Autotransplantation von dritten Molaren
Die Autotransplantation eines Zahnes kann als dessen geplante Bewegung von einer Stelle im Kiefer zu einer anderen definiert werden. Hierbei handelt es sich um eine Technik mit jahrhundertealter Geschichte, die heutzutage häufiger in der Kinderzahnheilkunde eingesetzt wird, wobei typischerweise Prämolaren mit (teilweise) offenem Apex zum Ersatz fehlender Frontzähne verwendet werden. Die Autotransplantation der dritten Molaren stellt eine Option dar, um erste oder zweite Molaren zu ersetzen. Klassische Indikationen sind ein vorzeitiger oder ein traumatischer Zahnverlust, impaktierte, ektop wachsende oder fehlende Zähne, Tumore, iatrogene Verletzungen und Zähne mit schlechter Prognose.
Armstrong et al. [2020] fassten in ihrem Artikel „Autotransplantation von dritten Molaren: eine Literaturübersicht und vorläufige Protokolle“ die aktuelle Evidenz narrativ zusammen. Insgesamt konnten neun Artikel inkludiert werden – Fallberichte, Fallserien und prospektive Studien. Als prognostische Erfolgsfaktoren wurden die geeignete Patientenselektion (motiviert, kooperativ, gute orale Hygiene und guter Gesundheitszustand), eine Empfängerstelle ohne Infektionszeichen und mit einem ausreichenden Knochenangebot sowie ein geeigneter zu transplantierender Zahn (ohne abnormale Wurzelmorphologie) identifiziert.
Optimal für eine Autotransplantation sind Zähne mit einem nicht abgeschlossenen Wurzelwachstum (2/3 Wurzellänge), wobei auch Zähne mit abgeschlossenem Wurzelwachstum verwendet werden können. Des Weiteren sollte der zu transplantierende Zahn atraumatisch entfernt und vorsichtig – bei einer möglichst kurzen extraoralen Zeit – behandelt werden, um eine übermäßige Beschädigung der PDL-Fasern zu vermeiden. Die Empfängerstelle muss auf die Größe des zu empfangenden Zahnes aufbereitet werden, was die Entfernung von inter-alveolären Septen beinhalten kann. Die alveoläre Knochenbreite der Empfängerstelle sollte ebenfalls in Bezug auf die Spenderzahnbreite berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass keine übermäßige Belastung oder Resorption auftritt. Wenn 3-D-gedruckte Analoga des Spenderzahns hergestellt werden, kann dies die extraorale Zeit und die Häufigkeit des Einführens des Spenderzahns in die Empfängerstelle minimieren. Nach der Transplantation wird der Zahn flexibel, zum Beispiel über Nähte, für sieben bis zehn Tage stabilisiert, wobei auch lediglich die Friktion an den Nachbarzähnen ausreichend sein kann.
Weitgehend ungeklärt bleibt die Frage nach der Notwendigkeit einer endodontischen Behandlung der transplantierten Zähne, wobei die meisten Autoren aus der zurate gezogenen Literatur bei Zähnen mit abgeschlossenem Wurzelwachstum eine elektive Wurzelkanalbehandlung nach ein bis vier Wochen empfehlen. Unter diesen Kautelen lassen sich Erfolgsraten von bis zu 90 Prozent über eine Nachsorgezeit von mehr als zehn Jahren erreichen.
Zusammengefasst ist die für die Autotransplantation dritter Molaren verfügbare Literatur, insbesondere unter Berücksichtigung größerer Studien, begrenzt, die aufgezeigten Erfolgsquoten sind jedoch vielversprechend. Diese Technik bietet potenziell eine bessere Alternative zu festsitzenden oder herausnehmbaren prothetischen Lösungen, wobei insbesondere die Präparation benachbarter Zähne vermieden werden kann. Doch eine sorgfältige Patientenauswahl und die langfristige Nachsorge bleiben entscheidend für den Erfolg der Autotransplantation.
PD Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, MA, FEBOMFS
Leitender Oberarzt und stellvertretender Klinikdirektor
Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz
Augustusplatz 2, 55131 Mainz
peer.kaemmerer@unimedizin-mainz.de
Quelle:
Armstrong, L., O’Reilly, C. & Ahmed, B.: Autotransplantation of third molars:a literature review and preliminary protocols. Br Dent J 228, 247–251 (2020). doi.org/10.1038/s41415–020–1264–9