Über sieben Brücken musst du gehen
1. Erfolg ist ein Marathon, kein Sprint
Auf deinem Gründungsweg benötigst du vor allem drei Komponenten: Zeit, Geduld und Ausdauer. Mache dir deine noch unklaren Gedanken, Wünsche und Visionen bewusst und entscheide dann, was du wirklich willst und wie deine eigene Praxis aussehen soll. Dieser Prozess kann Monate oder sogar Jahre dauern – und beginnt häufig schon, während du noch als Angestellter tätig bist. Mein Tipp: Schreibe dir alle deine Gedanken zum Thema Existenzgründung auf. Diese können zunächst ruhig stichpunktartig und ungeordnet sein.
Nutze dafür zum Beispiel ein Cloud-Dokument, so dass du diese Notizen immer zur Verfügung und griffbereit – auch auf deinem Smartphone – hast. Mit der Zeit wirst du erkennen, dass sich deine schriftlich formulierten Gedanken thematisch gruppieren lassen. So fängst du nach deiner Entscheidung zur Selbstständigkeit nicht bei Null an, sondern hast bereits eine Vorstellung davon, wohin die Reise geht. Wenn die Entscheidung steht, kann eine Existenzgründung auch sehr kurzfristig innerhalb von vier bis sechs Monaten gelingen. Übrigens: Deine Wünsche und Visionen dürfen sich ruhig mit der Zeit ändern. Gestehe dir zu, durch neue Eindrücke und Informationen deine alte Vorstellung zu revidieren beziehungsweise zu aktualisieren.
2. Lernen hört nie auf
Als Gründer wirst du dich zwingend den Herausforderungen stellen müssen, die sich im Laufe deines Gründungsprozesses ergeben. Das kannst du gut oder schlecht finden – am Ende des Tages ist es deine Entscheidung, ob du deine Energie in das Lamentieren und Aufregen über unveränderliche Dinge oder in die Lösungsfindung investierst. Natürlich erfordert dieses Vorgehen (mentale) Kraft, Mühe und deine Bereitschaft, „die Extrameile zu gehen“.
Sieh es als Chance: In diesem Prozess lernst du auch viel über dich selbst und wirst mit der Zeit verstehen, was funktioniert und was nicht. Auf der Metaebene zu analysieren und schlussendlich zu erkennen, warum eine Entscheidung funktioniert hat oder eben nicht, gibt dir eine enorme Gelassenheit im Umgang bei allen künftigen Herausforderungen.
3. Du musst deine Entscheidungen schnell treffen!
Schnelle Entscheidungen ermöglichen es dir, agil zu handeln, Chancen zu nutzen, Fehler zu korrigieren und effizienter zu arbeiten. Dies ist entscheidend, um langfristig im dynamischen Umfeld deiner Praxis erfolgreich zu sein. Als Gründer solltest du also lernen, wie du schnell Entscheidungen treffen kannst. Ich weiß: Vielen fällt genau das extrem schwer, zumal du den Weg in die Selbstständigkeit in aller Regel zum ersten Mal beschreitest. Die gute Nachricht ist, dass du persönlich deinen Entscheidungsmuskel trainieren kannst. Mit jeder Entscheidung, die du getroffen hast, wächst er und wird belastbarer für zukünftige Entscheidungen.
In unserer dynamischen Welt ändern sich die Bedingungen und Anforderungen ständig und rasant. Schnelle Entscheidungen ermöglichen es dir, dich und deine Strategien an diesen Wandel schnell anzupassen. Oft ergeben sich Chancen nur innerhalb eines kurzen Zeitfensters – du solltest sie nicht wegen mangelnder Entscheidungsfreude verstreichen lassen. Dabei ist es nur zweitrangig, ob sich die getroffene Entscheidung tatsächlich als die richtige Entscheidung herausstellt (im Entscheidungsmoment hat sie sich für dich ja richtig angefühlt), sondern viel wichtiger, dass du überhaupt eine Entscheidung getroffen hast.
