jameda verliert gegen klagende Zahnärzte
Im vergangenen Jahr hatte sich eine Kölner Hautärztin vor dem Bundesgerichtshof (BGH) gegen jameda durchgesetzt, weil sie nicht wollte, dass das Bewertungsportal seinen Nutzern ein Profil mit ihren Praxisdaten anbietet [BGH, 2018]. jameda hatte die Löschung ihres Profils abgelehnt. Die Ärztin berief sich darauf, dass ihre Daten nichtohne ihre Zustimmung genutzt werden dürften. Hauptargument von jameda: Das Portal soll eine vollständige Auflistung aller Ärzte bereithalten dürfen, um „Leistungstransparenz im Gesundheitswesen“ zu schaffen. Daher dürfe es nicht nur Profile für seine zahlenden Kunden, sondern für alle Ärzte anlegen.
Der BGH sah das anders: jameda verhalte sich nicht (mehr) neutral und verschaffe zahlenden Kunden „verdeckte Vorteile“. Daher durften die Daten der Ärztin nicht ohne ihre Zustimmung verwendet werden.
Das Portal listet nach wie vor alle Ärzte
Doch nach wie vor sind in dem Portal alle niedergelassenen Ärzte aufgeführt und können dort anonym bewertet werden. Wer sich gegenüber jameda auf die BGH-Entscheidung beruft und eine Löschung des Profils verlangt, wird abgewiesen. jameda verweist darauf, eine vom BGH beanstandete Werbung auf den Profilen von Nicht-Kunden beseitigt wie auch andere Details in der Profildarstellung geändert zu haben. jameda sei weiterhin „unverzichtbare Mittelsperson“ für den Austausch von Patientenerfahrungen. Die Ärzte, die eine Profillöschung verlangen, berufen sich demgegenüber auf mangelnde Neutralität, soweit die Möglichkeit, gegen Entgelt das eigene Profil aufbessern zu können, für den Portalnutzer nicht erkennbar ist und daher bezahlte Einträge attraktiver als die „Zwangsprofile“ sind.
Inzwischen waren wieder die Gerichte mitdieser Frage befasst. In drei Entscheidungen aus diesem Jahr wurde erneut den Ärzten Recht gegeben [LG Bonn, Wuppertal, 2019]. In ihren Klagen hatten zwei Zahnärzte und eine Heilpraktikerin vorgetragen, dass die Veränderungen auf dem Portal nicht den von jameda behaupteten Effekt hätten. Weiterhin benutze jameda die ungewollt angelegten „Basis-Profile“, um für die zahlenden Kunden (indirekt) Werbung zu machen, zum Beispiel durch das Einblenden von Hinweisen auf „Ärzte für spezielle Behandlungsgebiete“, was bei den Premium-Kunden unterbleibt.
Außerdem verschaffe jameda den Profilen zahlender Kunden höhere Aufmerksamkeit durch die Möglichkeit, die Darstellung durch ein Porträtbild, einen ansprechenden Text und verschiedene andere Elemente aufzuwerten. Nach Ansicht der Kläger liegen die Voraussetzungen für eine Datennutzung ohne Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 f DSGVO nicht vor. Nach dieser Regelungwäre eine Nutzung „zur Wahrung der berechtigten Interessen“ von jameda nur zulässig, wenn nicht die Interessen der betroffenen Ärzte überwiegen. Aufgrund der Vermischung der Gemeinwohlinteressen mit den kommerziellen Zielen der Plattform wäre deren Höherbewertung aber nicht zu rechtfertigen.
jameda dagegen versucht weiterhin den Gedanken der Transparenz nach vorne zu stellen: Man wolle den Menschen eine Übersicht über die in Deutschland tätigen Ärzte verschaffen und eine Entscheidungshilfe bei der Arztwahl bieten und bewege sich damit im Rahmen des Schutzbereichs der Meinungsfreiheit. Hinsichtlich der Bewertungen verhalte man sich neutral. Portalnutzer würden durch die Einblendung von „Premiumfähnchen“ darauf hingewiesen, wenn es sich um bezahlte Profile handele, und verdeckte Vorteile im Sinne der BGH-Entscheidung würden nicht gewährt. Daher bestünde kein Anspruch auf Profillöschung.
Trotz aller Anpassungen ist jameda nicht neutral
Die Gerichte mussten eine Interessenabwägung zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Ärzte und der Kommunikationsfreiheit, auf die sich jameda stützt, vornehmen. Diese fiel im Ergebnis zugunsten der Ärzte aus, denn trotz der diversen Anpassungen in dem Portal verhalte sich jameda „nicht wie ein neutraler Informationsmittler“ und gewähre zahlenden Kunden zahlreiche verdeckte (und auch nicht verdeckte) Vorteile, ohne dass für den Portalnutzer deutlich werde, dass die ansprechend ausgestalteten Premium-Profile eine bezahlte Leistung sind. Auch die „Premiumfähnchen“ seien nicht geeignet, für eine hinreichende Aufklärung zu sorgen. Berücksichtigt wurde unter anderem auch, dass sich Ärzte durch die unterschiedliche Gestaltung der Profile zu einer Mitgliedschaft gedrängt fühlen könnten.
Noch ist die Angelegenheit aber nicht endgültig geklärt – jameda ist in allen Verfahren in Berufung gegangen, so dass nun die Oberlandesgerichte entscheiden werden. Im Herbst geht es weiter.
Dr. Frauke Schmid-Petersen
Höcker Rechtsanwälte
Friesenplatz 1, 50672 Köln
Die Autorin ist Rechtsanwältin, seit 1999 auf dem Gebiet des Medienrechts tätig und war in den genannten Verfahren als Prozessvertreterin für die jeweiligen Ärzte tätig.
Literatur
- BGH, Urteil vom 20.2.2018,Az.: VI ZR 30/17.
- LG Bonn, Urteile vom 28.3.2019,Az.: 18 O 143/18, und vom 29.3.2019,Az.: 9 O 157/18
- LG Wuppertal, Urteil vom 29.03.2019,Az.: 17 O 178/18.