Von Praxisgründer zu Praxisgründer

Auf die Richtigen hören!

Was würden frischgebackene Praxisgründer Kolleginnen und Kollegen raten, die diesen Weg noch vor sich haben? Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) hat nachgefragt: Knapp 300 Zahnärzte und Zahnärztinnen antworteten – und gaben Tipps zu Personal, Netzwerk, Kinderwunsch, Standort und Finanzen.

Die BZÄK hatte in einer Online-Umfrage junge Praxisinhaber um ein Feedback gebeten. Ziel war, künftige Gründungen zu erleichtern und Zahnärzte und Zahnärztinnen auf deren Weg in die Selbstständigkeit bestmöglich zu unterstützen. Insgesamt 298 Kollegen und Kolleginnen aus 16 Kammergebieten nahmen teil, 260 davon gehörten zur Zielgruppe der seit maximal sieben Jahren neu Niedergelassenen. Die meisten waren zwischen 33 und 35 Jahren alt und zwischen drei und zwölf Jahren approbiert. Eine Praxisfamulatur hatte etwa ein Drittel absolviert.

„Man verliert leicht den Überblick bei allem, an wen man sich alles wenden kann und muss. Die Aufgaben der Zahnärztekammer sind einem im Angestellten-Verhältnis nicht immer geläufig. Ich habe erst im Prozess der Praxisgründung gemerkt, dass es für viele Fragen einen Ansprechpartner bei der Kammer gibt.“

alle Zitate sind Antworten aus der Online-Umfrage

Sie selbst wurden bei ihrer Niederlassung zumeist von ihrem Steuerberater, ihrer Familie, Freunden und Kollegen unterstützt, gefolgt von Banken, Unternehmensberatern und Dentaldepots. Nur knapp ein Drittel hatte sich an die Kammer oder an die KZV gewandt. Insgesamt 23 Prozent erhielten durch ehemalige Arbeitgeber und Rechtsanwälte Support, nur 10 Prozent von zahnärztlichen Netzwerken.Zwei Drittel von ihnen hatten an einer Fortbildung zum Thema Praxisgründung teilgenommen, ein Drittel hatte entsprechende Veranstaltungen der Kammern oder KZVen besucht. Etliche besuchten auch Fortbildungen von Depots und/oder nahmen Angebote von Banken und Wirtschaftsberatungen in Anspruch.

Details zur Umfrage

Um junge Zahnärzte und Zahnärztinnen auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit zu unterstützen, führten die Landeszahnärztekammern auf Initiative des Ausschusses „Beruflicher Nachwuchs, Familie und Praxismanagement“ der Bundeszahnärztekammer stichprobenartig eine Online-Umfrage unter jungen Niedergelassenen durch. Jene sollten ein Feedback geben sowie Wünsche und Anregungen formulieren, um künftige Gründungen zu erleichtern.

Unter anderem wurde gefragt, wer bei der Niederlassung zurate gezogen wurde, welche Fortbildungsangebote genutzt wurden, über welche Themen im Rahmen der Niederlassung man sich mehr Kenntnisse gewünscht hätte, welche Tipps die Gründerinnen und Gründer Niederlassungswilligen geben und welche Hilfestellung sie sich von ihrer Zahnärztekammer wünschen.

Die Umfrage lief von November 2018 bis April 2019. Die Landeszahnärztekammern erhielten einen Link sowie einen QR-Code, den sie mithilfe ihrer Medien an ihre Mitglieder aus der gewünschten Zielgruppe weiterleiteten.

Dennoch hätte sich im Nachhinein über die Hälfte der jungen Zahnärzte und Zahnärztinnen mehr Kenntnisse in Praxisführung und -verwaltung, bei der Abrechnung und bei Rechtsfragen gewünscht. Mindestens jeder Dritte hätte außerdem gerne mehr zu QM, Versicherungen, Arbeitssicherheit und Hygiene gewusst. Und fundierteres Know-how zu Arbeitssicherheit, Personalakquise und EDV wäre auch nicht verkehrt gewesen. Die Klagen über Industrie-motivierte Offerten sprechen dabei für sich. Es gab auch Zahnärzte, die nicht wussten, dass auch die Kammer als Ansprechpartner im Rahmen einer Niederlassung zur Verfügung steht.

