AG Frauenförderung der KZBV

Damen zur Wahl!

Dieses Weiß! Wer in die Ausschüsse der Selbstverwaltung schaut, ist erstmal geblendet. Weiße Männerköpfe überall. Das ist bei den Krankenkassen so, und bei den Ärzten und Zahnärzten nicht anders. Doch was tun? Die Quote ist umstritten – auch und gerade bei Frauen. Mit der neu gegründeten AG Frauenförderung setzt die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) eigene Impulse, um endlich den Weg in die Standespolitik für Frauen frei zu machen.

Frauen an der Spitze? In der Selbstverwaltung immer noch eine Rarität. Das gilt gerade auch für die Zahnmedizin, ungeachtet der Tatsache, dass das Fach zunehmend weiblicher wird. Chefpositionen im Gesundheitswesen sind nach wie vor eine Männerdomäne, wie 2018 aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen hervorging. Per Antrag forderte die Fraktion die Koalition daraufhin auf, „einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Frauenanteil in Selbstverwaltungsgremien und Führungspositionen im Gesundheitswesen stärkt“. Verlangt wird – bezogen auf die Gremien der Ärzte und Zahnärzte – für die Vertreterversammlungen eine „angemessene Repräsentanz von Frauen, die mindestens ihrem Anteil an den Mitgliedern entspricht“, und für die Vorstände eine verbindliche Quote.

Das Thema Parität beschäftigt aktuell die gesamte Gesellschaft, nicht nur die Akteure im Gesundheitswesen. Das im vergangenen Jahr gefeierte 100 Jahre alte Frauenwahlrecht ist sicherlich ein Grund dafür. „Die Jugend muss ran“, hob auch Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel in ihrer zu diesem Anlass gehaltenen Jubiläumsrede hervor. Daher müssten auch jugendgemäße Politikformate gefunden werden – „diese passen dann vielleicht sogar etwas besser mit den frauengemäßen Formaten zusammen“.

Berufspolitik ist für Frauen kein rotes Tuch

Was Zahnärztinnen nun letztlich davon abhält, in die Leitungsetage zu gehen, diskutierte die auf Initiative der KZBV neu gegründete AG Frauenförderung am 4. Juni bei ihrem Auftakttreffen in Berlin. Die Mitglieder – alles Frauen, die in der vertragszahnärztlichen Selbstverwaltung und Standespolitik bereits Führungspositionen innehaben – identifizierten als „Wackersteine“ vor allem schlechte Rahmenbedingungen, fehlende Vorbilder, Männerseilschaften und mangelnde Unterstützung. Außerdem herrsche im Hinblick auf das Ziel zwar Konsens, der Weg – Stichwort Quote – sei gleichwohl weiterhin umstritten.

Einig war man sich, dass Frauen auf Veranstaltungen durchaus präsent sind, nicht aber in den Gremien. Dennoch ist die Berufspolitik für Zahnärztinnen per se kein rotes Tuch: „Es gibt keinen Unterschied zwischen Frauen und Männern in der Bereitschaft, sich zu engagieren“, betonte die Vorsitzende der KZV Baden-Württemberg und neu gewählte AG-Chefin Dr. Ute Maier mit Verweis auf eine aktuelle repräsentative Umfrage ihrer KZV: „Über 50 Prozent der jungen Zahnärzte, davon der größere Anteil Frauen, können sich vorstellen, in der Berufspolitik aktiv zu werden.“

Entscheidend bleibt die Qualifikation

Wichtig sei, die Zugänge zu erleichtern. Das bedeute auch, hierbei Alter und Geschlecht künftig zu berücksichtigen. Zusammengefasst müsse die Tür zur Berufspolitik jedem und jeder offen stehen, in Führungsposition dagegen die Qualifikation entscheidend bleiben. „Wir erwarten als Berufsstand eine Vertretung, die uns qualifiziert vertritt“, bestätigte Meike Gorski-Goebel, stellvertretende Chefin der KZV Sachsen und AG-Vize-Vorsitzende.

