Fremdinvestoren: Patientenschutz berufsrechtlich absichern
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nachdem das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) nun in Kraft getreten ist, wird es Zeit zu schauen, welche Effekte sich daraus für die Entwicklung der Beteiligungen von Fremdinvestoren an Zahnarztpraxen ergeben. Wir erinnern uns: Das im März im Bundestag verabschiedete Gesetz enthält Beschränkungen für Investoren-MVZ, die deren Zahnarztzahlen je nach Versorgungsgrad im jeweiligen Planungsbereich auf einen Anteil von 5, 10 oder 20 Prozent begrenzen. Es ist kein Geheimnis, dass wir uns in den standespolitischen Vertretungen mehr erhofft hatten. Aber wir sind froh, dass der Gesetzgeber hier einen ersten Aufschlag vorgelegt hat.
Wie wirken sich nun die neuen TSVG-Regelungen zu den Investoren-MVZ aus? Nach der Verabschiedung des Gesetzes gab es gemischte Reaktionen seitens der Investoren. Einig war man sich in der Branche mit der Einschätzung, dass es für die Investoren weit schlimmer hätte kommen können. Dem Beratungsunternehmen Capitalmind zufolge besteht „unverändert ein sehr großes Potenzial für die Konsolidierung im zahnärztlichen Bereich“. Die Analysten rechnen in einem aktuellen Bericht vor, dass ein Investor bundesweit immer noch etwa 4.000 Zahnärzte in einer Trägerstruktur anstellen könne. Wohlgemerkt, dabei handelt es sich nach den Informationen des Beratungsunternehmens um das Potenzial eines einzigen Investors. Zählt man nur die zehn bekannten, im Dentalmarkt aktiven Investoren in Deutschland zusammen, könnten diese theoretisch Marktanteile von über 50 Prozent erreichen.
Bereits aus diesen Zahlen wird deutlich, dass uns das Thema weiter beschäftigen wird. Unter anderem auch deshalb, weil quantitative Limitierungen das Problem zwar einhegen, aber letztlich nicht lösen können. Der Bonner Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Gregor Thüsing hat in einem kürzlich erschienenen Beitrag für die „Neue Zeitschrift für Sozialrecht“ die Gründe sehr deutlich benannt: Mit dem TSVG sollte „verhindert werden, dass fremdem Kapitalgeber weisungsgebundene Zahnärzte zur Steigerung der Rentabilität mit unzulässigem Druck zu unethischen Praktiken angehalten werden könnten: ‚Bei uns nur die teureren Kronen‘. Gefährdungen der Therapiefreiheit sind Gefährdungen des Patienten.“ Angesichts dieses angepeilten Ziels fragt Thüsing, „ob der Gesetzgeber hier nicht auf halbem Weg stehengeblieben ist.“
Damit spricht der Rechtswissenschaftler, der unter anderem Mitglied der wissenschaftlichen Kommission des Bundesgesundheitsministeriums zur ärztlichen Honorierung ist, uns Zahnärzten aus dem Herzen. Es ist vor allem die zunehmende Kommerzialisierung im zahnärztlichen Berufsstand, die uns mit tiefer Sorge erfüllt und den Hintergrund für unsere Positionen zu Fremdinvestoren in der Zahnmedizin bildet. In Paragraf 1 des Zahnheilkundegesetzes heißt es: „Die Ausübung der Zahnheilkunde ist kein Gewerbe.“ Dazu stehen wir und ich denke, keiner der gesundheitspolitischen Akteure möchte von diesem Paradigma abrücken, das der Gesetzgeber einst zuvorderst im Sinne des Patientenschutzes formuliert hat. Wir müssen jedoch zur Kenntnis nehmen, dass die Entwicklungen rund um die Fremdinvestoren, die im Gegensatz zu den gesetzlichen Intentionen eben die Zahnmedizin als Gewerbe für sich entdecken, eine Präzisierung der gesetzlichen Regelungen geradezu herausfordern. Deshalb plädieren wir für eine Ergänzung des Zahnheilkundegesetzes. Danach sollten Zahnarztgesellschaften als juristische Personen des Privatrechts ausschließlich von Zahnärzten betrieben werden können, die Mehrheit der Gesellschaftsanteile und Stimmrechte bei Zahnärzten liegen und Dritte nicht am Gewinn beteiligt sein – eine Regelung übrigens, wie sie bei allen anderen Freien Berufen schon besteht. Mit einer solchen Ergänzung wäre sichergestellt, dass weiterhin die Zahnmedizin und nicht die Merkantilisierung in der Patientenbehandlung die entscheidende Rolle spielt.
Dr. Peter Engel
Präsident der Bundeszahnärztekammer