Finanzen

Erbschaft steuern statt Erbschaftssteuer

Bernhard Fuchs
,
Marcel Nehlsen
Um ein böses Erwachen zu vermeiden, sind Gestaltungen bereits vor Eintritt des ersten Erbfalls unbedingt ratsam. Mit diesen Ansätzen lassen sich nämlich Erbschaftssteuerersparnisse in Höhe von mehreren 100.000 Euro erzielen – im Vergleich zum ungeregelten Nachlass.

Das Erbschaftssteueraufkommen in Deutschland beträgt pro Jahr zwar nur circa acht Milliarden Euro und damit nur ein Prozent des gesamten Steueraufkommens. Diese Steuer kann aber für den Einzelnen ärgerlich ausfallen, hat doch der Erblasser zur Erlangung seines Vermögens schon bis zu 42 Prozent Einkommenssteuer, 19 Prozent Umsatzsteuer und für die Immobilien bereits 3,5 bis 6 Prozent Grunderwerbssteuer bezahlt. Nun sollen die Erben auch noch 7 bis 50 Prozent Erbschaftssteuer bezahlen? Die gute Nachricht: Bei einer rechtzeitigen und professionellen Gestaltung kann die Erbschaftssteuer häufig komplett vermieden oder zumindest stark reduziert werden. Dabei kommt es auf die Höhe des Vermögens, auf die Anzahl der Erben und auf deren Verwandtschaftsgrad zum Erblasser an.

Wenn keine erbrechtlichen Regelungen getroffen wurden, wie ein Testament oder ein Erbvertrag, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Diese kann so ausfallen, wie sie eigentlich nicht gewünscht ist. Als steuerlich ungünstig erachten wir das sogenannte „Berliner Testament“. Damit wird im deutschen Erbrecht ein gemeinschaftliches Testament von Ehe- oder Lebenspartnern bezeichnet, in dem diese sich gegenseitig als Alleinerben einsetzen. Das ist zwar sinnvoll, solange die Kinder und das Vermögen klein sind, später aber nicht mehr. Ist erst ein Elternteil verstorben, gibt es zwar immer noch Gestaltungsmöglichkeiten, um das Schlimmste zu verhindern, diese sind aber beschränkt und häufig auch wegen der Auswirkungen auf die Verteilung des Erbes nicht gewünscht.

Gestaltung vor Eintritt des ersten Erbfalls

Bei dem Wunsch, Erbschaftssteuer zu sparen, ist immer die Versorgungssicherheit der Eltern das erste Gebot. Erst danach kommt das Interesse der Kinder, nämlich die Vermeidung von Erbschaftssteuer. Häufig – so zeigen unsere Erfahrungen – lässt sich aber beides miteinander verbinden und zudem kann die Transparenz der Entscheidungen der Eltern dem Familienfrieden zugutekommen. Streitanfällige Erbengemeinschaften mit unklaren Zuordnungen werden somit von vornherein vermieden. Bei den Erbschaftssteuergestaltungen müssen immer auch die zivilrechtlichen Auswirkungen berücksichtigt werden, ebenso wie eventuelle Auswirkungen bei Einkommens-, Umsatz- und Grunderwerbssteuer.


Alle anderen Personen erhalten lediglich einen Freibetrag von 20.000 Euro. Sollte einmal der Fall eintreten, dass ein Kind vor seinen Eltern ablebt und diese erben, dann beträgt hier der Freibetrag 100.000 Euro. Übersteigende Beträge von bis zu 6 Millionen Euro werden bei Kindern mit 7 bis 19 Prozent, bei anderen Personen mit 15 bis 30 Prozent besteuert. Bei höheren Beträgen steigen die Steuersätze noch weiter.

Möglichkeiten, steuern zu vermeiden

Mehrfache Nutzung der Freibeträge 

Ein ganz wichtiger Baustein bei der Erbschaftssteuervermeidung ist die mehrfache Nutzung der Freibeträge, da diese stets nach zehn Jahren erneut gewährt werden. Das gilt für die Freibeträge im Verhältnis zu beiden Elternteilen. Die meisten Eheleute leben im gesetzlichen Güterstand, das ist die Zugewinngemeinschaft. Häufig wird diese mit der Gütergemeinschaft verwechselt. Letztlich ist aber die Zugewinngemeinschaft wirtschaftlich betrachtet eine Gütertrennung. Das heißt, jeder besitzt sein eigenes Vermögen, allerdings mit der Maßgabe, dass bei Beendigung der Ehe, sei es durch Scheidung oder Tod, ein Zugewinnausgleich durchgeführt werden muss. Ein solcher Zugewinnausgleich kommt klassischerweise in Betracht, wenn ein Ehegatte selbstständig tätig ist und der andere Ehegatte sich um die Kinder kümmert beziehungsweise in Teilzeit berufstätig ist. Der letztgenannte Ehegatte hat durch den Zugewinnausgleich die Sicherheit, dass er bei Beendigung der Ehe seine Hälfte des gesamten Zugewinns während des Bestehens der Ehe erhält. Beim Zugewinnausgleich wird geprüft, wie hoch das Vermögen beider Ehegatten zu Beginn der Ehe war und wie hoch es zum Zeitpunkt des Ausgleichs ist. Die Differenz muss ausgeglichen werden.


