Dentalamalgam wird schrittweise verringert
Zu den Maßnahmen gehören eine verbesserte Kariesprävention, quecksilberfreie Füllmaterialien und Informationen darüber, wie die Alternativen in der Praxis umgesetzt werden sollen.
Hintergrund
Seit dem 1. Juli 2018 darf Dentalamalgam gemäß der EU-Quecksilber-Verordnung grundsätzlich nicht mehr für zahnärztliche Behandlungen von Milchzähnen, von Kindern unter 15 Jahren und von schwangeren oder stillenden Patientinnen verwendet werden. Ausnahme: Der Zahnarzt erachtet eine solche Behandlung wegen spezifischer medizinischer Erfordernisse als zwingend notwendig.
Hintergrund dieser Bestimmung ist das internationale Übereinkommen von Minamata, das Gesundheit und Umwelt vor Emissionen und Freisetzungen von Quecksilber und Quecksilberverbindungen schützen soll. Die Mitgliedstaaten haben das Übereinkommen durch die EU-Quecksilberverordnung umgesetzt. Sie sind verpflichtet, einen Nationalen Aktionsplan zu erstellen, der Auskunft über die beabsichtigten Maßnahmen zur weiteren Reduzierung von Dentalamalgam gibt. In Deutschland hatte das Phase-Down der Amalgam-Nutzung bereits in den 1980er Jahren eingesetzt. Das Kabinett hat den deutschen Nationalen Aktionsplan jetzt erarbeitet und am 10. Juli 2019 vorgestellt.
Auf Basis des Minamata-Abkommens und der EU-Quecksilberverordnung wie auch anderer Informationen wird die EU-Kommission bis zum 30. Juni 2020 einen Bericht vorlegen, in dem der Frage nachgegangen wird, ob auf lange Sicht beziehungsweise bis 2030 ein vollständiger Ausstieg aus der Nutzung von Dentalamalgam möglich ist (Art. 19 Absatz 1 Buchstabe b der EU-Quecksilber-Verordnung).
Danach verfolgt die Bundesregierung das Ziel, Amalgam auf unverzichtbare Spezialfälle zu beschränken und - bei vollständigem Ersatz durch quecksilberfreie Füllstoffe - eine medizinisch vollwertige und effektive Versorgung aller Bevölkerungsschichten zu gewährleisten. Sie will auch die Einleitung von Quecksilber über die Abwassersysteme in die Fließgewässer weiter senken.
Die Maßnahmen im Einzelnen
Prävention weiter stärken:
Die Bundesregierung will den Weg eines an den Grundsätzen der Prävention und der Zahnerhaltung ausgerichteten Versorgungssystems weiterverfolgen. Im Fokus steht dabei besonders die Verhinderung frühkindlicher Karies. Mit dem Präventionsgesetz wurde 2015 beschlossen, dass zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen auch bei Kindern vor dem dritten Lebensjahr durchzuführen sind.
Die Regierung will die Umsetzung dieses Beschlusses durch die Krankenkassen und die Spitzenorganisationen der Zahnärzteschaft eng begleiten. Auch die zahnmedizinische Gruppenprophylaxe für Kinder und Jugendliche in Kindertagesstätten und Schulen soll weiter gestärkt werden. Diese hat sich laut Aktionsplan als besonders geeignet erwiesen, um auch diejenigen Kinder und Jugendliche einzubeziehen, die durch andere Präventionsangebote oft nur schwer zu erreichen sind. Weiter entwickelt werden auch die in den letzten Jahren aufgelegten Programme zur Verbesserung der Zahngesundheit von Menschen mit Behinderungen und Pflegebedürftigen.
Im Rahmen des Innovationsfonds in der gesetzlichen Krankenversicherung, der neue Versorgungsformen und Projekte zur Versorgungsforschung fördert, werden auch Projekte zur Verbesserung der Mundgesundheit unter anderem von Pflegebedürftigen und von Menschen mit Migrationshintergrund gefördert.
Ausbildung und Schule:
Die Lehrpläne der Universitäten und Fachschulen für die Ausbildung des zahnärztlichen Personals spiegeln die Anforderungen zur Reduzierung von Dentalamalgam wider. Der Plan sieht vor, dass vor allem die Kenntnisse für die Anwendung von alternativen Füllmaterialien vermittelt werden sollen.
Informationen von Patienten in der Öffentlichkeit:
Der Plan unterstreicht, dass Patienten über die Möglichkeiten zur Behandlung von Kavitäten informiert sein müssen. Sie müssen über die Informationen verfügen, um eine informierte Entscheidung treffen zu können.
Deshalb verweist der Plan auf die Patientenberatungsstellen der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und Zahnärztekammern sowie das von der Bundesregierung geförderte Beratungsangebot der "Unabhängigen Patientenberatung Deutschland" (UPD), das auch für Fragen zur zahnärztlichen Versorgung zur Verfügung steht.
Eintrag von Dentalamalgam in die Abwassersysteme minimieren:
Wie der Nationale Aktionsplan anführt, ist in Deutschland die Verwendung von Abscheidern zur Rückhaltung von Dentalamalgam aus dem Abwasser von Zahnarztpraxen seit Anfang der 1990er Jahren vorgeschrieben. Der Gehalt von Quecksilber im Klärschlamm ist zwar zugleich deutlich gesunken, ist aber mancherorts weiterhin zu hoch. Die Bundesregierung will deshalb in den Dialog mit den zuständigen Behörden auf Bundes- und Landesebene treten, um zu eruieren, wie die wasserrechtlichen Vorschriften zur Vermeidung des Eintrags von Dentalamalgam in das Abwasser umgesetzt werden und ob eine Senkung des Umwelteintrags möglich ist.
Überprüfung und Beratung:
Die Senkung der Verwendung von Amalgam wird in regelmäßigen Abständen überprüft. Hierzu werden in Zusammenarbeit mit den Spitzenorganisationen der Zahnärzteschaft und zahnmedizinischen Fachgesellschaften vorhandene Daten zusammengeführt und veröffentlicht, die Auskunft über den relativen Anteil der mit Amalgam ausgeführten Füllungen erlauben. Dies soll erstmalig für das Jahr 2020 erfolgen. Die Ergebnisse der Erhebungen wie auch die Fortschritte in den anderen genannten Maßnahmenbereichen werden gemeinsam mit Behörden und Spitzenorganisationen der Zahnärzteschaft und Nichtregierungsorganisationen beraten.
Die Bundesregierung tritt in den Dialog mit den zuständigen Behörden auf Bundes- und Landesebene, um zu eruieren, wie die wasserrechtlichen Vorschriften zur Vermeidung des Eintrags von Dentalamalgam in das Abwasser umgesetzt werden und ob eine Senkung des Umwelteintrags möglich ist.
In einem Gespräch mit den nationalen Spitzenorganisationen der Zahnärzteschaft und Nichtregierungsorganisationen wurden für den Nationalen Aktionsplan Informationen zur Ausgangslage erhoben und mögliche Maßnahmen erörtert. Die Ergebnisse sind in den Plan eingeflossen. Der Nationale Aktionsplan ist kein eigener Gesetzesakt, stellt aber die Umsetzung einer Verpflichtung der Bundesregierung zur genannten EU-Verordnung dar. Er wird in diesem Jahr zum ersten Mal erstellt und soll in den Folgejahren periodisch aktualisiert werden.
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