Serie 3-D-Druck

3-D-Druck – Materialien in Praxis und Labor

Martin Rosentritt
,
Annett Kieschnick
,
Marcel Reymus
,
Bogna Stawarczyk
Das Angebot an Materialien für die additiven Fertigungsverfahren ist in den vergangenen Jahren enorm gewachsen. Um die Übersicht über die vielfältigen Materialoptionen zu behalten, werden fundierte Kenntnisse über Materialeigenschaften und Indikationsoptionen immer wichtiger. Im folgenden Beitrag werden werkstoffkundliche Aspekte der additiv zu verarbeitenden Materialien und Verfahren erörtert.

Der 3-D-Druck oder – wissenschaftlich korrekt – die additiven Fertigungsverfahren haben sich mit den Jahren zu einer wertvollen Ergänzung in Dentallabor und Zahnarztpraxis entwickelt. Mithilfe von additiven Verfahren können Objekte in jedweder Geometrie gefertigt werden [Dawood et al., 2015; Javaid und Haleem, 2019]. Verschiedene Drucktechnologien ermöglichen den Einsatz einer Vielzahl von verschiedenen 3-D-Druck-Werkstoffen. Hierzu gehören Photopolymerisate, Thermoplaste, Metalle/Legierungen, Keramiken sowie Silikone [Jockusch und Özcan, 2020]. Eine optimale Kombination des ausgewählten Werkstoffs mit Drucktechnologie, Datenaufbereitung, Druckprozess und Post-Processing ist dabei mitentscheidend für den klinischen Erfolg [Kessler et al., 2020]. Der erfolgreiche Umgang mit der additiven Fertigung erfordert daher ein gutes Fachwissen auf dem Gebiet der Werkstoffkunde sowie entsprechende Kenntnisse der Druckverfahren. Von enormer Bedeutung ist auch der beständige Austausch zwischen Zahntechniker und Zahnarzt.

Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die aktuell verfügbaren Werkstoffe und deren mögliche Indikationen gegeben werden. Einblicke in die additiven Fertigungstechnologien und den Ablauf der additiven Verarbeitung in der Zahnmedizin ergänzen die werkstoffkundlichen Grundlagen.

Grundlagen

Die additive Fertigung erlaubt es, das Objekt genau so herzustellen, wie es in der CAD-Software geplant worden ist. Der schichtweise Aufbau der Restauration ermöglicht die Reproduktion von unter sich gehenden Stellen oder von dünn auslaufenden Rändern. Der Workflow in den additiven Fertigungsverfahren ist stark abhängig von den verwendeten Materialien; jedoch ist er immer gekennzeichnet durch die Digitalisierung der klinischen Situation, die Gestaltung und das Design des Objekts (CAD), die Positionierung und die Fertigung des konstruierten Objekts (Nesting, CAM) sowie die Nachbearbeitung der Restauration.

Bei den additiven Fertigungstechnologien [ISO/ATSM, 2018] handelt es sich um auftragende Prozesse, bei denen das Objekt Schicht für Schicht hergestellt wird. Nach der Konstruktion muss das zu fertigende Objekt daher in eine Vielzahl von einzelnen virtuellen Schichten überführt werden (Slicing). Die Werkstoffe müssen demzufolge so ausgewählt sein, dass sich die einzelnen Schichten sehr gut zur finalen Konstruktion verbinden können. Die einzelnen Schichten können aus

  • einer Flüssigkeit polymerisiert (Stereolithographie: SLA, DLP; Material Jetting: MJ),

  • einer Schmelze extrudiert (Fused Deposition Modeling: FDM),

  • einem Pulver gesintert (Selective Laser Sintering: SLS, Binder Jetting) oder

  • aus einzelnen Folien (Metall oder Kunststoff) laminiert (Ultrasonic Additive Manufacturing (UAM), Laminated Object Manufacturing (LOM)) werden.

Und: Es ist möglich, die additiven Fertigungstechnologien mit subtraktiven Verfahren zu kombinieren (Shape Deposition Manufacturing, SDM).

Bei den additiven Fertigungsverfahren lassen sich Materialschichtstärken zwischen 15 und 100 µm realisieren; auf diese Weise kann das Ausgangsmaterial sehr nachhaltig genutzt und eine hohe Genauigkeit erzielt werden. Der schichtweise Aufbau eines Objekts ermöglicht es, Multimaterialstrukturen mit anisotropen Eigenschaften (anisotrop = Stoffeigenschaft, die richtungsabhängig variiert), beispielsweise verschiedene Farben oder Werkstoffe, zu fertigen und damit an die benötigten Anforderungen individuell anzupassen [Yan et al., 2010]. Viele additive Fertigungsverfahren sind in technologischer Hinsicht einfach aufgebaut und somit in der Regel kostengünstig in der Anschaffung. Da Materialien additiv ohne hohen Kraftaufwand verbunden werden, ergibt sich nur ein geringer Verschleiß einzelner Maschinenkomponenten. Auch der Materialverlust ist im Vergleich zu subtraktiven Verfahren geringer. Mehrere verschiedene Objekte können zudem gleichzeitig hergestellt werden, wodurch eine wirtschaftliche und schnelle Fertigung möglich wird.