„Die KZBV hat lange auf ein organisches Wachstum gesetzt und gehofft, dass sich die enorme Präsenz der Zahnärztinnen an der Uni und im Beruf auch in der Standespolitik durchschlägt“, bilanzierte der KZBV-Vorsitzende Dr. Wolfgang Eßer als Gastgeber. „Aber Frauen wachsen dort leider nicht nach, schon gar nicht so, wie es ihrer Verteilung im Berufsstand entspricht.“

Dieser erste Problemaufriss der AG und die in der Folge skizzierten Lösungsansätze decken sich in sehr hohem Grad mit der Analyse, die die Sachverständigen bei der öffentlichen Anhörung des Ausschusses Gesundheit zu diesem Thema einen Tag später in Berlin abgaben. So plädierte Prof. Dr. Winfried Kluth, Direktor am Interdisziplinären Institut für Medizin-Ethik-Recht der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg dafür, zuerst die strukturellen Nachteile in den Blick zu nehmen und auf dieser Basis unterstützende Maßnahmen wie Freistellungsregelungen bei Ehrenämtern sowie Homeoffice und familienfreundliche Gremienzeiten zu entwickeln.

Die Einschätzungen decken sich

Mentoringprogramme, die Flexibilisierung der Arbeitszeiten und Kinderbetreuungsmöglichkeiten sowie die Bedeutung von weiblichen Vorbildern als mutmachende Beispiele bewerteten die Experten wie auch die AG ebenfalls als vielversprechende Instrumente, um Frauen den Eintritt in Führungsämter zu erleichtern.

Frauen in der Selbstverwaltung

Laut Deutschem Bundestag sind Frauen in Führungspositionen bei Krankenkassen, der Ärzte- und Zahnärzteschaft – generell in der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen – stark unterrepräsentiert. Dies stehe im Gegensatz zum hohen Frauenanteil bei den Beschäftigten im Gesundheitswesen. Obwohl beispielsweise 70 Prozent der Beschäftigten und nahezu die Hälfte der Versicherten bei gesetzlichen Krankenkassen Frauen sind, liegt ihr Anteil in den Vorständen zwischen 0 (Innungskrankenkassen) und 21 Prozent (Betriebskrankenkassen). In den Verwaltungsräten schwankt der Anteil zwischen 10 (Innungskrankenkassen) und 36 Prozent (Ersatzkassen).

Der Frauenanteil unter niedergelassenen Vertragsärzten beträgt 46 Prozent, unter Vertragszahnärzten 38 Prozent. Die Mehrheit der Kassenärztlichen und Kassen‧zahnärztlichen Vereinigungen hat indes kein weibliches Mitglied in ihrem Vorstand. Auch auf Bundesebene sind die Vorstände der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) derzeit rein männlich besetzt. In ihren Vertreterversammlungen liegt der Frauenanteil aktuell bei 18 Prozent (KBV) beziehungsweise bei 5 Prozent (KZBV); auf Landesebene ist er häufig ähnlich niedrig.

Dass die KZBV extrem daran interessiert ist, der Zielsetzung des Antrags zu entsprechen, stellte Eßer heraus, der für die KZBV an der Anhörung teilnahm. „Auch wenn die aktuellen Zahlen zum Frauenanteil in Führungspositionen noch ernüchternd sind“, wie er – mit Verweis auf die langen Wahlperioden für die Gremien der KZBV von sechs Jahren – einräumte. „Die KZBV und die KZVen haben es sich als Selbstverpflichtung zur Aufgabe in den Gremien gemacht, Frauen zu fördern“, betonte Eßer. „Die Quote ist für uns allerdings Ultima Ratio für den Fall, dass die vielfältigen Maßnahmen nicht greifen.“

Es geht darum, Frauen wählbar zu machen

Nachwuchsprobleme habe man in den Gremien der vertragszahnärztlichen Selbstverwaltung im Übrigen sowohl bei jungen Frauen als auch bei jungen Männern: „Die gesetzgeberischen Eingriffe in die Rechte der Selbstverwaltung haben die Arbeit nicht attraktiver gemacht!“ Es gehe darum, Frauen wählbar zu machen, indem man auf den Listen auch Platz für sie schafft, erläuterte Eßer. Damit sie aber dann auch tatsächlich gewählt werden, müsse es Fürsprecher und Mentoringprogramme geben. Fest steht: „Am Ende werden die Alten auch Platz machen müssen für die Jungen.“

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