OLG Frankfurt revidiert erstinstanzliches Urteil

jameda muss schlechte Bewertung und Arztprofil nicht löschen

„Arrogant, unfreundlich, unprofessionell.“ Mit dieser Bewertung wollte sich eine Augenärztin nicht abfinden und klagte gegen das Arztbewertungsportal jameda auf Löschung. 2019 bekam sie recht. Jetzt wurde das Urteil revidiert.

Anfang 2018 erfuhr die Ärztin, dass auf jameda zu ihrem Profil eine negative Bewertung abgegeben wurde, in der sie als „arrogant, unfreundlich, unprofessionell“ bezeichnet wurde. Sie bat um die Löschung dieser Bewertung und um die Mitteilung des Urhebers der Kritik. Letzteres wurde abgelehnt, die Bewertung indes in der Folgezeit zunächst unsichtbar, nach einem Diskurs mit der Rezensentin aber wieder sichtbar gemacht. Auch die Löschung der Basisdaten der Ärztin lehnte jameda ab.

Daraufhin klagte die Medizinerin. Sie vertrat die Ansicht, die Beklagte sei zur Löschung der Daten verpflichtet, da sie ihr Arztsuche- und Arztbewertungsportal rein aus wirtschaftlichen Gründen und mit der Absicht Gewinn zu erzielen betreibe und sich deshalb nicht auf die Meinungs- und Medienfreiheit berufen könne. Jedenfalls sei ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung vorrangig zu bewerten, argumentierte die Ärztin und forderte die Löschung ihres Basisprofils. Das Landgericht (LG) Hanau gab ihr am 8. November 2019 (Az. 7 O 599/18) recht.

jameda beruft sich auf das „Medienprivileg“

jameda legte Berufung ein, rügte Rechtsfehler und verwies darauf, dass es sich aufgrund der farblichen Hervorhebung der Premiumkunden in als „Anzeige“ bezeichneten Feldern keinesfalls um verdeckte Vorteilsverschaffung handele. Außerdem müsse nach Einführung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) geklärt werden, ob die Portale nicht unter das Medienprivileg fallen, zumal Freitextkommentare erfolgen könnten, denen ein meinungsbildender Charakter zukomme. Mit der DSGVO müsse zudem nunmehr entscheidend auf die weite Auslegung des EuGH zum Begriff „Journalismus“ abgehoben werden.

Weiter argumentierte jameda, bei den im Basisprofil der Klägerin verarbeiteten Daten gehe es um solche, die über die Kassenärztliche Vereinigung öffentlich zugänglich seien – und „mit dem erheblichen öffentlichen Interesse an der vollständigen Listung von Ärzten in Bewertungsportalen“ verarbeitet würden. Das wirtschaftliche Interesse der Beklagten stehe dem nicht entgegen, „da das fungieren als Werbeplattform lediglich Folge, nicht aber Zweck der Datenverarbeitung sei“.

Das OLG Frankfurt revidierte am 9. April 2020 das vorangegangene Urteil des LG Hanau. Eine unrechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten ist nicht gegeben, urteilten die Richter – stellten aber auch klar, dass sich die Beklagte nicht auf das Medienprivileg berufen könne. „Auch bei weiter Auslegung journalistischer Tätigkeit geht es bei der vorliegenden Datenverarbeitung durch die Beklagte nur um die Ansammlung und Verwaltung fremder Meinungsäußerungen in Form der Patientenbewertungen; dies stellt keine eigene journalistische Tätigkeit eines Portalbetreibers dar [...].“

Die Datenverarbeitung ohne Einwilligung ist laut Senat trotzdem rechtens, da „sie zur Wahrung der berechtigten Interessen [...] von Dritten erforderlich ist“, was die Grundrechte der Ärztin überwiegt.

OLG: Premiumkunden haben keine verdeckten Vorteile

Laut OLG verschafft jameda seinen zahlenden Premiumkunden keine „verdeckten“ Vorteile, entgegen der Ansicht des LG Hanau verlässt jameda nicht die Funktion eines neutralen Informationsvermittlers. Das OLG ist nicht der Ansicht, dass andere Ärzte als Werbeplattform für die zahlenden Konkurrenten dienen – denn bei dieser Interpretation werde übersehen, dass sich ja auch die Premiumkunden untereinander Konkurrenz machen.

Die Bezeichnungen „arrogant, unfreundlich und unprofessionell“ müsse die Ärztin hinnehmen, da sie dadurch nicht in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt worden sei. „Vielmehr handelt es sich um Meinungsäußerungen, die die Grenze zur Schmähkritik nicht überschreiten“, urteilten die Richter. „Diese Äußerungen beruhen auch auf einem Besuch der Kritikerin bei der Klägerin, entbehren also nicht jeder Tatsachengrundlage.“

OLG Frankfurt

Az.: 16 U 218/18

Urteil vom 9. April 2020

Stellungnahme jameda

„Wir möchten Patienten einfach und stressfrei Zugang zur richtigen ärztlichen Behandlung verschaffen und sehen in vollständigen Arztlisten die notwendige Grundlage dafür. Daher freuen wir uns, dass das OLG Frankfurt dem Informationsbedürfnis der Patienten einen hohen Stellenwert beimisst und vollständige Arztlisten auf jameda bestätigt“, heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens.

Es sei erklärtes Ziel, „Patienten wie Ärzten auf Basis digitaler Angebote die Kommunikation sowie den Alltag zu erleichtern. Dies kann nur in einem partnerschaftlichen Miteinander gelingen, für das wir uns in Zukunft noch stärker einsetzen werden“, wird Geschäftsführer Dr. Florian Weiß zitiert.

Vollständige Arztlisten sind aus jamedas Perspektive „die Grundlage für freie Arztwahl und Transparenz über ärztliche Qualität“, mit kostenpflichtigen Angeboten gehe außerdem „niemals eine Bevorzugung der zahlenden Ärzte bei der Zusammenstellung der Ranglisten oder im Umgang mit deren Bewertungen einher“.

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