Junge Helden e.V.

Ein Tattoo könnte Leben retten

Die Tätowierung „OPT.INK“ steht im Zentrum der neuen Kampagne von Junge Helden e.V. und soll die Bereitschaft zur postmortalen Organspende signalisieren.

Anna Barbara, du bist Geschäftsführerin und Mitgründerin der gemeinnützigen Organisation Junge Helden e.V. Wofür setzt ihr euch ein?

Anna Barbara Sum: Wir haben die Organisation Junge Helden e.V. vor 20 Jahren gegründet. Ausschlaggebend war, dass eine enge Freundin und spätere Hauptgründerin aufgrund einer Autoimmunerkrankung eine Spenderlunge brauchte. Als wir uns im Freundeskreis über das Thema Organspende informiert haben, sind wir auf wenig ansprechendes Aufklärungsmaterial gestoßen. Daraus ist die Idee entstanden, das Thema Organspende neu aufzubereiten. Wir haben damals begonnen, neues Aufklärungsmaterial zu erstellen, sind in Schulen gegangen und haben Partys organisiert, um junge Menschen für das Thema zu sensibilisieren.

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Anna Barbara Sum ist Geschäftsführerin der gemeinnützigen Organisation Junge Helden. 2003 hat sie den Verein gemeinsam mit Freunden mit dem Ziel gegründet, für das Thema Organspende zu sensibilisieren. Junge Helden wird von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern geführt, durch Prominente unterstützt und durch private Spenden getragen.

Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) warten aktuell rund 8.500 Deutsche auf ein Spenderorgan. Gleichzeitig ist die Zahl der Organspenden in Deutschland im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr abnehmend gewesen. Woran liegt das?

Das liegt vermutlich an der rechtlichen Situation in Deutschland. Hier treffen letztendlich die Angehörigen die Entscheidung. Wenn die verstorbene Person sich vor ihrem Tod nicht eindeutig für eine postmortale Organspende ausgesprochen hat, tendieren viele Angehörige dazu, eine Spende eher abzulehnen. Regelmäßige Umfragen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zeigen aber, dass ein Großteil der deutschen Bevölkerung dem Thema Organe eher positiv gegenübersteht. Zuletzt lag sie bei rund 84 Prozent [BZgA]. Leider haben allerdings nur rund die Hälfte der spendenbereiten Personen ihren Willen schriftlich dokumentiert und überlassen somit den Angehörigen die finale Entscheidung.

Während in Deutschland die Zustimmungslösung herrscht, gilt in vielen europäischen Nachbarländern, zum Beispiel in den Niederlanden, Belgien, Kroatien, Slowenien oder Österreich, hingegen die Widerspruchsregelung. Das bedeutet, dass jeder Mensch Organspender ist – es sei denn, er widerspricht ausdrücklich. Wir setzen uns dafür ein, diese Regelung auch in Deutschland einzuführen.

Ihr habt die Kampagne OPT.INK. ins Leben gerufen. Was steckt dahinter?

Wir wollten, dass über das Thema Organspende mehr gesprochen wird. Wie bereits erwähnt, zählt letztendlich die Entscheidung der Angehörigen. Je genauer sie wissen, wie der oder die Verstorbene zu einer Organspende steht, desto leichter fällt ihnen die Entscheidung. In Deutschland sind sehr viele Menschen tätowiert – so sind wir auf die Idee gekommen, eine Tätowierung zu entwerfen, die die Bereitschaft zu einer Organspende signalisiert. Wir haben das Organspende-Tattoo Anfang des Jahres auf der Tattoo-Convention in Braunschweig vorgestellt.

Wie ist die Form des Tattoos entstanden? Was steckt hinter dem Kreis und den beiden Halbkreisen?

Der Kreis symbolisiert ein O für „organ“ und der Halbkreis ein D für „donor“. Zudem haben die Halbkreise auch eine symbolische Wirkung: Wenn sie sich vereinigen, werden sie wieder zu einem ganzen Kreis. Sie stehen für ein neues Leben, das durch eine Organspende geschenkt wird. Der Künstler GARA hat das Tattoo für uns entworfen. Es sollte vor allem einfach zu tätowieren sein. Außerdem gibt es noch Spielraum für individuelle Gestaltung.

Reicht allein die Tätowierung als Zustimmung für eine Organspende beziehungsweise kann sie einen Organspende-Ausweis ersetzen?

Die Tätowierung reicht dann, wenn die Angehörigen wissen, wofür sie steht. Sie ist ein Statement und hilft den Angehörigen, im Sinne der oder des Verstorbenen zu handeln. Vor dem Stechen einer Tätowierung muss allerdings immer eine Einverständniserklärung unterzeichnet werden. Beim Stechen des Organspende-Tattoos beinhaltet diese zusätzlich eine Willenserklärung für die Organspende. In dieser können natürlich auch einzelne Organe von der Spende ausgeschlossen werden. Wenn man seine Meinung irgendwann einmal ändern soll, kann die Willenserklärung selbstverständlich auch widerrufen werden.

Kennen Ärztinnen und Ärzte oder medizinisches Personal das Symbol?

Wir versuchen natürlich, Kliniken dafür zu sensibilisieren und viele Ärztinnen und Ärzte kennen die Bedeutung des Tattoos bereits. Aber wichtig ist vor allem, dass eine sichtbare Tätowierung zu einem Dialog mit Freunden und Angehörigen anregt, die ja schließlich auch die finale Entscheidung treffen.

Wo kann ich die Tätowierung erhalten?

In Deutschland gibt es bereits 550 Studios die mit uns kooperieren. Auf unserer Webseite findet man eine Landkarte mit teilnehmenden Studios. Die Konditionen der einzelnen Studios können aber unterschiedlich sein. Einige bieten das Tattoo komplett kostenfrei an, während andere es zum Beispiel als kostenloses „Zweit-Tattoo“ stechen, wenn man eine Tätowierung regulär bezahlt. Andere bieten spezielle Zeiträume für das Stechen von Organspende-Tattoos an. Die genauen Informationen erhält man bei den teilnehmenden Studios. Wir sind den Studios sehr dankbar, dass sie uns bei unserer Kampagne unterstützen und dafür Zeit und finanzielle Ressourcen bereitstellen.

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Das Gespräch führte Dr. Nikola Lippe.

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