Frauen in „Geschichte und Gegenwart“ der Zahnmedizin und Medizin

Parität ist nicht Gleichberechtigung

Matthis Krischel
,
Heute sind zwei Drittel der Studienanfänger im Fach Zahnmedizin weiblich. Doch bis ins 19. Jahrhundert waren
Frauen in den akademischen Gesundheitsberufen praktisch nicht vertreten. Den Zugang zu den Universitäten mussten sie sich hart erstreiten. Doch ist eine Gleichberechtigung heute im Beruf tatsächlich erreicht?

Paragraf 1 der Statuten des im Jahr 1865 in Leipzig gegründeten „Allgemeinen Deutschen Frauenvereins“ beginnt so: Der Verein „hat die Aufgabe, für die erhöhte Bildung des weiblichen Geschlechts und die Befreiung der weiblichen Arbeit von allen ihrer Entfaltung entgegenstehenden Hindernissen mit vereinten Kräften zu wirken“ [Tellmann, 1972, 136]. In einer Zeit fehlender Bildungsmöglichkeiten für Frauen war die höchste berufliche Qualifikation, die sie im 19. Jahrhundert erwerben konnten, das Lehrerinnenexamen. In der Folge ging es ihnen um grundsätzliche Fragen der Chancengleichheit im Bildungsbereich, der freien Berufswahl und damit einhergehend um bessere Verdienstmöglichkeiten [Bleker/Schleiermann, 2000, 12; Schraut, 2018].

Manifestiert hatte sich die hier zwischen den Zeilen herauslesbare Ungleichheit von Mann und Frau vor allem durch eine Entwicklung, die Mitte des 19. Jahrhunderts zum Abschluss gekommen war und als deren Ergebnis sich die Vorstellung etabliert hatte, dass „die Frau als ein dem normalen (männlichen) Menschen entgegengesetztes psychophysisches Sonderwesen“ [Bleker/Schleiermann, 2000, 12] zu betrachten sei. Konsequenz dieses „natürlichen Unterschieds“ war die geschlechtsspezifische Diskriminierung von Frauen, indem ihnen die Männer die Befähigung zu intellektuellen Berufen grundsätzlich absprachen.

Zähne und Mund waren 
eine Männerdomäne

Während sich in der akademisierten Medizin eine „Ordnung der Geschlechter in der Moderne“ [Honegger, 1991] bereits etabliert hatte, erschienen Zähne und Mund auf den ersten Blick „offensichtlich weniger geeignet als Ordnungsfaktor und Differenzierungskriterium zwischen den Geschlechtern als zum Beispiel die Genitalien, die Psyche oder das Skelett“ [Kuhlmann, 1999, 13]. Ein Blick in die Geschichte bestätigt dies jedoch nicht: Die im 19. Jahrhundert chirurgische, wundärztliche und handwerkliche Ausbildung der Zahnreißer oder Zahnbrecher war in der Praxis männlich geprägt: Dentisten und auch die sich etablierenden Zahnärzte waren überwiegend Männer [Groß, 1999, S. 63; Groß, 2018, 63; Krischel/Nebe, 2022, 66].

In der Folge sollte es die Kurierfreiheit von 1869 sein, die den Frauen die außer­universitäre Möglichkeit eröff­nete, die Berechtigung zur Ausübung der (Zahn-)Heilkunde zu erlangen [Groß, 2005, 815; Krischel/Nebe, 2022, S. 66-71]. So waren mit der Liberalisierung der Heilkunde die in den deutschen Staaten geltenden Ausbildungsvorschriften zur Ausübung der Heilberufe so minimiert worden, „daß sie trotz der geschlechtsspezifischen Begrenzung der Bildungsangebote auch von Frauen erfüllt werden konnten“ [Zitat: Kuhlmann, 1999, 72; Krischel/Nebe, 2022, 69].

Von den neuen Möglichkeiten machten 
Frauen tatsächlich Gebrauch: Betrug 1898 der Frauenanteil unter den nicht-approbierten Zahnbehandlern nur 4,2 Prozent, stieg er bis 1928 auf über 11 Prozent an [Kuhlmann 1999, 72]. Der Weg an die deutschen Universitäten blieb für sie aber bis zur Wende im 20. Jahrhundert noch versperrt.

