Aus der Wissenschaft

Neue Daten zu Keramikimplantaten

Keramikimplantate sind vor allem im deutschsprachigen Raum ein seit vielen Jahren heiß diskutiertes und sehr emotionales Thema. Inzwischen gibt es eine Leitlinie zum Thema, darin wird die vergleichsweise gute Datenlage der einteiligen Keramikimplantate beschrieben. Langzeitdaten von zweiteiligen Keramikimplantaten gibt es aber nur ganz wenige, obwohl der Markt sicher zweiteilige Implantate den einteiligen vorziehen würde.

Die Frage, ob ein Keramikimplantat genauso gut funktioniert wie ein Titanimplantat, versuchen verschiedene wissenschaftliche Gruppen derzeit zu beantworten. Wenn dem so wäre, würden wahrscheinlich viele Kolleginnen und Kollegen auf die weiße Implantatvariante, das Keramikimplantat, zurückgreifen. Ausreichend Daten gibt es derzeit nur zu einteiligen Keramikimplantaten, die eine Reihe von prothetischen Nachteilen aufweisen und damit im Einsatz limitiert sind.

Bei den zweiteiligen Keramikimplantaten gibt es verschiedene Möglichkeiten, den enossalen Anteil mit dem Abutment zu verbinden. Neben klassisch verschraubten Verbindungen mit und ohne Metalleinsatz im Implantat (Abbildung), kommen auch geklebte Aufbauten zum Einsatz. Aber erreichen diese zweiteiligen Keramikimplantate auch über einen längeren Beobachtungszeitraum gute klinische Erfolgsraten?

Material und Methode

Die Arbeitsgruppe um Jürgen Becker (Universitätsklinikum Düsseldorf) versuchte, diese Fragestellung in einer klinischen Untersuchung zu beantworten. Dafür wurden bei 60 Patienten ein oder mehrere Keramikimplantate eingesetzt. Als Durchmesser kamen 4,5 und 5,0 mm zum Einsatz, während die verwendeten Längen zwischen 9, 11 und 13 mm variierten. Erhielten Patienten mehr als ein Implantat, wurde nur das am weitesten anterior gelegene in die Auswertung einbezogen. Nach der Einheilzeit konnten 52 Implantate prothetisch versorgt werden. Dazu wurde ein Glasfaserabutment adhäsiv im Implantat verankert (Panavia F2.0), diese Situation dann konventionell abgeformt und mit einer Lithiumdisilikatkrone versorgt, die ebenfalls adhäsiv befestigt wurde.

Ursprünglich war die Studie auf zwei Jahre Beobachtungszeit angelegt worden, die Ergebnisse wurden bereits 2017 publiziert. Im Rahmen der nun veröffentlichten Ergebnisse wurden die noch verfügbaren Patienten nach neun Jahren klinischer Beobachtungszeit nochmals untersucht. Der Fokus lag dabei auf dem Implantatüberleben, als weitere Parameter wurden der Plaqueindex (dichotom), Blutung auf Sondierung, die Sondierungstiefe und die Mukosarezession dokumentiert und mit den vorhandenen Daten verglichen.

Ergebnisse

Von den ursprünglich 60 Patienten wurden die 52 Patienten mit den erfolgreich osseointegrierten Implantaten in die Studie aufgenommen, wobei Baseline mit der Eingliederung der Krone definiert wurde. Beim Zwei-Jahres-Recall waren zwei Implantate verloren gegangen und vier Patienten als Drop-Out registriert. Somit konnten zu diesem Zeitpunkt 46 Implantate ausgewertet werden. Diese 46 Patienten wurden erneut zum Neun-Jahres-Recall einbestellt, wobei 30 Patienten an der Nachuntersuchung teilnahmen. Hier ging ein weiteres Implantat nach 110 Monaten verloren, so dass insgesamt Daten von 29 Implantaten erhoben werden konnten.

