Barmer-Zahnreport 2019

Die Regelversorgung ist gut, wird aber immer seltener genutzt

In Deutschland werden immer weniger Menschen mit neuem Zahnersatz versorgt: Laut dem aktuellen Zahnreport der Barmer ging der Anteil der GKV-Versicherten ab 20 Jahren, die Prothesen, Brücken oder Zahnkronen bekamen, in den Jahren 2014 bis 2017 um acht Prozent zurück. Die Zahl der Fälle sank von 5,31 auf 4,96 Millionen.

„Geringere Fallzahlen bei Zahnersatz sind der besseren Mundgesundheit in Deutschland zu verdanken. Unser Report zeigt jedoch, dass die Inanspruchnahme der Regelversorgung als Referenzversorgung stetig sinkt“, sagt Prof. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer am 11. Juni in Berlin. Es sei an der Zeit, dass der Gemeinsame Bundesausschuss die Regelversorgung erneut überprüft und an die Entwicklung der Zahnmedizin anpasst, „damit gesetzlich Versicherte am zahnmedizinischen Fortschritt teilhaben können“, so Straub. Zuletzt hatte es eine Überprüfung im Jahr 2013 gegeben.

Trotz sinkender Inanspruchnahme stiegen laut Report die Ausgaben für Zahnersatz in den drei Versorgungsarten: Bei der Regelversorgung fiel der Zuwachs mit 11,3 Prozent in den Jahren 2012 bis 2017 am geringsten aus. Am stärksten legte mit 16,5 Prozent die gleichartige Versorgung zu, die sich vom Standard der Regelversorgung nur in Feinheiten unterscheidet. Für andersartige Versorgungen mit ihren erheblichen Unterschieden zur Regelversorgung stiegen die Ausgaben allein in den Jahren 2014 bis 2017 um mehr als 11 Prozent.

Deutlich sichtbar wird die schwindende Bedeutung der Regelversorgung laut Barmer bei einem Blick auf den Anteil der Versorgungsarten an den Gesamtausgaben: Den größten Block machte im Jahr 2017 die gleichartige Versorgung mit 4,3 Milliarden Euro aus. Die Regelversorgung kam auf 2,37 Milliarden Euro. Den geringsten Anteil hatte mit 1,28 Milliarden Euro die andersartige Versorgung (siehe Grafik).

Im Durchschnitt gaben die Krankenkassen je neu versorgtem Versicherten im Jahr 2017 knapp 1.524 Euro aus, wobei die Ausgaben für Frauen mit 1.551 Euro höher lagen als die für Männer mit 1.495 Euro. Hinzu kamen Eigenanteile von durchschnittlich 879 Euro. Auch hier zahlten die Frauen mit 908 Euro mehr als die Männer, die 849 Euro selber aufwendeten.

Regelversorgung überzeugt bei Haltbarkeit

Der Report belegt nach Ansicht seines Chefautoren Prof. Michael Walter vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, dass die Regelversorgung vor allem für diejenigen die richtige Wahl ist, die Haltbarkeit in den Vordergrund stellen und die Kosten begrenzen wollen. „Die Regelversorgung bewährt sich bei Zahnkronen und Zahnersatz auch im Vergleich zu gleichartigen und andersartigen Versorgungen gut “ , betont Walter. Zahnkronen und festsitzende Br ü cken seien besonders haltbar.

Die Autoren des Reports hatten untersucht, wie gut die Regelversorgung gegenüber anderen Versorgungsarten abschneidet. Für ein differenziertes Bild der Inanspruchnahme, der Ausgaben und der Nutzungsdauer von Zahnersatz wurden Daten der vertragszahnärztlichen Versorgung von 7,25 Millionen Barmer-Versicherten analysiert und auf die Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland hochgerechnet.

„Die Regelversorgung mit Prothese ohne Implantate weist lediglich in Fällen, in denen nur noch wenige oder gar keine Zähne mehr da sind, eine geringere Haltbarkeit gegen ü ber der andersartigen Versorgung auf, bei der die Prothese auf Implantaten befestigt wird. In dieser Klasse von Befunden hat noch keine wissenschaftliche Überpr ü fung der Regelversorgung durch den G-BA stattgefunden. Dies w ä re aber sinnvoll “ , unterst ü tzt Walter die Forderung von Barmer-Chef Straub. „Ohne dieser Überpr ü fung vorzugreifen, gibt es klare Belege daf ü r, dass vor allem Patientinnen und Patienten mit zahnlosem Unterkiefer von einer auf zwei Implantaten gest ü tzten Zahnersatzversorgung deutlich profitieren würden“, so Walter.

Systematische Behandlung von Parodontopathien

Rund jeder vierte Patient der Barmer nahm 2017 parodontaldiagnostische Leistungen in Anspruch, zu denen neben der Befundaufnahme (Parodontalstatus) auch die Erhebung des PSI-Codes gezählt wurde. Mit 25,9 Prozent (Männer: 24,3 Prozent, Frauen: 27,4 Prozent) lag die Zahl höher als im Vorjahr. Therapeutische Leistungen wurden mit einem Prozentsatz von 1,8 in Anspruch genommen. Die Therapiekosten beliefen sich auf durchschnittlich 12,89 Euro für die Erhebung eines PSI-Codes und auf 450,98 Euro für eine Parodontaltherapie.

Auffällig ist, dass nahezu doppelt so viele einwurzelige wie mehrwurzelige Zähne behandelt wurden. Die offene Kürettage / chirurgische Therapie wurde lediglich zu 1,2 Prozent aller Leistungen des BEMA-Teils 4 abgerechnet. Zudem konnten auch regionale Unterschiede verzeichnet werden. So lagen die Inanspruchnahmeraten in Bayern im Jahr 2012 nahezu doppelt so hoch wie beispielsweise im Saarland. Diese Unterschiede werden aber von Jahr zu Jahr geringer.

Quelle: Rädel M, Bohm S, Priess HW, Reinacher U, Walter M (2019): Zahnreport 2019. Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse. Band 15, Berlin: BARMER. ISBN: 978–3–946199–21–2

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.