Mit den eigenen Erfahrungen geben junge Praxischefs zukünftigen Gründerinnen und Gründern insbesondere fünf Tipps:

1. Findet Mentoren und ordentliche Berater!

Ein Mentoring durch eine erfahrene Kollegin und/oder einen erfahrenen Kollegen ist wichtig, betonen viele Gründer. Und Vertrauen sollte man großschreiben. Gerade Angebote der Banken und Depots waren demnach häufig zu Beginn nicht nachvollziehbar, deshalb sollte man sich Hilfe von vertrauten Personen suchen.

„Frühzeitig ein gutes, beständiges Kollegen- und Unterstützungs-Netzwerk aufbauen, um Informationen auf Relevanz und Dringlichkeit besser einordnen zu können. Unterstützung und Hilfe durch gute Partner suchen. Sich vor Abzocke- Haien der Branche schützen. Sich nicht zu viel zu früh aufquatschen lassen, denn zu Beginn kommt man zu viel weniger, als man denkt ...

Und: durchhalten, durchhalten und nochmal durchhalten: Es wird wirklich irgendwann besser, auch wenn man das nicht immer glaubt …“

2. Plant Zeit ein, macht Listen, holt Angebote ein

Der dringende Rat vieler Befragten lautete: Nutzt Checklisten! Äußerst hilfreich sei in diesem Zusammenhang das von den meisten Landeszahnärztekammern zur Verfügung gestellte Zahnärztliche Qualitätsmanagement System (ZQMS). Wer kann, sollte seine Assistenzzeit auch dafür nutzen, das ZQMS einmal selbst vollständig durchzuarbeiten.

„Thema Personalmanagement und Akquise sehr ernst nehmen, sich einen erfahrenen Kollegen für einige Jahre als Mentor suchen, sozusagen fachlicher väterlicher/mütterlicher Berater. Sich vor der Niederlassung genau anschauen, wer von den professionellen Dienstleistern kompetent und ehrlich begleitet. Administrative Praxisaufgaben nicht unterschätzen, da diese mittlerweile mehr Zeit in Anspruch nehmen, als die eigentliche Behandlungszeit von uns Zahnärzten.“

3. Denkt daran: Gutes Personal ist wichtig!

Top geschultes Personal ist alles! Gute Mitarbeiter seien für die Arbeit extrem viel wert, betonten die Neugründer. Zu wissen, worauf es bei Personalführung und -akquise ankommt, sei deshalb für Praxisinhaber elementar.

„Lange überlegen, Zahlen überprüfen, Standort genau analysieren, Steuerberater hinzuziehen, Finanzen prüfen, nicht allein auf Dentaldepots hören.“

Hinzu komme, dass für die Zahnärztin und den Zahnarzt als Arbeitgeber viele rechtliche Vorschriften gelten, über die sie Bescheid wissen müssen, beispielsweise das Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde (ZHG), das Strahlenschutzgesetz (StrlSchG), die Strahlenschutzverordnung (StrlSchV), das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) und das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG).

4. Praxisführung schon in der Assistenzzeit lernen!

Neben der Behandlungsroutine sei die Möglichkeit, sich auch mit allen übrigen für die Praxisführung relevanten Themen zu beschäftigen, während der Assistenzzeit häufig nicht gegeben. Der Tipp vieler Gründer lautet daher: Sammelt soviel Erfahrung wie möglich, nicht nur fachlich, sondern auch in puncto Praxisführung!

