EU-Kommission für längere Übergangsfristen
Für Produkte mit höherem Risiko (wie Herzschrittmacher und Hüftimplantate) sollen die Fristen bis Ende 2027 verlängert werden und für Produkte mit mittlerem und geringerem Risiko (wie Spritzen oder wiederverwendbare chirurgische Instrumente) bis Ende 2028. Rat und Parlament müssen der Änderung noch zustimmen. Auf keinen Fall wolle man es zulassen, dass schwerwiegende Störungen der Versorgung mit verschiedenen Medizinprodukten auf dem Markt drohen, meldet die EU-Kommission. Die Gesundheitssysteme und ihre Fähigkeit zur Versorgung der Patienten in Europa dürften nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.
Den Herstellern wolle man Sicherheit bieten, damit unverzichtbare Medizinprodukte weiter hergestellt werden können, kurzfristig jegliches Risiko von Engpässen verringert und der Zugang für die am meisten auf diese Produkte angewiesenen Patienten gewährleistet wird. Die Verlängerung wird an bestimmte Bedingungen geknüpft, so dass nur für Produkte mehr Zeit gewährt wird, die sicher sind und für die die Hersteller bereits Schritte im Hinblick auf den Übergang zu den Regelungen der Verordnung über Medizinprodukte eingeleitet haben.
Das schlägt die Kommission konkret vor:
Für Medizinprodukte, für die vor dem 26. Mai 2021 eine Bescheinigung oder eine Konformitätserklärung ausgestellt wurde, wird die Umstellung auf die neuen Vorschriften bei Produkten mit höherem Risiko vom 26. Mai 2024 bis zum 31. Dezember 2027 verlängert.
Bei Produkten mit mittlerem und geringerem Risiko verlängert sich die Frist bis zum 31. Dezember 2028.
Mit dem Vorschlag wird auch für implantierbare Sonderanfertigungen der Klasse III ein Übergangszeitraum bis zum 26. Mai 2026 eingeführt. Dadurch sollen die Hersteller mehr Zeit erhalten, um eine Zertifizierung durch eine Benannte Stelle zu erlangen. Auch in diesem Fall ist der Übergangszeitraum davon abhängig, dass vom Hersteller vor dem 26. Mai 2024 eine Konformitätsbewertung für Medizinprodukte dieses Typs beantragt wurde.
Um den mit diesen Änderungen vorgeschlagenen Übergangszeiträumen Rechnung zu tragen, wird die Gültigkeit von Bescheinigungen, die bis zum 26.Mai 2021 ausgestellt wurden – dem Geltungsbeginn der Verordnung über Medizinprodukte – durch den Vorschlag verlängert.
Die in der Verordnung über Medizinprodukte und in der Verordnung über In-vitro-Diagnostika festgelegte „Abverkaufsfrist“ soll gestrichen werden. Diese Frist entspricht dem Enddatum, nach dem aktuell erhältliche Produkte vom Markt genommen werden sollten. Dadurch soll sichergestellt werden, dass sichere und wichtige Medizinprodukte, die bereits auf dem Markt sind, den Gesundheitssystemen weiterhin zur Verfügung stehen.
Wie die Kommission weiter mitteilt, muss der Vorschlag nun vom Europäischen Parlament und vom Rat im Rahmen eines beschleunigten Verfahrens angenommen werden. Am 9. Dezember hatten die EU-Gesundheitsministerinnen und -minister die Kommission aufgefordert, rasch einen Vorschlag zur Verlängerung des Übergangszeitraums in der Verordnung über Medizinprodukte vorzulegen.
Dietrich Monstadt (CDU), Berichterstatter für Medizinprodukte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, begrüßt den Vorschlag der EU-Kommission. Die jahrelangen Anstrengungen zur Verlängerung der Zertifizierungsfristen für Medizinprodukte hätten sich ausgezahlt, sagte er gegenüber den zm. „Das heißt aber: Nach der Fristverlängerung ist vor der nächsten Frist!" Wenn Zertifizierungsverfahren jetzt nicht zeitnah vereinfacht würden, gebe es schnell wieder Probleme. Das gelte zum Beispiel für Produkte, die schon lange auf dem Markt sind oder auch für solche, die bei seltenen Erkrankungen eingesetzt werden. „Die Unternehmen brauchen jetzt Sicherheit und klare Vorgaben“, forderte Monstadt.
Auch der Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Konstantin von Laffert, kommentierte den Vorschlag „Natürlich begrüßen wir die Verlängerung der Übergangsfristen. Dennoch werden wir weiter dafür eintreten, dass vor 2021 bereits zertifizierte Medizinprodukte nicht erneut zertifiziert werden müssen, da das zu erheblichen Belastungen und Kosten bei den Herstellern auslöst, die häufig zu Preiserhöhungen der betroffenen Produkte führen.“