln verweigern.

Humor kann unterbrechen und ablenken und durch Irritation das Verhaltensmuster des Gegenübers ändern – und auch bei uns selbst für einen Perspektivwechsel sorgen. Sowohl bei denen, die Strichlisten für die verbleibenden Sekunden bis zum Feierabend führen, als auch bei denen, die Probleme und Konflikte aus der Praxis mit nach Hause nehmen. Trauen Sie sich, Perspektivwechsel und positive Umdeutungen in Ihren Alltag – und in Ihren Feierabend – einzubauen.

Eva Ullmann gründete 2005 das Deutsche Institut für Humor in Leipzig. Seitdem trainiert sie Unternehmen, wie sie die Ressource Humor für sich optimal nutzen können.Ihre Kollegin Dr. Kareen Seidler erforscht den Humor auf wissenschaftlicher Basis.

Die Initiative „Arzt mit Humor“ fördert wertschätzenden Humor bei Ärzten und Pflegekräften aller Fachrichtungen. Weitere Informationen unter www.arztmithumor.de

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