Zum Studieren ging es in die 
Schweiz – oder in die USA

Eine Möglichkeit für Frauen, die (zahn-)ärztliche Approbation zu erlangen, war das Auslandsstudium [Groß, 2016]. Dabei lassen sich im Wesentlichen zwei Strategien unterscheiden: In der Medizin führte der Weg der studierwilligen Frauen in der Regel in die Schweiz, hatte die Universität Zürich doch ab den 1840er-Jahren ihre Pforten für Hörerinnen geöffnet [Maurer 2010, 10; Nebe 2023]. Nadeshda Suslowa (1843–1918], eine gebürtige Petersburgerin, sollte 1867 die erste sein, die dort erfolgreich im Fach Medizin promovierte wurde [Rogger/Bankowski 2010, 27].

Die liberale Haltung der Schweizer Universitäten hatte dabei verschiedene Ursachen. So wies man auf der einen Seite der universitären Ausbildung einen eher geringen Stellenwert zu. Auf der anderen Seite waren die Universitäten zur Eigensicherung auf zusätzliche Studiengebühren angewiesen; der Gewinn neuer Studierender war somit obligatorisch. Dabei stand es den jeweiligen Hochschulen frei, ob sie die Zulassung von Frauen zum Universitätsstudium unterstützten oder nicht. So ließ die Universität Basel, die älteste Universität der Schweiz, Frauen beispielsweise erst ab 1890 zum Studium zu [Maurer, 2010, 14-15].

Für die Zahnmedizin bot vor allem das Studium in den USA einen Einstieg ins akademische Fach. Dort waren im Unterschied zum Deutschen Reich die Professionalisierung und die Akademisierung der US-amerikanischen Zahnärzteschaft bereits weit vorangeschritten und es kam schon in den 1840er-Jahren zur Bildung der weltweit ersten zahnärztlichen Ausbildungsstätten [Krischel/Nebe, 2022, 69].

Die erste deutsche Frau, die diesen beschwerlichen und kostspieligen Weg erfolgreich beschreiten sollte, war die noch heute bekannte Zahnmedizinerin Henriette Hirschfeld (geb. Pagelsen), die später unter dem Doppelnamen Tiburtius-Hirschfeld firmierte. Während die deutsche Zahnmedizin noch um ihre Professionalisierung bemüht war, erlangte Hirschfeld 1869 am Pennsylvania College of Dental Surgery als zweite Frau überhaupt in den Vereinigten Staaten den „Doctor of Dental Surgery“ [Kuhlmann, 1999, 73; Committee on Historical Research, 1928, 1740ff]. Zuvor war dies lediglich der Amerikanerin Lucy Hobbs Taylor (1833-1910), am Dental College in Cincinnati (Ohio) gelungen [Edwards, 1951, 279].

Für die Zulassung waren 
Fürsprecher nötig

Hirschfelds Zulassung war zunächst abgelehnt worden. Dass sie dennoch aufgenommen wurde, verdankte sie der Fürsprache von James Truman, auch als „Vater der Zahnheilkunde“ [James Truman's Letter, 1893] bekannt. Hirschfeld, die sich noch im Examensjahr mit behördlicher Genehmigung in Berlin in einer Parallelstraße zur Straße Unter den Linden als Zahnärztin für Kinder und Frauen niederließ, kam mit ihrem Werdegang zweifelsfrei eine Pionierfunktion zu [Groß, 2018, 66].

Bis 1881 folgten etwa 20 weitere Ausländerinnen diesem Vorbild und absolvierten ebenfalls ein zahnmedizinisches Studium in den USA, ein Dutzend davon stammte aus Deutschland. Ein Trend, der sich bis zur Zulassung von Frauen an deutschen Universitäten fortsetzten sollte [von Bremen, 2015, 144]. Heute erinnert der vom „Verband der ZahnÄrztinnen – Dentista“ ausgelobte Hirschfeld-Tibertius-Preis an die Pionierin.