4. Ignoriere die Nein-Sager
Als Gründer ist entscheidend, dass du negative Kommentare ignorierst und deine alten, bremsenden Glaubenssätze über Bord wirfst. „Nein-Sager“, die zu allen Vorhaben und Neuerungen stets „Nein!“ sagen, können aus sämtlichen Bereichen deines Lebens kommen: deiner Familie, deinen Freunden, vielleicht sogar von Kolleginnen und Kollegen. Man muss ihnen zugutehalten, dass sie es ja nur gut mit dir meinen. Da ist die Sorge deiner Familie, dass die Selbstständigkeit eine zu riskante Berufsform ist. Da sind vielleicht auch die Vorurteile einiger Kollegen, dass die goldenen Zeiten der Zahnmedizin längst vorbei sind. All diese, vielleicht gut gemeinten, aber dennoch negativen Kommentare und hinderlichen Überzeugungen können deine Motivation und dein Selbstvertrauen untergraben und damit deinen Erfolg beeinträchtigen.
Mein Tipp: Ignoriere die Kommentare, mache dir stets ein eigenes Bild und blicke positiv in die Zukunft. Übernimm Verantwortung für dein Handeln und vermeide die ungefilterte Übernahme der Glaubenssätze anderer. So wirst du dein volles Potenzial entfalten können.
5. Verdrahte dich mit Kollegen vor Ort
Als Gründer wird dir stets vermittelt, dass du über ein stabiles Netzwerk verfügen musst. Dazu gehören vor allem: Steuerberater, Rechtsanwalt, Depot, Versicherungsmakler und und und. Hat dir schon einmal jemand gesagt, dass zu deinem Netzwerk auch die Kollegen vor Ort gehören (sollten)? Eine gute kollegiale Verbindung ermöglicht es dir, dich über aktuelle Entwicklungen, Herausforderungen und Chancen auszutauschen und gemeinsam zu wachsen. Viel zu häufig konnte man in der Vergangenheit von Konkurrenzdenken innerhalb der Kollegenschaft hören. Aus meiner Sicht sollten diese Geschichten in Zeiten drohender Unterversorgung und von Fachkräftemangel endgültig beendet werden.
Nur gemeinsam und kollegial vereint werden wir die künftigen Herausforderungen meistern können. Es ist stets besser, miteinander zu reden anstatt übereinander. Mein Tipp: Stell dich doch als neuer Kollege bei dem Kreisstellenvorsitzenden mindestens telefonisch vor. So hast du auch die Möglichkeit zu erfragen, wann die nächste Versammlung der regionalen Kollegen stattfindet. Nutze dann unbedingt die Möglichkeit, dich dort mit deinen regionalen Kollegen vertraut zu machen und zu vernetzen.
6. Führe das Personal – aber richtig
Patienten werden nicht das Problem der Zukunft sein, geeignetes Fachpersonal zu finden, könnte es werden. Als Gründer ist es von entscheidender Bedeutung, dass du dich intensiv mit dem Thema Personalführung auseinandersetzt. Das ist nicht nur wichtig für den Aufbau eines starken Teams, sondern auch für das Wachstum und den Erfolg deiner Praxis. Beschäftige dich mit den verschiedenen Menschentypen, dabei helfen unterschiedliche Modelle, die dir ein Gespür vermitteln, worum es bei Personalführung wirklich geht: dein Gegenüber wahrzunehmen.
Erkenne die individuellen Besonderheiten und Fähigkeiten deiner Teammitglieder und nutze sie, um die gemeinsam definierten Ziele zu erreichen. Durch eine inspirierende Führung schaffst du ein Umfeld, in dem sich deine Mitarbeiter gerne und mit Herzblut engagieren. Mein Tipp: Nutze Social-Media-Kanäle nicht nur zur Patientenakquise, sondern vor allem, um dich als starke Arbeitgeber-Marke zu präsentieren.
