Diese eine Praxis ist anders!
Auch in ihrer Gegend sind ZFAs Mangelware. Deswegen will die Zahnärztin Frau Schmied den Einstieg ins Team so leicht wie möglich machen. Das beginnt schon mit der Vorbereitung – dem Preboarding.
Das Preboarding besteht aus:
1. der Vorbereitung im eigenen Team
2. dem Kontaktaufbau zur Bewerberin
Auch das Team will vorbereitet sein
Früher verlief die Einarbeitung so, dass die Bewerber der Praxis eine Mappe zugeschickt haben und die vielversprechendsten zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurden. Dann wurde meist ein Probearbeitstag vereinbart. Im Anschluss informierte man — teils Wochen später — die beste Kandidatin, dass sie „auserwählt" wurde. Sie bekam einen Vertrag zugeschickt oder kam zur Unterzeichnung in die Praxis. Natürlich erschien die Neue am ersten Arbeitstag in der Praxis. Das waren noch Zeiten!
Gerade ältere Mitarbeitende erwarten immer noch einen solchen Ablauf, einfach weil sie es so kennen. Je nach Praxisstruktur ist es daher sinnvoll, das Team auf geplante Veränderungen im Einstellungsprozess gut vorzubereiten.
Zunächst sollte man im Meeting hervorheben, dass ein positiver Empfang und die möglichst frühzeitige Bindung der neuen Mitarbeiterin notwendig sind und dazu die veränderte Arbeitsmarktsituation beleuchten. Gleichzeitig stellt man das Ziel des neuen Vorgehens in den Mittelpunkt: dauerhaft möglichst gute Arbeitsbedingungen. Ziel ist also, dass so viele Mitarbeitende im Team sind, dass geregelte Arbeitszeiten und eine gute Versorgung der Patienten gesichert sind. Dann wird das neue Vorgehen im Einzelnen besprochen (Tipp: Direkt eine QM-Liste dazu erstellen!):
Erst werden die Erwartungen skizziert, die neue Mitarbeitende heute an Arbeitsplätze haben. Dies ist umso wichtiger, je älter die Teammitglieder und je jünger die Bewerber sind.
Damit die To-dos der Neuen von Anfang an klar sind, bespricht man eventuelle Veränderungen der Aufgabenverteilung und damit zusammenhängende Erwartungen.
Neue können sich einfacher zurechtfinden, wenn wichtige Informationen in einer Begrüßungsmappe zusammengestellt sind. Darin können der Arbeitsvertrag, aber auch wichtige Regeln über Praxisabläufe enthalten sein. Das gibt der Neuen Sicherheit und hilft, Missverständnisse (wie beim Abmelden im Krankheitsfall) zu vermeiden.
Im Team werden die direkten Ansprechpartner für die Neuen festgelegt. Achten Sie darauf, dass diese Personen sehr loyal sind und sich der Praxis verbunden fühlen. Bei einem hohen fachlichen Einarbeitungsaufwand — bei Auszubildenden oder fachfremden Personen — kann es gut sein, zwei Ansprechpartner auszuwählen: einen Paten/Mentor und einen Buddy. Denn wenn es beim Erlernen fachlicher Inhalte mal schwierig ist, steht dann noch eine zweite, vertrautere Person als Ansprechpartner zur Verfügung.
Buddies begleiten die Neuen
Buddies sind Tandempartner und haben die Aufgabe, die soziale Integration zu pushen. Sie können sich zum Beispiel beim Mittagessen neben die Neuen setzen und sie in die Gespräche einbeziehen. Generell unterstützen die Buddies sie dabei, die Praxiskultur kennenzulernen. So lassen sich auch Fragen klären, wie: „Wie funktioniert bei euch eigentlich Weihnachtswichteln? Und wie läuft das bei euch an Geburtstagen?“
Wenn man voraussichtlich wenig fachliche Einarbeitung leisten muss, reicht selbstverständlich eine Person als Ansprechparterin. Vor allem in größeren Praxen kann es jedoch nützlich sein, einen systematischen fachlichen Einarbeitungsplan zu erstellen. Hilfreich ist auch, einer Vorbereitungs-Checkliste zu folgen, auch damit die Neuen merken, dass für sie alles vorbereitet ist (Schrank besorgen beziehungsweise leeren und sauber machen, Arbeitskleidung organisieren, Schlüssel nachbestellen, Passworte bereithalten, Arbeitsplatz vorbereiten, Einarbeitungsplan und Begrüßungsmappe aktualisieren).
Eine Rose ist nicht nur eine Rose
Was immer gut ankommt, ist ein kleines Begrüßungsgeschenk. Wer sich freut, lernt besser und leistet mehr. Außerdem führen — vor allem unerwartete — Geschenke dazu, dass schneller Bindung entsteht. Toll ist eine Blume oder ein kleiner Strauß am Platz im Sozialraum, oder eine Schachtel Pralinen mit Karte „Herzlich Willkommen im Team“ mit allen Unterschriften im Spind. Falls Fotos von allen Mitarbeitenden vorhanden sind, können auf der Karte auch alle Mitarbeitenden mit Namen und Foto abgebildet sein — das erleichtert auch das Namenlernen und schafft schneller eine erhöhte Vertrautheit.
