Die zm-kolumne rund um die relevanten Praxisfragen

So kommt Ihre Praxis durch die Corona-Krise!

Die aktuelle Situation hat ganz abgesehen von den Vorgaben seitens der Politik bereits viele Unternehmen veranlasst, Ihre Mitarbeiter von zu Hause arbeiten zu lassen. Doch nicht alle Arbeiten lassen sich ins Homeoffice verlagern, so auch die Arbeitsleistungen von Zahnarztpraxen. Die notwendigen infektionsprophylaktischen Maßnahmen in Kombination mit aus verschiedenen Gründen massiv reduzierten Terminen führt nun zu drastischen Einnahmeausfällen bei den Praxen, die auch durch die Zusage der KZBV, dass die Abschlagszahlungen weiter fließen werden, im Ergebnis die Kosten nicht decken werden. Falls Sie in der Analyse Ihrer Praxissituation zu dem Ergebnis kommen, dass die Praxiskosten und die Praxisrücklagen mit der individuellen Risikoeinschätzung nicht in Deckung zu bringen sind, müssen Sie dringend Maßnahmen zum Schutz Ihres Unternehmens und damit auch zum Erhalt der Arbeitsplätze ergreifen.

An erster Stelle steht dabei für Sie als Arbeitgeber die sogenannte „Risikoabsicherung nach unten“, um solche Krisenzeiten überbrücken zu können. Auch für Zahnarztpraxen stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung.

Neben

  • Liquiditätskrediten und

  • Steuerstundungen ist

  • Kurzarbeitergeld

die dritte „Waffe“ der Regierung gegen einen Kollaps in der Wirtschaft. Es ist eine Maßnahme, diese Risikoabsicherung schnell und effektiv leisten zu können. Diese Maßnahme ist dafür gedacht, den krisenbedingten erheblichen Arbeitsausfall für einen festgelegten Zeitraum an die Arbeitszeiten der Beschäftigten anpassen zu können. Dies dient auch dem Arbeitsplatzerhalt, da durch die Anpassung der Arbeitszeit an die reale Situation der aktuelle Arbeits- und Entgeltausfall in der Praxis ausgeglichen werden. Es sei nochmals betont: Dadurch können Kündigungen der Mitarbeiter vermieden werden!

Ich konzentriere mich daher auf Möglichkeit Nr. 3., die als erstes von Ihnen angegangen werden sollte.

Kurzarbeit können auch Praxen beantragen, die aufgrund unverschuldeter wirtschaftlicher Ursachen wie Lieferengpässe bei benötigten Hygiene- und Infektionsschutzmaterialien („Produktionsteilen“) oder anderer nicht beeinflussbarer (unabwendbarer) Ereignisse – wie die durch das Coronavirus ausgelösten Einschränkungen – kurzfristig in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und ihre Beschäftigten dadurch nicht mehr auslasten können.

Grundsätzlich müssen die Urlaubsansprüche aus dem Vorjahr eines/einer Beschäftigten vor der Anmeldung des Kurzarbeitergeldes genommen und zusätzlich die Urlaubsansprüche aus dem laufenden Jahr vor Beginn der Kurzarbeit verplant werden.

Wie funktioniert es? In der Beispielrechnung von Abbildung 1 wird auf 50 Prozent Kurzarbeit reduziert, es kann aber auch bis auf Null reduziert werden (Prophylaxekräfte). Die Vergütung wird proportional an die Kurzarbeitszeit angepasst. Der Arbeitnehmer erhält zusätzlich das Kurzarbeitergeld, das bei Arbeitnehmern mit Kind aus 67 Prozent und bei Arbeitnehmern ohne Kind aus 60 Prozent der Nettoentgeltdifferenz besteht. Der Arbeitgeber hat zudem die Möglichkeit beitragsfrei(!) auf 80 Prozent zu erhöhen (Aufstockung). Wir empfehlen Ihnen die solidarische Aufstockung zu nutzen!

Ausgenommen vom Kurzarbeitergeld sind 450-Euro-Kräfte, Auszubildende, Studenten und Krankengeldbezieher.

Fünf Schritte zum Kurzarbeitergeld

Wenn sie sich entschieden haben, Kurzarbeitergeld für Ihre Praxis zu beantragen, dann befolgen Sie die „Fünf-Schritte zum Kurzarbeitergeld für die Zahnarztpraxis“ (Abbildung 2).

Damit das Kurzarbeitergeld von der Bundesagentur für Arbeit genehmigt werden kann, wird eine rechtliche Grundlage benötigt. Diese erfolgt über eine Betriebsvereinbarung oder eine Individualvereinbarung. Wir empfehlen aus Sicherheitsgründen die Individualvereinbarung, die einen Zusatz zu den Arbeitsverträgen darstellt und die Vereinbarung von Kurzarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer regelt. Dafür haben auch wir entsprechende Vorlagen entwickelt. Denn erst wenn eine rechtskräftige Vereinbarung vorliegt, kann bei der Agentur für Arbeit Kurzarbeit angezeigt werden. Dafür muss das das Formular „Anzeige über Arbeitsausfall“ vom Arbeitgeber ausgefüllt und bei der verantwortlichen Dienststelle der Agentur für Arbeit eingereicht werden. Links zur Findung der Dienststelle finden Sie untenstehend.

Patientenkommunikation nicht vergessen!

