Cutting-Edge!
Er gehört zu den Dingen, die sich wohl nie gänzlich vermeiden lassen, die aber ein Patient auch im Hinblick auf seine Behandlung wohl am besten beurteilen kann: der Schmerz. Die schmerzarme Behandlung bleibt eine „Visitenkarte“ der Praxis: Macht der Patient hier gute Erfahrungen, berichtet er auch gern darüber. Der Mainzer MKG-Chirurg und Buchautor Prof. Dr. Peer W. Kämmerer widmete seinen Einführungsvortrag daher dem Schmerzmanagement.
Der Schmerz soll gar nicht erst entstehen
Viel Potenzial in der Schmerzreduktion sieht Kämmerer in der präemptiven Analgesie: „Präemptiv bedeutet, ich schalte den Schmerz aus, bevor es zum Schmerz kommt.“ Das Konzept wird seit einer Stellungnahme von drei medizinischen Fachgesellschaften aus dem Jahr 2021 empfohlen. Die präoperative Gabe von Schmerzmitteln führt sowohl während des Eingriffs als auch postinterventionell zu weniger Schmerz beim Patienten und senkt auch den Schmerzmittelbedarf.
Bei der Lokalanästhesie brach Kämmerer eine Lanze für die intraligamentäre Anästhesie (ILA): Sie dauere zwar länger als die Leitungsanästhesie, sei aber von der Wirkung her nicht schlechter und bringe weniger Risiken im Hinblick auf mögliche Nervschädigungen oder Blutungen mit. Darüber hinaus habe eine Studie gezeigt, dass sich wegen des schnelleren Wirkeintritts bei der ILA auch die Behandlungszeiten bei der Extraktion eines UK-Seitenzahns verkürzen: „Zähneziehen intraligamentär sechs Minuten, Zähneziehen bei Leitungsanästhesie elf Minuten."
„Zuhören kostet nicht mehr Zeit, sondern spart Zeit ein“
Um die positive Kommunikation mit Patienten ging es im Vortrag der Berliner MKG-Chirurgin und wissenschaftlichen Leiterin des Kongresses Dr. Dr. Anette Strunz und ihrer Koreferentin Dr. Anke Handrock. Zu den ersten Schritten im Arzt-Patienten-Kontakt gehört die Anamnese. Der Rat der Referentinnen: „Hören Sie gut zu und lassen Sie den Patienten ausreden.“ Studien hätten belegt, dass dieses Vorgehen nicht Zeit kostet, sondern im Gegenteil Zeit einspart. Für die Beratung und Aufklärung empfahlen die Referentinnen eine gute Dokumentation, gerade im Hinblick auf mögliche Haftungsfragen. Sollte es im Nachhinein zu Problemen kommen, sei die zentrale Frage „Hat sich ein eingriffstypisches Risiko verwirklicht, über das nicht aufgeklärt wurde?“
Die Dokumentation der Patientenaufklärung sei auch deshalb so wichtig, weil sich Patienten im Nachgang tatsächlich an viele Informationen aus dem Aufklärungsgespräch nicht mehr erinnern können. Studien zufolge werden 80 Prozent der vermittelten Informationen innerhalb von 30 Minuten vergessen. Von den restlichen 20 Prozent merkten sich die Probanden nur die Hälfte richtig, so dass letztlich nur zehn Prozent der vermittelten Informationen beim Patienten korrekt ankamen. Dem könne man zwar mit speziellen Techniken entgegensteuern, nichtsdestotrotz bleibe die Dokumentation der Aufklärung essenziell wichtig, betonten Strunz und Handrock.