Von diesen 29 Implantaten wurde in zehn Fällen vor dem Zwei-Jahres-Recall eine periimplantäre Mukositis diagnostiziert, die mit mechanischer Reinigung und lokaler antiseptischer Therapie mit Chlorhexidindigluconat therapiert wurde. Bei weiteren zehn Implantaten trat ebenfalls vor dem Zwei-Jahres-Recall eine Periimplantitis auf, die mit einer Er:Yag Lasertherapie behandelt wurde. Nach neun Jahren bestand kein Unterschied bei Blutung auf Sondierung zwischen den vorher behandelten und den unbehandelten Implantaten. Die Mehrheit der Patienten (82,8 Prozent) zeigte keine Plaque um die Implantate zur Baselineuntersuchung, bei den beiden Recallterminen stieg der Plaqueindex jedoch signifikant an. Die übrigen Ergebnisse auf Implantatniveau sind in der Tabelle dargestellt.

Weiterhin traten insgesamt neun technische oder mechanische Komplikationen auf. So frakturierten insgesamt sechs Glasfaserabutments, die nach Austausch des Abutments und der Herstellung einer neuen Krone in ihrer Funktion wiederhergestellt werden konnten. Ein Glasfaserabutment dezementierte sich, wie auch eine Krone. Weiterhin frakturierte eine Krone. Die genauen Zeiten der Ereignisse werden hier nicht angegeben, nur die mittleren Zeiten der mechanischen (43,7 Monate) und technischen (53,7 Monate) Komplikationen.

Diskussion

Die Autoren schlussfolgern aus den Ergebnissen, dass zweiteilige keramische Implantate nach neun Jahren biologisch und technisch zufriedenstellend funktionieren. Man muss allerdings berücksichtigen, dass von ursprünglich 60 Patienten nur Daten von 29 ausgewertet werden konnten. Wenn wir über die Erfolgsrate sprechen, müssten meiner Meinung nach auch die acht nicht osseointegrierten Implantate mitberücksichtigt werden. Es zeigte sich auf der einen Seite, dass auch keramische Implantate periimplantäre Entzündungen aufweisen können, und zwar zu mehr als zwei Dritteln der nachuntersuchten Implantate. Auf der anderen Seite waren diese Entzündungen sehr erfolgreich behandelbar, so dass kein signifikanter Unterschied in den biologischen Parametern nach neun Jahren nachweisbar war. Die hohe Anzahl an technischen und mechanischen Komplikationen ist sicher auch noch der den Titanimplantaten hinterherhinkenden Entwicklung der Keramikimplantate geschuldet. Allerdings kann man die Fraktur der Glasfaserabutments auch als Sollbruchstelle verstehen, die Schaden vom Implantat abhält.

Was bedeuten die Ergebnisse für die tägliche Praxis?

Folgende Schlussfolgerungen für die klinische Praxis lassen sich treffen:

  • Nach neun Jahren zeigte ein signifikanter Teil der inserierten zweiteiligen keramischen Implantate zufriedenstellende klinische Ergebnisse.

  • Periimplantäre Entzündungen treten auch an Keramikimplantaten auf.

  • Adhäsiv verklebte Glasfaserabutments zeigen erhöhte technische Komplikationsraten.

  • Das getestete zweiteilige Keramikimplantatsystem zeigte keine Frakturen des enossalen Anteils nach neun Jahren.

  • Im Vergleich zu Titanimplantaten hinkt die Entwicklung bei Keramikimplantaten noch hinterher.

Die Studie: Brunello G, Rauch N, Becker K, Hakimi AR, Schwarz F, Becker J: Two-piece zirconia implants in the posterior mandible and maxilla: A cohort study with a follow-up period of 9 years. Clin Oral Implants Res. 2022 Dec;33(12):1233-1244.

Florian Beuer

Univ.-Prof. Dr. Florian Beuer

Abteilung für Zahnärztliche Prothetik, Funktionslehre und Alterszahnmedizin, Centrum für Zahn-, Mund- und
Kieferheilkunde, Charité –
Universitätsmedizin Berlin
Aßmannshauser Str. 4–6, 14197 Berlin

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