Verwaltungsgericht Münster

Werbung mit konkretem Behandlungserfolg ist unzulässig

Aligner anbietenden Zahnarztpraxen ist es untersagt, mit einer Sofortsimulation des zukünftigen Lächelns sowie einer „unverbindlichen” Beratung zu werben. Das hat das Verwaltungsgericht Münster entschieden.

Die Betreiber bieten in ihrer zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis unter anderem die Behandlung von Zahnfehlstellungen mittels transparenter Aligner nach dem Invisalign-System an – und wehrten sich mit der Klage gegen eine Beanstandung durch die zuständige Zahnärztekammer. Jene hatte sich zuvor wegen einer Beschwerde an die Zahnärzte gewandt, da auf der Praxis-Homepage mit einem kostenlosen Beratungstermin geworben wurde. In der Folge teilten die Kläger mit, die Angaben geändert zu haben. Die Beratung werde nun als „unverbindlich“ angeboten.

Der Kammer zufolge beinhaltete diese „unverbindliche Beratung“ jedoch die Erklärung der Behandlung und die Klärung von Patientenfragen, zudem sei eine „Sofortsimulation des zukünftigen Lächelns” Bestandteil. Die Werbung sei berufsrechtswidrig, da den Patienten Leistungen als kostenfrei und „unverbindlich“ angeboten würden – gebeten wurde um eine neuerliche Anpassung der Werbung. Die Zahnärzte teilten daraufhin mit, sie hielten ihren Internetauftritt für zulässig – sie klagten gegen den Bescheid der Kammer. Die beanstandeten Formulierungen lauteten im Einzelnen:

  • „Fülle den Bogen aus und wir benachrichtigen über WhatsApp für eine unverbindliche Beratung in [...]”

  • „Wir erklären dir, wie die Behandlung bei uns im [...] funktioniert & beantworten dir alle deine Fragen.”

  • „Eine Sofortsimulation deines zukünftigen Lächelns erhältst du ebenfalls bei deiner ersten Beratung.”

Die Zahnärzte hielten die Mitteilung, Patienten unverbindlich zu beraten, weder für anpreisend noch für irreführend. Einem interessierten Patienten werde eine unverbindliche Beratung angeboten sowie eine Erklärung, wie die Behandlung „funktioniere”. Darauf habe ein Patient Anspruch. Der Zahnarzt könne für diese vorherige Beratung kein Geld verlangen, weil zu dem Zeitpunkt noch kein Behandlungsvertrag geschlossen sei.

Den Hinweis „Eine Sofortsimulation deines zukünftigen Lächelns erhältst du ebenfalls bei deiner ersten Beratung” fanden die Kläger interessengerecht und sachangemessen. Dass eine solche „Simulation” nur eine Simulation sei und nicht etwa ein vorweggenommenes Endergebnis, sei jedem aufgeklärten Patienten sofort ersichtlich.

Irreführende Werbung

Das Gericht schloss sich jedoch der Bewertung der Kammer an: „Das Inaussichtstellen einer ,unverbindlichen’ (kostenlosen) Beratung und Sofortsimulation ist eine unzulässige anpreisende Werbung”, heißt es in dem Urteil. Zudem sei die Werbung mit „Sofortsimulation deines zukünftigen Lächelns” berufsrechtlich irreführend: Sie erwecke fälschlicherweise den Eindruck, dass ein bestimmter Behandlungserfolg mit Sicherheit erwartet werden kann. Die Abgrenzung zwischen erlaubter sachlicher Information und verbotener berufswidriger Werbung könne nicht generalisierend-abstrakt erfolgen, sondern sei stets im Einzelfall vorzunehmen, indem das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit und die Sicherung des Werbeverbots gegeneinander abgewogen werden.

Verwaltungsgericht Münster, Az.: 5 K 3488/21, Urteil vom 3. März 2022

„Die Vorschrift verbietet Zugaben!“

Nach Ansicht von Christiane Köber, Mitglied der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale, lässt sich das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht auf Aligner-Start-ups übertragen, auch wenn diese zum Teil mit beinahe gleichlautenden Formulierungen werben. Das Urteil sei für Unternehmen in Form einer GmbH aber auch kein Grund, sich bequem zurückzulehnen, betont die Juristin. „Denn sie unterliegen vielleicht nicht den Regeln der Berufsordnung, aber den für alle geltenden Spielregeln in Form des Heilmittelwerbegesetzes!“

So sah es auch das Landgericht Berlin in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil, das der Sunshine Smile GmbH (PlusDental) verschiedene Werbeaussagen sowie die Werbung mit einer kostenlosen Beratung und Diagnose – insbesondere mit Erstellung eines Oralscans – untersagte (Landgericht Berlin, Az.: 101 O.41/ 20, Urteil vom 17. November 2021).

Köber: „Die Vorschrift verbietet verkürzt gesagt im Gesundheitsbereich Zugaben. Wenn eine Beratung, die sonst abgerechnet wird, direkt oder indirekt kostenlos angeboten wird, dann ist das für den Verbraucher ein wirtschaftlicher Vorteil, also eine prinzipiell unzulässige Zugabe im Sinne des § 7 HWG.“ Auch irreführende Aussagen ließen sich über die Vorschriften des HWG beanstanden. So verbiete § 3 HWG explizit irreführende Werbung, unter anderem auch unzulässige Erfolgszusagen.

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