Limitierende Faktoren der additiven Fertigungstechnologien umfassen die dem Fertigungsprozess geschuldeten, teilweise geringen mechanischen Eigenschaften bestimmter Werkstoffe, zum Beispiel von Polymeren. Fehler in oder zwischen den einzelnen Materialschichten können sich negativ auf die Stabilität der gesamten Restauration auswirken. Oftmals haben additiv gefertigte Objekte eine geringere Bauteilpräzision. Je nach Fertigungstechnologie muss das zu druckende Objekt mit Stützstrukturen versehen werden, die es auf der Bauplattform halten und Überhänge stützen. Nach der Fertigung werden diese Stützstrukturen meist manuell entfernt. Das Material und die Prozesstechnologie müssen daher optimal aufeinander abgestimmt sein.

Digitaler Workflow

In der Zahnmedizin ist ein vollständig digitaler Workflow für die additive Fertigung, bei dem alle Schritte von der Digitalisierung der oralen Situation bis hin zur Erstellung der gewünschten Restauration rein digital erfolgen, möglich [Scotti et al., 2020]. Auch eine Kombination von analogen und digitalen Schritten ist immer möglich und wird auch oft angewandt.

Digitalisierung

„Labside“ kann die Aufnahme der klinischen Situation im zahntechnischen Labor durch Digitalisierung der Abformung oder des Modells erfolgen, „Chairside“ am Patienten mithilfe eines Intraoralscanners. Verfahren der Datenerfassung sind die optische Triangulation, konfokale Verfahren sowie die Computertomografie (CT) oder auch die Digitale Volumentomografie (DVT). Leistungsfähige Computer erlauben die dreidimensionale Betrachtung der klinischen Situation und der geplanten Restauration. Präparationen können anhand der digitalen Aufnahmen unmittelbar in der Zahnarztpraxis in vergrößerter Darstellung kritisch begutachtet und der Zahn kann bei Bedarf in der gleichen Sitzung nachpräpariert werden. Dies spart Kosten für wiederholte zahntechnische Leistungen oder für eine Einbestellung des Patienten und verbessert zudem die Versorgungsqualität. Weiterhin sollte bereits in diesem Stadium eine Vorauswahl der zu verwendenden restaurativen Materialien erfolgen, da die nachfolgenden Schritte, etwa die Befestigung der Restauration, von der Präparation und dem verwendeten Konstruktionswerkstoff abhängen.

Konstruktion

Mit gängigen CAD-Programmen können im Konstruktionsprozess dreidimensionale zahnmedizinische Restaurationen gestaltet werden. Die Parameter wie Schichtstärke, Wandstärke oder Verbinderquerschnitt sind – in Abhängigkeit vom Material – in den Programmen hinterlegt. Das konstruierte Objekt wird aus dem CAD-Programm (zum Beispiel als STL-Datei) in eine spezielle Software für die additive Fertigung exportiert. Dort wird es für den Fertigungsprozess vorbereitet. Kleinere Löcher oder Fehlstellen können hier noch bearbeitet werden.

Druckvorbereitung

Anschließend wird das Objekt optimal auf der Bauplattform ausgerichtet und positioniert (genestet). Auch hier müssen die Werkstoffeigenschaften berücksichtigt werden, denn die Baurichtung hat aufgrund des schichtweisen Aufbaus Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften und auf die Fertigungszeit [Alharbi et al., 2016; Reymus et al., 2020]. Je mehr Schichten gedruckt werden müssen, desto länger ist die Bauzeit. Stützstrukturen stabilisieren die Restauration und halten sie auf der Bauplattform fest. Die Anzahl und Verteilung der Stützstrukturen wird von der Eigenfestigkeit des Werkstoffs mitbestimmt. Sie sollten die Konstruktion in der Position stabilisieren, aber nicht an funktionellen Stellen der Konstruktion wie Kauflächen oder approximalen Kontaktflächen positioniert werden, um die Funktion der Restauration nicht einzuschränken.

Im anschließenden Slicing (digitales Aufschneiden der Form in einzelne Schichten) wird die gesamte Konstruktion für den Druckprozess in einzelne Schichten definierter Dicke zerlegt, die im anschließenden Druckprozess nacheinander additiv wieder zusammengeführt werden. Die beim Nesting definierte Material- und Druckschicht-Auswahl wird an den Drucker übermittelt und sollte nochmals kontrolliert werden. Schließlich kann der Fertigungsprozess, in dem die Konstruktion schichtweise aufgebaut wird, gestartet werden.

