Interview mit Dr. Heike Steffen zum Goldhämmer-Kurs in Greifswald

„Ich beobachte eine gewisse Faszination über die Verarbeitung von Gold im Mund“

Die Goldhämmerfüllung gilt in der konservierenden Zahnheilkunde eigentlich als abgeschriebenes Versorgungsfossil. Doch das könnte sich ändern: Das Interesse an der alten Technik scheint ausgerechnet bei der jungen Generation wieder zu erwachen. Am Universitätsstandort Greifswald gibt es dazu Kurse – und die sind jeweils voll belegt. Wir haben bei Dr. Heike Steffen, Oberärztin an der Poliklinik für Zahnerhaltung der Universitätsmedizin Greifswald, nachgefragt.

Frau Dr. Steffen, wie erklären Sie sich das Interesse der Studierenden an Goldhämmerfüllungen?

Dr. Heike Steffen: Es scheinen vor allem die klassischen Vorteile des Materials – Biokompatibilität und Langlebigkeit – zu sein, die für die Kursteilnehmer interessant sind. Dabei könnte die biologische Verträglichkeit als Argument für das Gold sogar die Nase leicht vorn haben – das Bio-Image steht bei vielen Studierenden hoch im Kurs. Aber vielleicht ist es auch ein intuitives Vertrauen in die Werthaltigkeit und Beständigkeit des Edelmetalls, das hier mitspielt. Was ich immer wieder beobachten kann, ist eine gewisse Faszination über die direkte Verarbeitung von Gold im Mund des Patienten – die Möglichkeit, mit vergleichsweise ein­fachen manuellen Mitteln einen perfekten Randschluss zu erzeugen.

Kann man das Interesse für Gold als neuen Öko-Trend interpretieren? Ist es überhaupt ein Trend?

Ich weiß nicht, ob wir es mit einem Trend zu tun haben, aber ich höre immer wieder, dass der eine oder an­dere Patient heute wieder nach Zahngold fragt. Für Patienten, die weder Amalgam noch Kunststoff möchten, ist Gold das geeignete Füllungsmaterial, das bei richtiger Indikation und Pflege ein Leben lang halten kann. Besonders für Zahnhalsfüllungen ist es hervor­ragend geeignet! Aus Patientensicht ist das ein attraktives Angebot – leider wissen viele Patienten nichts von dieser Möglichkeit.

Auch wenn Gold nach wie vor hohen Respekt genießt, der Kreis der Anwender scheint doch vergleichsweise überschaubar zu sein. Wo kann man heute das Goldhämmern noch lernen?

Aktuell an unserer Universität in Greifswald. Daneben gibt es einige deutsche Studiengruppen  des amerikanischen Tucker-Clubs, bei denen die Technik der Goldhämmerfüllung ebenfalls erlernt werden kann.

Sie beschreiben die Goldhämmerfüllung im folgenden Beitrag [S. 32–37] als anspruchsvoll und techniksensitiv. Wie lange muss man üben, bis man die Technik erfolgreich anwenden kann? Wie hoch ist der Lernaufwand für erfahrene Kolleginnen und Kollegen, die eine Herausforderung suchen?

Das hängt von der Indikation ab. Eine bukkale oder eine okklusale Gold­hämmerfüllung kann man sicher schon nach einem Wochenendkurs ohne Probleme legen. Die Klasse-V-­Füllung verlangt etwas mehr Erfahrung, da hierbei viel mit Handinstrumenten ausgearbeitet werden muss, was für den Zahnarzt ungewohnt ist, da diese Instrumente in der täglichen zahnärztlichen Arbeit meist nicht mehr eingesetzt werden. Letztlich ist aber auch das Geschick des Einzelnen entscheidend.

Sie werden im Sommer in Greifswald eine größere Tagung zur Goldhämmerfüllung veranstalten. Was ist dort geplant?

Ende Juni / Anfang Juli 2023 findet an unserer Universität in Greifswald ein dreitägiger praktischer Arbeitskurs mit theoretischen Grundlagen zur Goldhämmerfüllung statt. Unter Anleitung von erfahrenen Mentoren der American Academy of Gold Foil Operators (AAGFO) und des Tucker Study Clubs aus Kanada und den USA können die Teilnehmer die Technik der Gold­hämmerfüllung erlernen und am Phantomkopf trainieren. Auch Richard D. Tucker selbst wird vor Ort sein und seine Erfahrungen weitergeben.

Das Gespräch führte Benn Roolf.

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