Eine perfekte Schnittstelle zwischen Medizin, Zahnmedizin, Anästhesie, Eltern und Station
Die ersten zahnmedizinischen Operationen unter Vollnarkose (ITN) an zwei schwerstkranken Patienten wurden bereits durchgeführt. Dabei stehen bei jeder ITN-Behandlung simultan zwei Experten der Universitätszahnklinik Witten/Herdecke bereit: ein Fachzahnarzt für Oralchirurgie (Prof. Dr. Joachim Jackowski) und ein Kinderzahnarzt (PD Dr. Peter Schmidt).
„Der LichtHafen arbeitet nach dem Konzept, dass der Arzt zum Kind kommt und nicht umgekehrt“, berichten Jackowski und Prof. Dr. Boris Zernikow, Chefarzt des Kinderpalliativzentrums, den zm. „Vielen jungen Patientinnen und Patienten bleibt mit dem Angebot ein oft risikoreicher und stressbehafteter Transport in andere Krankenhäuser erspart.“ Die Einrichtung will so eine große Versorgungslücke schließen und ihr Angebot auch auf die Zahnmedizin ausweiten.
„In Datteln werden die Patienten in einer Kinder- und Jugendklinik vor- und nachoperativ betreut, die sich mit ihrer Grunderkrankung und den Komorbiditäten auskennt“, betonen sie. „Außerdem sind die Ressourcen für eine umfassende psychosoziale Betreuung und Übernachtungsmöglichkeiten für Eltern vorhanden: Nach der Therapie in Narkose werden die Patienten abhängig vom postoperativen Verlauf stationär in der Kinder- und Jugendklinik betreut.
Hier kennt man sich mit den Krankheiten der Kinder aus
„Fast all unsere Patient:innen leiden an seltenen Erkrankungen – bei Kindern gehören dazu vor allem neurologische Erkrankungen, Stoffwechselstörungen und Krebserkrankungen“, erläutert Zernikow. „Bislang mussten wir die Patienten in andere Kliniken verlegen, damit dort die nötigen Eingriffe vorgenommen werden können. Das ist für die Familien ein von außen kaum vorstellbarer Aufwand und Stress. Unser Ziel ist, genau diesen Stress zu vermeiden, wo immer es geht. Wir möchten den Familien Zeit verschaffen, und zwar: Mehr gute Zeit. Der LichtHafen macht das möglich!“
Viele schwer neurologisch kranke Kinder und Jugendliche könnten verbal nicht kommunizieren und seien geistig wie körperlich stark eingeschränkt, erläutern die beiden Wissenschaftler. „Trotzdem kann die Mehrheit von engagierten niedergelassenen Zahnärztinnen und Zahnärzten oder in Spezialsprechstunden ambulant versorgt werden.“
Schwersterkrankte Kinder und Jugendliche, die nicht unter ambulanten Anästhesie-Bedingungen zahnärztlich oder oralchirurgisch therapiert werden können, können im LichtHafen sowohl zahnerhaltend als auch oralchirurgisch umfassend behandelt werden. So besitzt der LichtHafen einen großzügig dimensionierten Eingriffsraum mit modernstem anästhesiologischem Equipment inklusive digitale Röntgengeräte, eine Absauganlage für zahnmedizinische Behandlungen und fachgebietsspezifische Instrumente. Kurze Informationswege und standardisierte Abläufe erleichtern dabei das Prozedere. Da die Zahnklinik und die Kinderklinik zur Universität Witten/Herdecke gehören, ist Jackowski und Zernikow zufolge eine perfekte Schnittstelle zwischen Kinder- und Jugendmedizin, Zahnmedizin, Anästhesie, Eltern, Betreuern und Station entstanden.
Doppelt ausgezeichnet
Die Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln – Universität Witten/Herdecke wurde mit dem MSD Gesundheitspreis 2023 und dem MSD Publikumspreis ausgezeichnet. Beim Jury-Gesundheitspreis kam sie auf den 3. Platz (dotiert mit 15.000 Euro) von 63 Bewerbungen. Der Publikumspreis ist mit insgesamt 5.000 Euro dotiert. Den Preis verlieh der Fernseh-Arzt Dr. Heinz-Wilhelm Esser (Doc Esser).
MSD ist eines der weltweit größten forschenden biopharmazeutischen Unternehmen. Seit 2011 vergibt MSD jährlich den Gesundheitspreis an Projekte, Initiativen und Einrichtungen, die zur Verbesserung der Patientenversorgung beitragen und sich im Praxisalltag bewähren.
„Der LichtHafen zeichnet sich durch eine extrem hohe Expertise und Patient:innenorientierung aus“, berichten sie. „Diese kann nur erreicht werden, wenn die Patientinnen und Patienten sehr gut ausgewählt und vorbereitet sind.“ Voraussetzung dafür sei eine strukturierte und standardisierte Kooperation, die auf einem Qualitätsmanagement-Konzept basiert und vertraglich zwischen der UWH-Zahnklinik und der Vestischen Kinder- und Jugendklinik geregelt ist. Auch die Mitarbeitenden seien speziell für die Versorgung schwerkranker und behinderter Kinder ausgebildet. „Und dadurch, dass die Mitarbeitenden der Zahnklinik ausschließlich für diese Hochrisikopatienten anreisen und finanziert werden, ist das Konzept auch effizient!“