Experten wollen EBM und GOÄ „partiell harmonisieren“
Die KOMV hat ihren Ergebnisbericht an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn übergeben. Wie das Bundesgesundheitsministerium meldet, wird unterschieden zwischen Bausteinen, die gemeinsam weiterentwickelt werden, und Bereichen, bei denen Unterschiede bewusst erhalten bleiben sollten.
Zu den gemeinsamen Bausteinen gehören die Definition der ärztlichen Leistungen („Leistungslegendierung“) und die relative Kostenbewertung, das heißt, die ökonomische Bewertung der Leistungen im Vergleich zueinander. Für beides sollen nach Auffassung der Kommission neue gemeinsame Gremien der vertrags- und privatärztlichen Versorgung zuständig sein.
Die Preise sollen hingegen weiterhin getrennt für GKV und PKV vereinbart werden. Dabei können neben den Kosten auch andere Gesichtspunkte einfließen, wie regionale, fachspezifische und mengenbezogene Aspekte. Angesichts der bestehenden sehr unterschiedlich gestalteten Versicherungssysteme empfiehlt die KOMV keine gemeinsame Honorarordnung mit einheitlichen Preisen.
Weiterhin getrennte Preise für GKV und PKV
Aus Gründen des Patienten- beziehungsweise Verbraucherschutzes schlägt die Kommission außerdem vor, dass Mindestqualitätsstandards für die vertrags- und die privatärztliche Versorgung künftig gemeinsam und einheitlich definiert werden. Darüber hinaus sollen die Verhandlungspartner auch noch weitergehende Anforderungen festlegen können. Schließlich sollen die Koordination zwischen Krankenhäusern und ambulanten Ärzten und das Arbeiten im Team gefördert sowie Anreize zur besseren Versorgung im ländlichen Raum gesetzt werden.
Für den KOMV-Vorsitzenden Prof. Dr. Wolfgang Greiner stellt das Modell der partiellen Harmonisierung „eine sinnvolle Weiterentwicklung hin zu einem modernen Vergütungssystem“ dar. Es biete zahlreiche Vorteile gegenüber dem heutigen System: „Transparenz und Praktikabilität werden erhöht. Langfristig sind erhebliche Synergieeffekte zu erwarten, da nicht mehr zwei Leistungsverzeichnisse und Kostenkalkulationen separat gepflegt werden müssen. Fehlanreize zur Unter- und Überversorgung werden gemindert, was die Versorgungsqualität fördert.“
Vor dem Hintergrund der Reformbedürftigkeit der historisch gewachsenen ambulanten Vergütungsordnungen in der gesetzlichen Krankenversicherung und der privatärztlichen Versorgung hatte die KOMV den Auftrag, Vorschläge zur Schaffung eines modernen Vergütungssystems vorzulegen.
Den vollständigen Bericht finden Sie unter www.bundesgesundheitsministerium.de/Bericht-KOMV
Gemischte Resonanz
Ärzte- und Fachverbände begrüßen die Vorschläge, die ärztlichen Honorarordnungen partiell zu harmonisieren, aber keine einheitliche Gebührenordnung auf den Weg zu bringen.
BÄK: Die Notwendigkeit der Dualität wurde bestätigt
Ärztepräsident Dr. Klaus Reinhardt stellte heraus, dass die Kommission die Notwendigkeit der Dualität von GKV und PKV bestätigt habe. Er forderte als erste Konsequenz aus den Empfehlungen der KOMV, die GOÄ-Novelle jetzt zügig umzusetzen. Die notwendigen Reformen an den jeweiligen Vergütungssystemen dürften nicht weiter verzögert werden.Laut dem Vorschlag der KOMV soll zunächst eine gemeinsame Leistungslegendierung aus den Honorarsystemen entstehen. Reinhardt plädiert dafür, dass der bereits von der BÄK, dem PKV-Verband und der Beihilfe vorbereitete Vorschlag für eine novellierte GOÄ als Grundlage genommen wird, um Reformen in den Vergütungssystemen zu starten.
Zi: Wissenschaftlich interessant, aber nicht praktikabel
In einer gemeinsamen Presseerklärung äußerten sich das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi) und die KBV. „Der Vorschlag der KOMV für eine ‚partielle Harmonisierung‘ der ambulanten ärztlichen Vergütungssystematiken in der vertragsärztlichen Versorgung für GKV-Versicherte (EBM) und der privatärztlichen Versorgung (GOÄ) muss differenziert bewertet werden“, fordert der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried: „Er mag wissenschaftlich interessant sein, praktikabel ist er nicht. Denn der sogenannte Gemeinsame Leistungsausschuss wäre mit Aufgaben überfrachtet.“
KBV: Die Vertragsärzte brauchen eine echte Gebührenordnung in Euro
KBV-Chef Dr. Andreas Gassen ergänzte, die Vertragsärzte bräuchten eine echte Gebührenordnung in Euro, die solide betriebswirtschaftlich kalkuliert sei und Investitionen in die ambulante Medizin fördere. Gassen: „Die Kommission hat die unterschiedlichen Realitäten und Voraussetzungen von GOÄ und EBM erkannt. Sie hat richtig eingeschätzt, dass eine einzige Gebührenordnung nicht die dafür erforderliche Flexibilität mit sich bringt.“
PKV: Dieses modelltheoretische Ergebnis ist ungeeignet für eine konkrete Umsetzung
Die PKV verweist auf das umfassende Konzept zur Modernisierung der GOÄ, das bereits vorliegt. Der Vorschlag der KOMV für eine ‚partielle Harmonisierung‘ ist für die PKV offenkundig der Versuch eines Kompromisses nach kontroversen wissenschaftlichen Debatten in der Kommission. PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther erklärte: „Dieses modelltheoretische Ergebnis eignet sich allerdings nicht für eine konkrete Umsetzung in die technische, juristische und medizinische Praxis der ärztlichen Vergütung.“
NAV-Virchow-Bund: Die Erklärung ist eine Absage an die Bürgerversicherung
Der Bundesvorsitzende des NAV-Virchow-Bundes, Dr. Dirk Heinrich, sieht in der Erklärung der Kommission ein klares Bekenntnis zum dualen Versicherungssystem und damit eine Absage an die Bürgerversicherung. In einem Podcast der Ärzte Zeitung (29.1.) erklärte er, aus dem Votum der KOMV könne man schließen, dass es keinen Hinderungsgrund mehr gebe, eine aktuelle und mit der PKV und Beihilfe abgestimmte GOÄ zügig in Kraft zu setzen.
Hartmannbund: Warnung vor bürokratischen Strukturen
Eine Warnung kommt vom Hartmannbund: Bei den Vorschlägen zur Bildung der neuen Institutionen (Gemeinsamer Leistungsausschuss sowie Gemeinsames Institut) befürchtet er, dass an dieser Stelle neue bürokratische und kostenintensive Strukturen geschaffen werden könnten, ohne die Rahmenbedingungen für die ambulante Versorgung konkret zu verbessern.
Freie Ärzteschaft: Die Vorschläge eignen sich nicht als GOÄ-Aufwertung!
Kritik kommt von der Freien Ärzteschaft (FÄ): „Die Vorschläge eignen sich nicht dafür, die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) aufzuwerten – das ist aber längst überfällig“, betonte der FÄ-Vorsitzende Wieland Dietrich. Ebenso wenig ließen sich die gravierenden Honorarprobleme im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mildern.