Wann Zahnärzte Antibiotika verschreiben sollten
Laut WHO könnten bis zum Jahr 2050 weltweit rund zehn Millionen Menschen infolge von Antibiotikaresistenzen sterben. Dabei handele es sich um ein globales Phänomen, das aufgrund des weit verbreiteten Missbrauchs immer schwerer in den Griff zu bekommen sei. Gerade Zahnärztinnen und Zahnärzte spielten dabei eine wichtige Rolle, denn etwa zehn Prozent der Antibiotika-Verordnungen, weltweit gesehen, würden von ihnen ausgestellt.
Zehn Prozent der Antibiotika-Rezepte sind von Zahnärzten
Mit ihrem knapp 700 Seiten starken Werk „WHO AWaRe" (Access, Watch, Reserve) stellt die WHO nun evidenzbasierte Informationen zum Einsatz von Antibiotika bereit. Das Buch gibt Hinweise zu Auswahl, Dosis, Verabreichungswegen und der Behandlungsdauer von Antibiotika für mehr als 30 der häufigsten klinischen Infektionen bei Kindern und Erwachsenen in der Praxis und in Krankenhäusern.
In das Kapitel „Orale und dentale Infektionen“ ging die Expertise aus dem Weltzahnärzteverband FDI ein: Die FDI-Arbeitsgruppe „Antimikrobielle Resistenz" (AMR) unter der Leitung von Dr. Wendy Thompson formulierte zum Beispiel die lokalen und nationalen Richtlinien für die Anwendung einer Antibiotikaprophylaxe vor zahnärztlichen Eingriffen. Aufgenommen wurde auch eine Anleitung zur Bestimmung, welche Zahnerkrankungen und Infektionen für eine Antibiotikabehandlung geeignet sind.
Was Zahnärztinnen und Zahnärzte laut WHO wissen sollten:
Unbehandelte Karies ist weltweit das häufigste Gesundheitsproblem. Karies wie auch Parodontitis sind weitgehend vermeidbar.
Eine gute Mundgesundheit ist der Schlüssel zur Prävention von Mund- und Zahnerkrankungen. Dazu gehören die Reduktion des Zuckerkonsums, regelmäßiges Zähneputzen und die Reinigung der Zahnzwischenräume sowie ein Rauchstopp.
Antibiotika sind nicht erforderlich, um Zahnschmerzen zu lindern. Stattdessen können Analgetika oder weitere Behandlungen eingesetzt werden.
Antibiotika sollten nicht verwendet werden, um vor einem zahnärztlichen Eingriff Entzündungen zu verringern oder zu lindern. Ebenso sind sie zur Vermeidung von postoperativen Wundinfektionen nicht erforderlich.
Für Menschen mit stark ausbreitender Zahninfektion sind wirksame Antibiotika und ein chirurgisches Management hingegen von entscheidender Bedeutung. Eine Sepsis und die Ausbreitung einer Infektion müssen unbedingt vermieden werden.
Zum FDI-Projekt „Antimikrobielle Resistenzen"
In den vergangenen Jahren hat die Arbeitsgruppe AMR des FDI zahlreiche Projekte aufgesetzt, um antimikrobielle Resistenzen im zahnärztlichen Bereich zu bekämpfen. Außerdem verabschiedete die FDI-Generalversammlung 2019 dazu eine politische Stellungnahme. 2020 folgte dann ein Weißbuch, das die Rolle von Zahnärzten und deren Teams bei der Vermeidung der Resistenzen hervorhebt und koordinierte Maßnahmen zu deren Bewältigung vorschlägt. Das Weißbuch enthält auch eine Online-Bibliothek mit Materialien aus der ganzen Welt, die übernommen oder an regionale Bedürfnisse angepasst werden können. Zahnärzte können sich hier registrieren. Das WHO-Leitwerk ist ein weiterer Baustein im Rahmen der AMR-Strategie der FDI. nb
Das Buch finden Sie hier zum Download: www.who.int/publications/i/item/9789240062382. Das Weißbuch hier: fdiforum.bsac.org.uk