Beim gesetzlichen Güterstand ist es häufig so, dass nur der eine, nämlich der selbstständig tätige Ehegatte, über ein größeres Vermögen verfügt, während der andere weniger Vermögen besitzt. Somit kann zunächst nur Vermögen im größeren Umfang vom selbstständig tätigen Ehegatten auf die Kinder übertragen werden. Die Freibeträge des nicht selbstständig tätigen Ehegatten können hier – mangels Vermögen – nicht genutzt werden. 

Güterstands- und Eigenheimschaukel

Um dem abzuhelfen, das heißt, den nicht selbstständig tätigen Ehegatten elegant und schenkungssteuerfrei mit Vermögen zu versorgen, gibt es zwei hervorragende Möglichkeiten. Einmal ist dies die sogenannte Güterstandschaukel und zum anderen die „Eigenheimschaukel“. Bei der Güterstandschaukel wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch notarielle Vereinbarung beendet. Dementsprechend hat der Ehegatte mit geringem Vermögen einen Zugewinnausgleichsanspruch. Die Erfüllung dieses Anspruches stellt keine Schenkung dar. Bei beiden Maßnahmen sollte beziehungsweise kann nach der Durchführung der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden.



Vereinfachtes Beispiel: Die Eheleute leben in Zugewinngemeinschaft. Ein Ehegatte (Zahnärztin) hat deutlich mehr Vermögen gebildet als der andere.

Durch die Güterstandsschaukel wird Vermögen auf den anderen Ehegatten übertragen. Hierbei entsteht keine Schenkungsteuer. Anschließend verschenken die Eltern Vermögen an die Kinder.

Da der Freibetrag von 400.000 Euro je Elternteil und Kind gewährt wird, kann im Beispiel das gesamte Vermögen schenkungsteuerfrei auf die Kinder übertragen werden.

Bei einer direkten Schenkung von der Mutter an die Kinder würde folgende Schenkungsteuer entstehen:

Die Schenkungsteuerersparnis durch die Güterstandsschaukel beträgt also 105.000 Euro.

Immobilienschenkungen unter Nießbrauchsvorbehalt

Eine weitere bedeutende Möglichkeit Erbschaftssteuern zu sparen besteht darin, lebzeitig Immobilien unter Vorbehalt eines lebenslangen Nießbrauchs zugunsten des Schenkers beziehungsweise dessen Ehegatten vorzunehmen. Die kapitalisierte Nießbrauchslast mindert nämlich den schenkungssteuerlichen Wert der übertragenen Immobilie. Je jünger dabei der Schenker beziehungsweise dessen Ehegatte zum Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung ist, desto höher ist diese Steuerersparnis.

Erben, die keine Kinder des Erblassers sind

Insbesondere bei einer geplanten Vererbung an Personen, die keine Kinder des Erblassers beziehungsweise dessen Ehegatten sind, können rechtzeitige Maßnahmen zu sehr erheblichen Steuerersparnissen führen, da der Steuersatz für diese Personen mit 15 Prozent beginnt (Nichten und Neffen) oder gar mit 30 Prozent bei Personen, die nur entfernt oder gar nicht verwandt sind.

Zahnarztpraxis meist besser nicht schenken 

Nicht unerwähnt bleiben soll hier die Möglichkeit, eine Zahnarztpraxis (Betriebsvermögen) schenkungs- beziehungsweise erbschaftssteuerfrei auf andere Personen, etwa die Kinder, unentgeltlich zu übertragen. Zu beachten ist hierbei aber, dass dann die Möglichkeit, beträchtliche Einkommenssteuerersparnisse durch den Verkauf der Praxis an solche Personen zu erzielen, ausscheidet. Da es in der Regel möglich ist, das Vermögen der Eltern, vollständig erbschaftsteuerfrei auf die Kinder zu übertragen, führt die Möglichkeit der erbschaftssteuerfreien Schenkung der Praxis an die Kinder nur ein Schattendasein.

Fazit

Wenn Sie sich von einem spezialisierten Steuerberater im Zusammenspiel mit einem erfahrenen Notar oder Fachanwalt für Erbrecht frühzeitig beraten lassen, können Sie Ihren Nachlass meist vollständig vor dem Zugriff des Fiskus schützen. Ansonsten müssten Sie wahrscheinlich noch einige Jahre länger praktizieren, um netto so viel zu erwirtschaften, wie Sie durch eine kluge Erbschaftssteuergestaltung einsparen können. Zudem können Sie damit den Familienfrieden sichern. 

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