Forsa-Umfrage zur Gesundheitspolitik

Wenig oder kein Vertrauen

Eine repräsentative Forsa-Umfrage zeigt: Fast 60 Prozent der Deutschen bezweifeln, dass die Politik in der Lage ist, für eine hochwertige und bezahlbare Gesundheitsversorgung zu sorgen.

Im Jahr 2020 waren es noch 30 Prozent, die „der Politik" nicht zutrauten, eine hochwertige und bezahlbare Gesundheitsversorgung zu organisieren. Drei Jahre (und eine Pandemie) später sind es nahezu doppelt so viele, aufgerundet 60 Prozent, die „wenig oder kein Vertrauen" in die Fähigkeiten der GesundheitspolitikerInnen haben.

Rund 40 Prozent der Befragten sind zudem der Meinung, dass sich die medizinische Versorgung bei ihnen vor Ort im vergangenen Jahr insgesamt verschlechtert hat. Bei chronischen Erkrankten ist dieses Empfinden noch verbreiteter (46 Prozent). Vermisst werden („wichtig oder sehr wichtig") wohnortnahe medizinische Anlaufstellen (84 Prozent) und schnelle Termine (98 Prozent). Außerdem wünschen sich die meisten, dass Ärzte und Gesundheitsfachkräfte sich mehr Zeit nehmen (98 Prozent), um beispielsweise gemeinsame Entscheidungen für Therapien oder Medikamente zu treffen (91 Prozent). Insbesondere chronisch kranke Patienten, Menschen in kleinen und mittleren Städten (bis 100.000 Einwohner) und über 60-Jährige messen diesen Aspekten eine große Bedeutung bei.

„Zukunftsfähig" wird das Gesundheitssystem erst, wenn die Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal verbessert werden, etwa durch eine bessere Bezahlung oder bessere Arbeitszeiten (97 Prozent). Dass Pflegekräfte zudem mehr Verantwortung übernehmen dürfen, war 76 Prozent der Befragten wichtig oder sehr wichtig. Viele erachten es dabei als notwendig, in die Ausbildung von medizinischem Personal und Pflegepersonal zu investieren (63 Prozent) und den Pflegeberuf auch durch Akademisierung schrittweise zu stärken (57 Prozent).

Die Mehrheit sieht falsche Prioritäten

Der Aussage, „die Bundesregierung und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) haben in ihrem ersten Regierungsjahr [...] die richtigen Prioritäten gesetzt", stimmten 40 Prozent der Befragten voll und ganz (5 Prozent) oder eher (35 Prozent) zu. Etwas mehr als die Hälfte (52 Prozent) stehen eher nicht (32 Prozent) oder gar nicht (20 Prozent) dahinter. Befragte aus Westdeutschland und Befragte ab 60 Jahren waren häufiger voll und ganz beziehungsweise eher d'accord als Befragte aus Ostdeutschland und die unter 60-Jährigen. Mehrheitlich meinen nur die Anhänger der SPD und der Grünen, dass Lauterbach die richtigen Prioritäten gesetzt habe. Der Aussage, das deutsche Gesundheitssystem sei heute besser aufgestellt als vor einem Jahr, stimmte nur ein Fünftel voll und ganz (1 Prozent) oder eher (18 Prozent) zu. Die meisten teilen diese Aussage eher nicht (50 Prozent) oder gar nicht (20 Prozent).

Für Prof. Dr. Mark Dominik Alscher, Geschäftsführer des Bosch Health Campus, zeigen die Umfrageergebnisse „dringenden Handlungsbedarf". Das Gesundheitssystem müsse konsequent am Patientenwohl ausgerichtet werden, damit es zukunftsfähig bleibe. Alscher: „Der Zugang für alle zu einer bezahlbaren und qualitativen Gesundheitsversorgung auch auf lange Sicht muss gewährleistet sein.“

Für die Umfrage hat das Meinungsforschungsinstitut Forsa vom 25. Januar bis zum 10. Februar 2023 bundesweit 1.850 Personen ab 18 Jahren befragt. Die Erhebung im Auftrag des Bosch Health Campus der Robert Bosch Stiftung bildet den Abschluss der Initiative „Neustart! Reformwerkstatt für unser Gesundheitswesen".

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