„Das Wichtigste ist gutes Personal, und: nur Mut!“

5. Sorgt für ein gutes Netzwerk

Die Zeit der Praxisgründung fällt bekanntlich oft in die Zeit der Familiengründung. Und das Mutterschutzgesetz (MuSchG) als gesetzliche Grundlage für Schwangere in der Zahnarztpraxis ist, wie jeder weiß, ausschließlich für Angestellte anwendbar. In der Zahnarztpraxis führt dies faktisch zu einem Beschäftigungsverbot für schwangere angestellte Zahnärztinnen und ZFA, während schwangere Selbstständige, sofern sie sich gesundheitlich dazu in der Lage fühlen, bis unmittelbar vor und auch direkt nach der Geburt arbeiten müssen. Wer das nicht kann, guckt in die Röhre, denn einen Anspruch auf staatliche Ausgleichszahlungen gibt es nicht.

„Besser als jedes MVZ!“

Eine gute Planung, die Organisation einer Praxisvertretung und die Hilfe von Familie und Freunden sind in dieser Phase geradezu existenziell, betonen die jungen Niedergelassenen. Einige bereuen offenbar den Schritt und schreiben „besser angestellt bleiben“, aber die ermutigenden Antworten überwiegen bei Weitem. Zu guter Letzt antworten viele Kollegen: „Einfach machen!“ Und: „Nicht genieren: Kammer und KZV fragen!“

Fazit der Autorin

Wichtig ist, sich zu trauen, sich Zeit zu nehmen und sich von seriösen Stellen helfen und beraten zu lassen.

  • Fragt nach Informationen und Unterstützungsangeboten bei der Landeszahnärztekammer und der KZV!

  • Wendet Euch an zahnärztliche Netzwerke: Kollegenstammtische, Qualitätszirkel, Kreis- und Bezirksstellen und zahnärztliche Verbände!

  • Nutzt Fortbildungsangebote zu Praxisführung und -verwaltung (BWL), Abrechnung und Rechtsfragen, Versicherungen, Qualitätsmanagement, Hygiene, Arbeitssicherheit, Personalakquise und -führung, EDV

  • Nutzt die Assistenzzeit auch in puncto Praxisführung, nicht nur zur fachlichen Weiterentwicklung!

Die Antworten sind auch eine Aufforderung an Zahnärztekammern und KZVen, daran zu arbeiten, ihre Pflichtmitglieder durch gezielte Fortbildungsmaßnahmen, durch die Bereitstellung kompakter und aktueller gemeinsamer Checklisten – möglichst auch in digitaler Form – sowie durch ein individuelles Mentoring auf dem Weg in die Selbstständigkeit zu unterstützen und ihre Angebote auf geeignete Art und Weise bei den Niederlassungswilligen noch bekannter zu machen.

| privat

 

Außerdem geben die Antworten Hinweise auf grundsätzliche Probleme auf dem Weg in die Niederlassung – allen voran eine überbordende Bürokratie und teilweise überzogene Kosten durch Vertreter der Industrie. Diese Hinweise sollten berücksichtigt, Lösungsvorschläge erarbeitet und zur gemeinsamen Umsetzung an die gesetzgebenden Organe weitergegeben werden, um die Attraktivität der Selbstständigkeit für unsere jungen Kolleginnen und Kollegen wieder zu steigern und ihnen bei der Praxisgründung die bestmögliche Unterstützung zu bieten. Unser besonderer Dank gilt an dieser Stelle den Teilnehmern der Online-Umfrage, die sich für ihre Kolleginnen und Kollegen Zeit genommen haben, um mit guten Ratschlägen und Tipps behilflich zu sein, sowie den Landeszahnärztekammern, die die mediale Verbreitung für ihre Mitglieder ermöglicht haben. 

Dr. Isabel Deckwer, Zahnärztin, Oralchirurgie, Mitglied im Vorstand der LZK Hessen, Manager in Health Care Systems, freiberufliche Selbstverwaltung und Praxismanagement,Theodor-Heuss-Str.11, 34260 Kaufungen, deckwer@lzkh.de

Dr. Isabel Deckwer leitete die Umfage und wertete die Ergebnisse in der Arbeit „Selbstständig in eigener Praxis: Wie kann die Zahnärztekammer ihre Mitglieder bei der Niederlassung unterstützen? – Auswertung einer online Umfrage“ an der AS-Akademie aus.

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