Den im Ausland approbierten Frauen (und Männern) begegnete man in Deutschland aber auch mit Misstrauen. Dies lag teils an der geringen Akzeptanz des „Doctor of Dental Surgery“, der in den USA bereits seit 1841 erworben werden konnte [Groß, 2006, 189; Groß, 1994,187-196; Krischel/Nebe, 2022, 69]. Da bis 1919 ein Äquivalent im Deutschen Reich fehlte, wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der amerikanische Doktortitel für deutsche Zahnärzte derart attraktiv, dass sich in der Folge auch unseriöse Titelmühlen in den USA etablierten.

Darunter litt nicht nur die Reputation des amerikanischen Doktorgrades nachhaltig, sondern dies hatte ebenfalls zur Konsequenz, dass ausländische Examina und Dissertationen im Deutschen Reich nicht anerkannt wurden [Groß, 2006,189; Krischel/Nebe, 2022, 69]. Obwohl per Reichsgewerbeordnung untersagt, schmückten sich die Absolventen und Absolventinnen von solchen amerikanischen Instituten oftmals illegalerweise mit ihrem im Ausland erworbenen Doktortitel [Nagelschmidt, 2007, 141; Oppitz, 1928, 198].

Die Zahnheilkunde wird
zur „Frauenfrage"

Noch vor rund 130 Jahren lehnten weite Teile der (männlichen) bildungsbürgerlichen Eliten die akademische Ausbildung von Frauen entschieden ab. Der Münchener Professor für Anatomie Theodor Bischoff (1807-1882) begründete das mit einer „zerebrale[n] Unterkapazität“ [Goerth, 1894, 400f.] der Frau [Schäfer/Groß, 2009, 175]. Dies war aber nur ein Argument unter vielen, um gegen die Zulassung von Frauen zum Hochschulstudium zu opponieren [Metz-Göckel, 1997, 17‑40; Nebe, 2023].

Mit der Aufnahme der ersten Hospitantinnen an deutschen Universitäten im Fach (Zahn-)Medizin (1894) – Zulassungsvoraussetzung war ab diesem Zeitpunkt die Zustimmung des betreffenden Dozenten – veränderte sich jedoch die Dynamik der zuvor geführten Debatte zur „Frauenfrage“ [Groß, 2018, 68]. Interessanterweise propagierte die Ärzteschaft mit einer Stellungnahme auf dem Deutschen Ärztetag in Wiesbaden (1898) weiterhin die Nichteignung der Frau zum Studium der Medizin, zeigte sich jedoch offener, wenn es um die Zahnheilkunde ging. So war der preußische Medizinalrat Martin Kirchner (1854-1925) davon überzeugt,

„daß wenn Frauen zum Studium der Medizin nicht zugelassen werden, es damit nicht ausgeschlossen sei, daß ihnen das Studium der Pharmazie und Zahnheilkunde freigegeben werde; zumal dieses Spezialfach der Medizin von den Ärzten noch nicht allgemein anerkannt wird und in Versammlungen behauptet wurde, die ,Zahntechnik‘ könne die Frau sich weit eher aneignen“ [Kirchner, zitiert nach Groß, 2018, 68].

Nach Bekanntwerden der These war die deutsche Zahnärzteschaft empört und reagierte mit einer entsprechenden Gegenstellungnahme: „Der Vereinsbund Deutscher Zahnärzte, der die Zahnärzte allein für berechtigt hält, in dieser Frage zu entscheiden, hält die vom Ärztetag […] empfohlene Zulassung der Frauen zum Studium der Zahnmedizin zur Zeit für unzweckmäßig, weil dadurch die in vollem Gange befindlichen Reformbestrebungen im zahnärztlichen Stande empfindlich gestört werden könnten“ [Seefeldt, 1937, 42]. Die „Frauenfrage“ wurde hier von ärztlicher Seite also als Ausdruck der Geringschätzung gegenüber der zahnmedizinischen Profession erörtert, nur um von der Zahnärzteschaft aus Gründen der Professionalisierung zurückgewiesen zu werden [Kuhlmann 1999, 90].

Endlich die ordentliche
Immatrikulation ...

Mit dem Bundesratsbeschluss von 1899 eröffnete schließlich Frauen den Weg an die deutschen Universitäten. Nach der Übernahme aller bis dahin registrierten „Hospitantinnen in den Status von ordentlich Immatrikulierten bei gleichzeitiger Anerkennung der bis dahin absolvierten Studienleistungen“ [Groß, 1994, 340] erfolgte noch im selben Jahr die Anpassung der Prüfungsordnung für Ärzte, Zahnärzte und Apotheker [ebd.].