Die Arbeitszeitreduzierung erfordert neue Öffnungszeiten und Schichtplanungen für die Zahnarztpraxis. Hierbei ist es wichtig, einzelne Maßnahmen auf die jeweilige Abteilung / den jeweiligen Leistungsbereich abzustimmen.

  • Kurzarbeit kann für alle aber auch nur für einen Teil der Mitarbeiter eingeführt werden.

  • Wir empfehlen Ihnen, a: den Praxisempfang dauerhaft für Notfälle und Schmerzpatienten sicherzustellen, b: den Betrieb auf ca. 20% für Schmerzpatienten etc. herunterzufahren und c: die PZR zu 100% herunterzufahren.

Um Missverständnisse der Patienten zu verhindern müssen die Veränderungen der Öffnungszeiten und des Behandlungsspektrums den Patienten und Mitarbeitern ausdrücklich kommuniziert werden.

Bei der Agentur für Arbeit beantragen Sie monatlich, nachträglich die Erstattung des Kurzarbeitergeldes, also sofern Sie die Punkte Nr. 1 bis Nr. 4 der unten stehenden Grafik erledigt haben, übernimmt ihr Steuerberater alles weitere, so die Berechnung der Löhne.

Was wird aus den Umsatzbeteiligungen?

Die Umsatzbeteiligung wird fast immer als Vorauszahlung pauschalisiert, um dann viertel- oder halbjährlich, gegebenenfalls sogar jährlich abgerechnet zu werden. Diese pauschalisierte Vorauszahlung fällt mit in die Berechnung des Kurzarbeitergeldes. Meine Empfehlung ist, dieses immer so zu handhaben. Ich kenne nur wenige Praxen, die nicht pauschalisiert die Umsatzbeteiligung in Abschlägen vorauszahlen. Dies wäre allerdings mindestens per sofort zu empfehlen, sodass die Behandler nicht in ein Loch fallen. Im letztgenannten Fall empfehle ich dringend die diesbezügliche Abstimmung mit Ihrem Steuerberater.

Unser Tipp:

Wir empfehlen Ihnen den Anspruch auf Kurzarbeitergeld, bis Ende dieses Jahres zu nutzen. Sollte zwischenzeitlich wieder eine größere Anzahl von Patienten behandelt werden und ein damit verbundenes höheres Arbeitsvolumen entstehen, kann die Kurzarbeit jederzeit unterbrochen werden.

Fazit

Mithilfe der Kurzarbeit können die finanziellen Auswirkungen der „Corona-Krise“ auf die Zahnarztpraxis reduziert werden. Dabei werden die Arbeitsstunden der Mitarbeiter dem reduzierten Arbeitsanfall angepasst. Der dadurch entstehende Entgeltausfall der Mitarbeiter wird zu einem großen Teil in Form von Kurzarbeitergeld von der Arbeitsagentur ausgeglichen. Die Praxen werden so erheblich bei den Lohnkosten entlastet. Dazu bedarf es einer rechtlichen Grundlage in Form einer Individual- oder Betriebsvereinbarung, um Kurzarbeit wirksam einführen zu können. Nicht vergessen werden darf, dass die Organisation der Zahnarztpraxis den veränderten Bedingungen angepasst als auch die Veränderung konsequent an die Patienten kommuniziert werden muss.

Erlauben Sie mir einige persönliche Worte zum Schluss. Auch ich habe es mir nicht denken können, dass eine solche Situation mal Realität werden kann. Haben Sie keine falsche Scham, die Hilfspakete des Staates zu nutzen, dafür sind diese da. Dafür haben Sie jahrelang viele Steuern gezahlt. Stand heute (20.03.2020) hat mein Unternehmen bereits circa 30 Praxen in die Kurzarbeit verholfen. Derzeit kommen jeden Tag circa zehn Praxen hinzu. Glauben Sie mir, das sind alles gesunde Praxen, die aber angesichts der unerwarteten Umsatzeinbrüche und der unklaren zeitlichen Dimension trotzdem die „Absicherung nach unten“ betreiben müssen, um ihr Unternehmen perspektivisch erhalten zu können. Und das bedeutet, auch die Versorgung der Bevölkerung zu sichern. Gehen Sie offen damit um. Wir von OPTI haben ebenfalls für einige Abteilungen Kurzarbeit beantragt. Insofern: Bitte keine Scham!

In diesem Sinne ...

Ihr Christian Henrici

Nützliche Links

1. „Anzeige über Arbeitsausfall“ bei der Agentur für Arbeit ( Link )

2. Eine Agentur für Arbeit in Ihrer Nähe finden ( Link

3. Antrag auf Kurzarbeitergeld ( Link )

4. Aktuelle OPTI-News zu Kurzarbeitergeld ( Link )

Christian Henrici

Dipl. Kfm. Christian Henrici ist seit 2006 Gründer und Geschäftsführer der OPTI health consulting GmbH, die nach eigenen Angaben seit 2006 rund 3.000 Zahnarztpraxen in Deutschland beraten hat. Henrici ist Lehrbeauftragter und Referent für Controlling, Personal und Businessplanung. Als Autor erschien von ihm im Quintessenz-Verlag das Buch „Wer braucht schon gutes Personal? – Erfolgreich führen in der Zahnarztpraxis“. Christian Henrici schreibt Fachbeiträge zu den Themen Betriebswirtschaft, Organisation und Führung & Personal in der Zahnarztpraxis und seine regelmäßige Kolumne in den zm.

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