Falls die Neue schon zum Probearbeiten da war, bietet es sich an, das Team zu fragen, was die positiven Eigenschaften der neuen Bewerberin sind, auch das erhöht die Akzeptanz. Oft reagieren Teams spontan mit Vorsicht bis Argwohn auf neue Mitarbeitende. Deshalb sind die Rollen der Mentorin und des Buddies nicht immer beliebt. Gelingt es jedoch, sie erfolgreich zu besetzen, hilft das nicht nur den Neuen, sondern es fördert und beschleunigt insgesamt die Teamintegration.
Idealerweise liegt der Vertrag schon auf dem Tisch
Ist ein Probearbeiten möglich, können die Buddies an diesem Tag schon erste kollegiale Beziehungen knüpfen. Dafür sollte der Buddy genug Zeit haben, um die Neue beim Kennenlernen der Praxis intensiv zu begleiten und ihr alles zu zeigen. Ziel ist, dass am Ende schon Social-Media- und andere Kontaktdaten ausgetauscht werden, damit in der Zeit bis zum ersten Arbeitstag der Kontakt weiter gepflegt werden kann.
Falls eine Einstellung infrage kommt. sollte sich die Chefin am Ende die Zeit nehmen, um den Probetag in einem Gespräch mit der Bewerberin auszuwerten. Idealerweise liegt der Vertrag schon vorbereitet auf dem Tisch. Ansonsten wird asap der Termin für die Unterschrift festgelegt.
Der Arbeitsbeginn sollte ebenfalls so schnell wie möglich erfolgen, denn in der Zeit zwischen Probearbeiten und Arbeitsbeginn sind Neue besonders abwerbungsgefährdet. Auch deswegen sollte der Buddy in dieser Zeit den Kontakt zu der potenziellen neuen Kollegin pflegen, aus der Praxis berichten und zeigen, dass sich die Praxis auf sie freut. So kann bei neuen Mitarbeitenden Vorfreude auf die neue Arbeitsstelle entstehen.
Etwa eine Woche vor dem ersten Arbeitstag schickt der Buddy oder die Mentorin einen Einladungsbrief an die neue Mitarbeitende, der etwa so formuliert sein könnte:
„Liebe Insa! Wir freuen uns schon sehr, dass Du nächsten Montag zu uns ins Team kommst. Natürlich werde ich auch da sein und Dich erwarten. Ich zeige Dir dann nochmal alles, damit Du bei uns einen guten Start hast. Du bekommst natürlich direkt auch Deinen Schrank, Deine Berufskleidung und Deine Schlüssel. Anschließend ist geplant, dass Du als 2. Assistenz mit mir bei Frau Dr. Meyer arbeitest. Gegen 9.30 Uhr werden wir als Team gemeinsam frühstücken und Du lernst die meisten Kolleginnen kennen. Falls Du noch Fragen hast, rufe mich gerne an oder schreib mir! Liebe Grüße, Deine Brigitte"
Wie erlebt Insa Schmied nun diese Praxis? Sie hat sich mehrere Praxen angeschaut, die Gehaltsangebote sind in etwa gleich und jede Praxis hat eigene Vor- und Nachteile. Aber diese eine Praxis ist anders als die anderen, denn dort hat man ihr wirklich alles gezeigt.
Eine Kollegin hat sich mehrmals gemeldet und sich nach ihrem Befinden erkundigt und zwischendurch auch noch mal zwei oder drei interessante Geschichten aus der Praxis erzählt. Jetzt, eine Woche vor dem Arbeitsbeginn, kommt aus dieser Praxis ein Brief, in dem sie genau erfährt, wie der erste Arbeitstag ablaufen wird. Das fühlt sich angenehm an. Dort scheint das Arbeitsklima wirklich gut zu sein … Darum entscheidet sie sich für diese Praxis.
Nun erlebt sie den ersten Arbeitstag: Er läuft genau so ab, wie angekündigt. Sie bekommt alle nötigen Unterlagen. Die Praxis hat für sie sogar eine Begrüßungsmappe mit allen wichtigen Informationen vorbereitet, die sie mit nach Hause nehmen kann. Hier findet sie auf einen Blick die wichtigsten Informationen (Wer ist der Steuerberater? Wie melde ich mich krank? Wie geht das mit Urlaub? Wie läuft es mit Überstunden?) In Ihrem Spind findet sie eine Herzlich-Willkommen-Karte, auf der alle Kollegen unterschrieben haben und eine Schachtel Pralinen. Es gab sogar noch eine gemeinsame Teampause, so dass sie die meisten neuen Kolleginnen jetzt schon kennt. Am Ende des Tages fühlt sie sich entspannter als erwartet. Den anderen Praxen sagt sie jetzt endgültig ab.