Die ersten Frauen wurden 1900 in Baden zum Hochschulstudium zugelassen, nachdem bereits 1893 in Karlsruhe das erste deutsche Mädchengymnasium seine Tore geöffnet hatte. Das Schlusslicht dieser Entwicklungen war Preußen, das den Ministeriumserlass erst im Jahr 1909 umsetzte [Mathes, 2008; Nebe, 2023].

... doch die Barrieren blieben

Trotz allem blieb die Situation für studierwillige Frauen der (Zahn-)Heilkunde schwierig. So existierten weiterhin institutionelle und individuelle Barrieren, wie der Fall einer Heidelberger Zahnmedizinstudentin aus dem Jahr 1901 illustriert. Während für männliche Bewerber weiterhin die Primareife als Studienvoraussetzung galt, forderte man von der Frau für die Immatrikulation den Nachweis des Abiturs:

„Wenn auch für die Zulassung zur zahnärztlichen Prüfung der Nachweis der Reife für Prima genügt, so glauben wir doch auch den Studentinnen der Zahnheilkunde (wie auch denen der Tierarzneikunde und Pharmazie) gegenüber an den für Frauen festgesetzten strengen Immatrikulationsbedingungen unbedingt festhalten zu sollen, als diese ganze Einrichtung nur den Charakter einer versuchs- und probeweisen Anordnung hat. Wir werden deshalb Ausnahmen künftig nicht mehr zulassen“ [Nauck, 1953, 56].

Trotz der beschriebenen Hürden avancierte die Zahnmedizin in der Folge zum viertbeliebtesten Studienfach für Frauen in Deutschland [Lohscheider, 1994. 132f.]. Parallel dazu wuchs die Zahl der Zahnärztinnen stetig. Befanden sich 1909 unter den insgesamt 2.697 im Reichsgebiet registrierten Zahnärztinnen und Zahnärzten nur rund 1,2 Prozent Frauen, so stieg ihr Anteil bis 1936 auf 6,89 Prozent (von insgesamt 13.036) [Heinrich/Ottow, 1938, 282]. Ein ähnliches Bild ergab sich mit Blick auf die Medizin. Dort stieg die Frauenquote innerhalb der Ärzteschaft zwischen 1909 und 1935 von 0,3 Prozent auf 6,9 Prozent.

Die Nische als Chance?

Dabei fassten Zahnärztinnen, ähnlich wie ihre Kolleginnen in der Medizin, vornehmlich in Bereichen Fuß, in denen die „vorgebliche Eignung von Frauen“ [Kuhlmann, 1999, 101] überwog. In der Medizin betraf dies vor allem die Kinderheilkunde, die Frauenheilkunde und die Geburtshilfe. In der Zahnheilkunde waren Frauen vor allem in der Kinderbehandlung wiederzufinden, einschließlich der Teildisziplinen von Orthodontie (Schulzahnpflege) und Kieferorthopädie [Schäfer/Groß, 2009, 179; Kuhlmann, 1999, 100].

Mit der Einführung des generellen Habilitationsrechts für Frauen in der Weimarer Republik (1920) wurde ihnen eine wissenschaftliche Betätigung zugestanden. Die erste Frau, die dieses Recht für sich zu nutzten wusste, war die vielfach beschriebene Maria Schug-Kösters (1900-1975). Sie habilitierte sich im Frühjahr 1932 als erste Frau in Deutschland für das Fach Zahnheilkunde an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. In der Folge gelang ihr nicht nur der Aufstieg zur außerordentlichen Professorin, sondern sie avancierte gleichsam zu einer bedeutenden Vertreterin der Zahnerhaltungskunde [Groß, 2021a, 164-165].

Dagegen ist ihre nur wenig später habilitierte Heidelberger Kollegin Elsbeth von Schnizer (1900-1998) der zahnmedizinischen Nachwelt kaum in Erinnerung geblieben. Sie erlangte nur einige Monate nach Schug-Kösters im Sommer des Jahres 1932 die Venia Legendi für das Fach der Zahnheilkunde. Im Unterschied zu Schug-Kösters gelang es von Schnizer aufgrund ihrer NS-Belastung jedoch nicht, ihre Karriere über die Zeit des Nationalsozialismus hinaus zu behaupten [Groß/Nebe, 2021, 276-279; Nebe, 2022, 103-134].

