Komposit funktioniert auch im Seitenzahnbereich
Das Material für den Ersatz verlorengegangener Zahnhartsubstanz im okklusionstragenden Seitenzahnbereich war für viele Dekaden Amalgam. Diskussionen um Biokompatibilität und Ästhetik haben zur Entwicklung von alternativen Versorgungsformen geführt. Werden indirekte Techniken verwendet, so kommen diese Restaurationen sogar auf bessere klinische Langzeitergebnisse — bei allerdings deutlich höheren Kosten. Als direkte Materialien haben sich Komposite etabliert, deren Entwicklung durch die oben beschriebenen Probleme des Amalgams stark vorangetrieben wurde.
Material und Methode
Die Arbeitsgruppe um Marco Gresnigt von der Universität Groningen, Niederlande, ermittelte nun Daten zum Langzeitüberleben von Komposit-Seitenzahnrestaurationen anhand von 88 Patienten im Alter zwischen 34 und 74 Jahren (mittleres Alter 51,3 Jahre) und 117 direkten Kompositfüllungen. Eingeschlossen wurden sowohl Prämolaren als auch Molaren, die vorher mit einer Amalgamfüllung versorgt waren. Ein weiteres, sehr wichtiges Einschlusskriterium war, dass mindestens ein Höcker bei Prämolaren und zwei Höcker bei Molaren durch die Kompositfüllung ersetzt sein mussten. Die klinische Ausführung fand in einer niedergelassenen Praxis statt. In den allermeisten Fällen wurde die relative Trockenlegung gewählt.
Da zwischen 2007 und 2013 Patienten in die Studie aufgenommen wurden, wurde ein damals etabliertes adhäsives Vorgehen gewählt: Total-Etch (37-prozentige Phosphorsäure) für 20 s, Absprühen für 5 s, relative Trockenlegung, Primerauftrag (Quadrant Unibond Primer, Cavex) für 20 s, Trocknung, Adhäsivauftrag (Quadrant Adhesive, Cavex), leichtes Verblasen, Lichthärten für 20 s, Kompositapplikation in Inkrementtechnik, jeweils 20 s Lichthärten, Okklusionskontrolle (Kontakte auf der Füllung), Ausarbeitung und Politur.
Es erfolgten halbjährliche Kontrollen, bei denen Erfolg und Überleben bestimmt wurden. Misserfolge, die sich auf die Erfolgsrate auswirkten, waren Reparaturen bei freiliegendem Dentin, fehlende Approximalkontakte und notwendige endodontische Behandlungen. Unerwünschte Ereignisse, die sich auf die Überlebensrate auswirkten, waren: Sekundärkaries, Extraktion, verlorengegangene Restauration, Fraktur in Restauration oder Zahn und durch die Restauration ausgelöste Schmerzen.
Statistisch wurden multiple Faktoren wie Alter, Geschlecht, Zahnart, Kiefer, Anzahl von beteiligten Zahnoberflächen und Anzahl von ersetzten Höckern und deren Einfluss auf Überleben und Erfolg untersucht.
Ergebnisse
Nach einer mittleren Beobachtungszeit von 15 Jahren konnten 81 Patienten mit 106 Versorgungen nachuntersucht werden. Es wurden 30 Misserfolge beobachtet, von denen 26 Zähne noch in klinischer Funktion waren. Als unerwünschte Ereignisse traten auf: endodontische Behandlung (n = 6), Sekundärkaries (n = 6), mangelhafte Kontakte (n = 5), Extraktionen (n = 4), verlorengegangene Versorgungen (n = 3), frakturierte Füllung (n = 2), freiliegendes Dentin (n = 2), frakturierte Zahnhartsubstanz (n = 1) und Schmerzen durch Füllung (n = 1). Somit errechnete sich eine Erfolgsrate von 62 Prozent nach einer mittleren Beobachtungszeit von 163,4 Monaten und damit eine jährliche Misserfolgsrate von 2,79 Prozent.
Die Überlebensrate lag nach 179,1 Monaten bei 74,7 Prozent, was einer jährlichen Verlustrate von 1,7 Prozent entspricht.
Statistisch hatte die Anzahl der ersetzten Höcker Einfluss auf die Erfolgsrate von Prämolaren (p > 0,0005), alle anderen statistischen Tests zeigen keine signifikanten Auswirkungen der untersuchten Faktoren.
Diskussion
Bisher gibt es über einen derart langen Zeitraum keine Daten von Seitenzahnfüllungen, bei denen nach einer Amalgamfüllungstherapie versucht wurde, diese durch direktes Komposit zu ersetzen und gleichzeitig mindestens einen/zwei Höcker einzubeziehen. Vergleicht man die jährlichen Verlustraten mit indirekten Restaurationen, mögen sie hoch erscheinen, allerdings liegen sie im selben Bereich wie die moderner Komposite.
In anderen Studien, die zur selben Zeit wie die vorgelegte Untersuchung begonnen wurden, lagen die jährlichen Verlustraten meist deutlich höher. Bemerkenswert ist, dass kein Einfluss der beteiligten Zahnoberflächen auf die klinische Haltbarkeit der Füllungen nachweisbar war. Das bedeutet, dass auch kleine Füllungen im Seitenzahnbereich grundsätzlich keine höheren Erfolgsaussichten haben als größere.
Fazit für die tägliche Praxis
Die folgenden Schlussfolgerungen für die klinische Praxis lassen sich treffen:
Kompositrestaurationen haben auch beim Ersatz von Höckern im Molarenbereich eine zufriedenstellende klinische Überlebenswahrscheinlichkeit bei niedrigen Kosten und geringer Invasivität.
Auch unter Praxisbedingungen mit relativer Trockenlegung werden für Seitenzahnkompositrestaurationen gute Ergebnisse erzielt.
Die meisten unerwünschten Ereignisse bei Seitenzahnkompositrestaurationen lassen sich reparieren.
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Originalstudie:
Hofsteenge JW, Scholtanus JD, Özcan M, Nolte IM, Cune MS, Gresnigt MMM: Clinical longevity of extensive direct resin composite restorations after amalgam replacement with a mean follow-up of 15 years. J Dent. 2023 Jan 6;130:104409.
doi: 10.1016/j.jdent.2023.104409. Online ahead of print.
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