Laienverständliche Informationen im Entlassmanagement

G-BA empfiehlt Patientenbriefe für die Regelversorgung

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Wie sich ein Projekt im Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in der Versorgung durchsetzt, zeigen die Patientenbriefe nach stationären Aufenthalten, kurz PASTA. Ziel war, dass Patienten bei ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus leicht verständliche Informationen über ihr Krankheitsbild und die durchgeführten Untersuchungen und Therapien erhalten.

Die ärztlich geprüften Textbausteine mit leicht verständlichen medizinischen Informationen wurden mit einer speziellen Software erstellt und zu individuellen Patientenbriefen zusammengefasst. Die Patienten erhielten die Informationen nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus, zusätzlich zum üblichen Entlassungsgespräch und dem ärztlichen Entlassungsbrief, per Post.

Die Patientendaten verblieben dabei datenschutzkonform innerhalb der Klinik. Insbesondere sollten die Patientenbriefe vulnerablen Patientengruppen wie älteren Menschen, chronisch Kranken, Menschen mit niedrigem Sozialstatus oder Bildungsstand sowie Menschen mit Migrationshintergrund als Unterstützung dienen und ihre Gesundheitskompetenz stärken.

Für die Software wurden von den ärztlichen Mitarbeitenden von „Was hab‘ ich?“ 2.720 Textbausteine entwickelt und geschrieben. Insgesamt wurden verständliche Erklärungen und Beschreibungen zu 10.759 ICD-Codes und 13.908 OPS-Codes zusammengesetzt. Mithilfe der Software können alle im Krankenhaus strukturiert vorhandenen Daten, also Diagnosen, Laborwerte, Untersuchungen und Medikationspläne, erklärt werden.

Künftig können so die rund 800 Kliniken, die das Krankenhausinformationssystem (KIS) ORBIS des Anbieters Dedalus einsetzen, zusätzlich die Patientenbrief-Software nutzen. Dafür kooperiert Dedalus mit „Was hab‘ ich?“.

Evaluiert wurde das Projekt wurde von der Medizinischen Fakultät der TU Dresden, der Einsatz der Briefe wurde am Herzzentrum Dresden erprobt. Befragt wurden 1.304 Patienten (Interventionsgruppe 652, Kontrollgruppe 652) – per Interview (qualitativ) und Fragebogen (quantitativ).

Die Patienten bewerteten die Briefe positiv

Im Ergebnis gaben über 90 Prozent der Patienten an, dass der Patientenbrief hilfreich, verständlich und informativ war. Dabei hielten Patienten mit einer ausreichenden Gesundheitskompetenz den Patientenbrief für signifikant hilfreicher, verständlicher und informativer als Patienten mit einer inadäquaten oder problematischen Gesundheitskompetenz (97 Prozent versus 90 Prozent).

89 Prozent der Patienten fanden die Beschreibung der Untersuchungen und 90 Prozent die Beschreibung der Erkrankungen sehr beziehungsweise eher hilfreich. Acht Prozent empfanden diese Beschreibungen als nicht hilfreich und weitere vier Prozent konnten sie nicht einordnen.

Den Umfang der Patientenbriefe bewerteten 77 Prozent der Patienten als genau richtig, 13 Prozent als zu ausführlich und zehn Prozent als zu kurz. 75 Prozent der Befragten gaben an, dass ihre Erwartungen an den Patientenbrief getroffen oder übertroffen wurden, bei 21 Prozent der Patienten war das nicht der Fall, vier Prozent hatten keine Erwartungen oder wählten die Antwort „weiß nicht“.

In der qualitativen Auswertung zum Austausch über den Patientenbrief berichteten die Befragten, dass sie mit Angehörigen, Freunden oder Bekannten über den Patientenbrief gesprochen hatten. Einige erzählten, dass ihr Umfeld durch den Patientenbrief ein besseres Verständnis der Erkrankung und des Klinikaufenthalts erhalten habe. Auch die Kommunikation mit dem behandelnden Arzt wurde in den Interviews thematisiert. Die meisten der zehn Interviewten hatten demzufolge den Brief bisher nicht ihrem (Haus-)Arzt gezeigt. Sie begründeten das damit, dass Ärzte daran kein Interesse beziehungsweise dafür keine Zeit hätten und keine „vorgebildeten Patienten“ mögen würden.

Das Pasta-Projekt

Wie entsteht ein Patientenbrief? Digital! Diagnosen, Prozeduren und Medikationspläne liegen im Krankenhaus-Informationssystem in strukturierter Form vor. Eine Software stellt daraus automatisch einen Patientenbrief zusammen – individuell angepasst dank parametrisierter Textbausteine. Den Patienten wird also all das erklärt, was strukturiert in ihren digitalen Klinikakten steht.

Wirklich voll automatisch? Ja. Die Patientenbriefe generieren sich ausschließlich aus ohnehin vorhandenen Daten.

Und die Arztbriefe? Wie bisher. An der ärztlichen Dokumentation sind keine Veränderungen erforderlich, auch Entlassgespräche finden unverändert statt.

Liest das auch jemand? Über 90 Prozent der Patient:innen lesen ihren Patientenbrief ausführlich, etwa drei Viertel zeigen ihn außerdem ihren Angehörigen, manche sogar ihrem Arzt.

Wer bekommt die Patientendaten? Niemand. Die Software wird über standardisierte Schnittstellen lokal in die Klinik-IT eingebunden. Die Daten verlassen zu keinem Zeitpunkt das Krankenhaus. Die Patientenbriefe können in der Klinik gedruckt oder in ein Patientenportal eingebunden werden.

Und die Qualität? Alle Texte wurden von approbierten Ärzt:innen im Vier-Augen-­Prinzip geschrieben.

„Was hab ich?“-gGmbH

Die Forschenden kommen in ihrem Fazit zu dem Schluss, dass die Evaluation des Projekts den wissenschaftlichen Nachweis erbracht habe, dass automatisiert erstellte Patientenbriefe in leicht verständlicher Sprache einen positiven Einfluss auf die selbstberichtete Gesundheitskompetenz der Patienten haben.

PASTA wurde vom G-BA-Innovationsausschuss von 2017 bis 2021 gefördert. Derzeit befinden sich 120 Projekte der neuen Versorgungsform und 197 Projekte der Versorgungsforschung beim Innovationsfonds des G-BA in der Förderung. Der G-BA kündigte an, die Erkenntnisse daraus künftig stärker in die Öffentlichkeit zu bringen.

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