Weitere Habilitationen von Frauen waren erst nach der Gründung der Bundesrepublik (BRD) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zu verzeichnen. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang die Lebensläufe von Anna-Luise Gentz (1920–2008), die in der BRD zur „Vorkämpferin der Kinder- und Behindertenzahnmedizin“ [Groß, 2021c, 510] avancierte und von Gisela Schützmannsky (1920-2013), der ersten Professorin für Kinderzahnheilkunde in Deutschland [Groß, 2021d].

Die (Zahn-)Medizin wird weiblich

In der Folge war die (Zahn-)Medizin gekennzeichnet durch Wellen der sogenannten Feminisierung. So stieg der Frauenanteil innerhalb der deutschen Zahnärzteschaft von Mitte der 1950er-Jahre von 13,3 Prozent auf 24,5 Prozent im Jahr 1988. Ähnliche Entwicklungen lassen sich für die Medizin ausmachen. Dort erhöhte sich die Frauenquote von 14,83 Prozent für das Jahr 1960 auf 31,92 Prozent im Jahr 1990 [Schäfer/Groß, 2009, 191; Bronner, 2000, 27].

2020 machte der Frauenanteil unter den zahnärztlich tätigen Personen in Deutschland 46,8 Prozent (33.898 von 72.468) aus [BZÄK/KZBV, 2022, 16], im gleichen Jahr waren 48,2 Prozent (197.036 von 409.121) der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte weiblich [BÄK, 2021]. Noch deutlicher ist der Trend bei den Studierenden. In den Jahren seit der Wiedervereinigung stieg der Anteil der weiblichen Erstsemester in der Medizin von 44,8 im Jahr 1992 auf 56,3 Prozent im Jahr 2002 an. Und noch mal deutlicher ist es in der Zahnmedizin: Hier wuchs die Frauenquote im genannten Zeitraum von 47,8 auf 62,6 Prozent [Schäfer/Groß, 2009, 191; Statistisches Bundesamt (Destatis), 2023].

Und heute? Männer machen 
Karriere, Frauen Teilzeit

Dennoch bedeutet die zahlenmäßige Parität noch lange keine wissenschaftliche Chancengleichheit. So sind Karrierechancen innerhalb der akademischen (Zahn-)Medizin weiterhin durch die teils traditionellen Geschlechterrollen und häufig unterschiedliche gesellschaftliche und familiäre Erwartungen geprägt. Dies zeigt sich etwa an der Ungleichverteilung der (zahn-)medizinischen Lehrstühle. So betrug der Anteil der Lehrstuhlinhaberinnen in der Zahnmedizin im Jahr 1988 lediglich sieben Prozent. Ungleich günstiger scheinen die Bedingungen innerhalb der Medizin zu sein. So entfielen im Jahr 2006 rund zwölf Prozent der Lehrstühle in Medizin auf weibliche Fachvertreter [Groß, 2021b, 162; Hibbeler/Korzilius, 2008].

Für viele Frauen scheint weiterhin die Unvereinbarkeit von Familie und Karriere Grund für das Ausscheiden aus der akademischen (Zahn-)Medizin zu sein. Dies führt dazu, dass in den medizinischen und gesundheitswissenschaftlichen Fächern im Jahr 2021 nur ein Drittel der Habilitierenden Frauen waren [Destatis, 2021]. Auch in der ambulanten Tätigkeit arbeiten Zahnärztinnen anders als ihre männlichen Kollegen.

Mit dem gestiegenen Frauenanteil wuchs auch die Zahl der Personen, die in Teilzeit oder als Angestellte arbeiten [Rebmann, 2021]. Haben Zahnärztinnen ein besseres Gespür für eine gesunde Work-Life-Balance? Oder haben hier das „Karrierehindernis Geschlecht?“ [Hendrix/Maurer/Nagel, 2019, 47] und die strukturelle Ungleichbehandlung von Männern und Frauen weiterhin Bestand?

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