Mitarbeiterzufriedenheit kann man messen
Einer aktuellen Online-Umfrage des Verbands medizinischer Fachberufe e. V. zufolge haben fast 37 Prozent der ZFA mehrmals im Monat daran gedacht, den Arbeitgeber zu wechseln und 36 Prozent, ganz aus dem Beruf auszusteigen.
Wenn Zahnärzte eine eigene Praxis eröffnen, stellen sie sich die verschiedensten Herausforderungen: Der medizinische Versorgungsauftrag muss korrekt erfüllt, in der Regel der Kredit der Bank zurückgezahlt, das Debitorenmanagement inklusive der obligatorischen Briefe an die PKVen geleistet, die Patienten müssen zufriedengestellt und die gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden. Oftmals rückt dabei die Mitarbeiterführung aus dem Fokus des Praxisinhabers. Dabei ist gerade sie ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Praxis. Mitarbeiter sind wichtige Kontaktpunkte – und Leistungsträger! Denn die beste Praxis ist quasi nichts wert ohne ein funktionierendes Team.
So verschieden die Praxiskonzepte – so mannigfaltig sind auch die Führungsstile: Es gibt Chefs, die führen erfolgreich „by walking around“. Es gibt Praxismanagerinnen, die ein gutes Händchen für die Personalentwicklung und die soziale Kompetenz für das Team mitbringen. Es gibt immer noch die Choleriker, die mit Instrumenten nach Mitarbeitern werfen, und es gibt die „Softies“, die es allen recht machen wollen. Doch gleichermaßen gilt: Was gut und richtig ist, entscheidet allein der Mitarbeiter aus seiner subjektiven Sichtweise. So kann es sein, dass dem erfolgreichsten Praxiskonzept, dem liebsten Chef oder dem gefühlt tollsten Kollegen-Team die Mitarbeiter abhandenkommen.
Kennen Sie Ihre „Costs per Hire“?
Neue Mitarbeiter zu finden ist schwer. Es gibt bundesweit einen nicht nur gefühlten Fachkräftemangel im Bereich der zahnmedizinischen Fachberufe. Laut Agentur für Arbeit gab es im Jahr 2019 durchgängig einen deutlichen vierstelligen Überhang der gemeldeten(!) offenen ZFA-Arbeitsstellen. Darin sind nicht die Stellenangebote der Praxisinhaber eingerechnet, die über den freien Markt – etwa mit Anzeigen in (Fach-)Zeitungen, per Handgeldzahlung oder über den „dunklen Kanal“ des Abwerbens – rekrutieren.
Neue Mitarbeiter zu finden ist zudem teuer. Es gibt mehrere Kostenfaktoren, die bei einer Neueinstellung anfallen:
Personalbeschaffungskosten (Anzeigen, Sichtung & Auswahlgespräche)
Kosten durch die unbesetzte Stelle
Einarbeitungskosten
Indirekte Kosten (Produktivitätseinbrüche, negative Einflüsse auf die Arzt-Patienten-Beziehung, Streitigkeiten vor dem Arbeitsgericht)
Die „Costs per Hire“ (CPH) bezeichnen die Summe aus internen und externen Personalbeschaffungskosten sowie allgemeinen Kosten für eine einzige Einstellung. Bei ehrlicher Betrachtung der Einarbeitungszeit sowie der Extrazeit, die der Behandler im Rahmen der Einarbeitung bereitstellen muss, liegen diese Kosten für den zahnmedizinischen Bereich durchschnittlich im kleinen bis mittleren fünfstelligen Euro-Bereich. Je mehr Mitarbeiter die Praxis verliert, desto größer ist der Verlust an Produktivität, an Umsatz, an Ergebnis. Je größer der Fachkräftemangel ist, desto teurer ist die Neubesetzung und desto interessanter werden Mitarbeiterbindung und -zufriedenheit für die erfolgreiche Praxisführung.
Laut einer Studie der Personalberatung Kienbaum kann anhand der Messung der Mitarbeiterzufriedenheit und eines daraus zu bildenden Indikators das Risiko für die Mitarbeiterfluktuation ermittelt werden. Diese Messungen erfolgen mittels anonymer strukturierter Fragebögen, deren besonderer Wert durch die Wiederholung der Befragung innerhalb definierter Zeiträume entsteht – und deren Ergebnisse dann zu gezielten, das jeweilig erkannte Defizit angehenden Maßnahmen führen.
Qualität geht nicht ohne Mitarbeiter
Wird so vorgegangen, werden bei der Fluktuation, der Arbeitszufriedenheit und der Unternehmenskultur positive Veränderungen festgestellt. Zufriedene Mitarbeiter wechseln in der Regel nicht die Praxis und sind sogar besser motiviert und leistungsbereiter. Zufriedene Mitarbeiter reden mit ihren Vorgesetzten, wenn sie ein lukratives Angebot einer anderen Praxis haben. Zufriedene Mitarbeiter verbreiten eine bessere Stimmung im Team und mit den Patienten.
Im Qualitätsmanagement jeder Praxis ist in der Regel eine Mitarbeiterbefragung vorgesehen. Das tatsächliche Vorgehen vieler Praxisinhaber zeigt jedoch, dass nur die wenigsten die MA-Befragung innerhalb des Qualitätsmanagements als KPI für die Praxis auch nutzen. Oftmals geht es hier nicht um die Zufriedenheit, sondern lediglich um die Verbesserung der Prozesse. Optimale Mitarbeiterbefragungen messen allerdings nicht nur die Loyalität, sondern auch die Bindung an die Praxis und die Einbindung in Prozesse und Kommunikation.
Fazit
Mitarbeiterzufriedenheit ist der zentrale KPI für die Ressource Personal. Mit dem englischen Begriff „Key Performance Indicator“ (KPI) werden in der Betriebswirtschaftslehre allgemeine Kennzahlen bezeichnet, die sich auf den Erfolg, die Leistung oder Auslastung des Betriebs, seiner einzelnen organisatorischen Einheiten oder einer Maschine beziehen, so die Definition im aktuellen Gabler-Wirtschaftslexikon. Wie erfolgreich Ihre Praxis ist, hängt in entscheidendem Maß von der Mitarbeiterzufriedenheit ab. Messen Sie lieber heute als morgen, wie zufrieden Ihre Mitarbeiter sind, denn der „War of Talents“ ist in vollem Gang.
In diesem Sinne…
Ihr Christian Henrici
Henrici@opti-hc.de, www.opti-hc.de
*Quelle: Verband medizinischer Fachberufe e. V., Bochum, Oktober 2019