„Ich will Lust auf Selbstständigkeit machen“
Dr. Fabian Godek studierte in Göttingen Zahnmedizin, machte dort 2015 Examen und erfüllte sich 2019 seinen Traum einer eigenen Zahnarztpraxis. Im ländlich geprägten Rinteln, Niedersachsen, gründete er gemeinsam mit einer Freundin die Berufsausübungsgemeinschaft „Zahnärzte am Kloster“ und übernahm eine Einzelbehandler-Praxis. Seinen Gründungsprozess erlebte Godek so, dass viele Antworten auf relevante Fragen offen blieben.
„Täglich mussten zig Entscheidungen getroffen werden, aber die Grundlagen, auf denen sie getroffen werden sollten, waren teilweise nicht vorhanden: Welche konkreten Schritte muss ich als Nächstes tun? Auf wen kann ich mich dabei eigentlich verlassen? Was sind die Stellschrauben zum Erfolg? Wie erkenne ich die richtigen Geschäftspartner? Geht es eigentlich nur mir/uns so?“, erzählt er. Die Antworten musste er in einem mühsamen Prozess nach dem Motto Trial and Error finden.
So entstand bei ihm die Idee, seine Erkenntnisse aus dem Gründungsprozess zu teilen: Mit seinem Unternehmen dentalGRÜNDER berät er junge Kolleginnen und Kollegen, seit Herbst 2023 interviewt er in seinem Podcast Gründer. Gleichzeitig will Godek mit Vorträgen für Kammern, KZVen, Industrie und Handel für die Selbstständigkeit werben – seiner Meinung nach die schönste Möglichkeit, Freiberuflichkeit zu leben.
Bereits 2020 – ein Jahr nach seiner Praxisgründung – wurde er als jüngstes Mitglied in die Kammerversammlung der Zahnärztekammer Niedersachsen gewählt und setzt sich seitdem als Vorsitzender des Ausschusses Beruflicher Nachwuchs, Praxismanagement und Familie für die Belange der jungen Kollegenschaft ein. Auch auf Bundesebene ist er als jüngstes Mitglied der Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer aktiv.
7. Finde für dich einen Ausgleich
In deinem Gründungsprozess solltest du auch daran denken, für dich einen mentalen und körperlichen Ausgleich zu finden. So kannst du deine Gesundheit und dein Wohlbefinden erhalten, deine Produktivität steigern, bessere Entscheidungen treffen, Stress abbauen, psychischen Erkrankungen vorbeugen und langfristig erfolgreich sein.
Vergiss nicht: Deine Gesundheit und dein allgemeines Wohlbefinden spielen im Gründungsprozess eine wesentliche Rolle. Du selbst entscheidest über Erfolg und Misserfolg deiner Gründung. Dabei kann es phasenweise äußerst stressig sein – mit langen Arbeitszeiten und einem hohen Maß an Belastung. Um dem entgegenzuwirken, ist es wichtig, dass du auch auf körperliche Aktivität und Entspannungstechniken setzt. Sie werden dir helfen, deinen Stress abzubauen und deine Gesundheit zu erhalten.
Regelmäßige Pausen und Erholungszeiten ermöglichen es dir, deine Batterien wieder aufzuladen und mit frischem Geist und gesteigerter Konzentration an die Arbeit zurückzukehren. Durch regelmäßige Bewegung und mentale Erholung kannst du klarer denken und fundiertere Entscheidungen treffen. Wichtig ist, dass du eine gute Balance findest und daran denkst, dich nicht über einen zu langen Zeitraum zu überfordern. Erkenne den Unterschied zwischen notwendiger Überforderung, um zu wachsen (dafür musst du immer ein klein wenig aus deiner persönlichen Komfortzone heraus), und dem Gefühl von körperlicher, emotionaler und mentaler Erschöpfung. Nur ein gesunder Geist in einem gesunden Körper kann langfristig erfolgreich eine Praxis führen.