Reinigung

Nach dem Druckprozess wird die Konstruktion von der Bauplattform abgelöst. Anschließend werden die Stützstrukturen entfernt. Je nach Material und Konstruktion können die Stützstrukturen leicht abgebrochen, mit der Zange oder mit rotierenden Instrumenten entfernt werden. Die mit den DLP- oder SLA-Technologien gefertigten Konstruktionen müssen nach dem Druck von der noch anhaftenden Monomerflüssigkeit gereinigt werden [Xu et al., 2021]. Empfohlen werden hierzu medizinische Alkohole oder Alkoholgemische wie Isopropanole, die das Monomer gut ablösen, ohne den Werkstoff stark zu belasten. Eine zusätzliche Aktivierung mit Ultraschall kann durchgeführt werden, um den Reinigungseffekt zu steigern. Eine übermäßige Reinigung mit Isopropanol kann allerdings die Materialoberflächen und die mechanischen Eigenschaften beeinträchtigen [Lankes et al., 2023; Mayer et al., 2021], zum Beispiel die Festigkeit reduzieren. Oft werden Magnetrührer oder Zentrifugen oder die Anwendung von langkettigen Alkoholen (zum Beispiel InovaPrint wash, HP Dent) für die schonende Reinigung empfohlen.

Nachpolymerisation bei Harzen

Konstruktionen aus Photopolymeren werden nachpolymerisiert, um die Umsetzung der chemischen Bindungen und damit die mechanischen Eigenschaften zu verbessern. Bei der Auswahl der Nachbelichtungsgeräte mit LED-, UV- oder Stroboskop-Technologie muss darauf geachtet werden, dass das Lichtspektrum auf das Photoinitiatorsystem des individuell verwendeten Harzes abgestimmt ist [Wulff et al., 2022]. Nicht alle Werkstoffe können in allen Lichtöfen gleich gut polymerisiert werden [Lankes et al., 2023]. Oft werden zudem inerte Atmosphären oder Vakuum mit dem Belichtungsprozess kombiniert, um etwa die oberflächliche Sauerstoffinhibition zu vermeiden.

Gerade im Bereich der Photopolymerisate bieten einige Hersteller sogenannte Fertigungsstraßen an, die die einzelnen Schritte des Produktionsablaufs kombinieren und aufeinander abstimmen – zum Beispiel 3D-Druck Pro Solution (Kulzer), ProArt Print (Ivoclar), P-Series (Straumann), P4000 (Zirkonzahn). Dadurch wird ein optimiertes Post-Processing- und Nachbelichtungsverfahren gewährleistet.

Entbinderung und Sinterung

Ein in einigen additiven Verfahren verwendeter Sinterungsprozess gewährleistet die finalen Eigenschaften von keramischen oder metallischen Konstruktionen. Je nach Strategie, Sinterung („Zusammenpacken“ der pulvrigen Ausgangsstoffe) oder Melting (Verschmelzen der Ausgangsstoffe) und Material (Metalle, Polymere oder Keramiken) werden die Konstruktionen nachverdichtet. Keramische Objekte müssen meist in einem mehrstufigen Prozess unter Sauerstoffatmosphäre thermisch entbindert (Herauslösen der Bindemittel, zum Beispiel durch Wärmebehandlung) werden. Diese Verfahren müssen exakt auf die entsprechenden Materialien abgestimmt sein, um eine Beschädigung der Konstruktion zu vermeiden. Abschließend können die entbinderten Konstruktionen wiederum in auf die Werkstoffe abgestimmten Verfahren gesintert werden.

Eine auf die Werkstoffe abgestimmte abschließende Politur (zum Beispiel Polier 9432, Komet) oder weitere Verarbeitungsschritte schließen sich an. Additive Fertigungen, die Prozesse wie Entbinderung oder Sinterung erfordern, finden oftmals in Fertigungszentren statt (zum Beispiel Flemming, Dental Direkt).

Indikationen

Die Indikationen für mit additiven Technologien gefertigte Objekte sind sehr vielfältig und lassen sich gut nach der klinischen Nutzungsdauer einteilen. Die Werkstoffe müssen für den jeweiligen Fertigungsprozess und die entsprechenden klinischen Anwendungen gewählt werden.

Additiv gefertigte Objekte, die nicht oral eingesetzt werden, sind

  • Lehr- und Lernmodelle, beispielsweise aus DVT-Daten gefertigte Kiefermodelle oder Polymerzähne zum Training restaurativer, implantologischer oder endodontischer Maßnahmen,

  • Wax-ups, ausbrennbare Modellationen mit Gusskanälen,

  • Modelle (zum Beispiel Situationsmodelle, Arbeitsmodelle, kieferorthopädische Arbeitsmodelle) in verschiedenen Qualitätsstufen, auch mit Gingivamasken.

Für eine kurzzeitige orale Verweildauer eignet sich eine Vielzahl von additiv gefertigten Objekten (Abbildung 2). Mittel- bis langfristig klinisch anzuwendende additiv gefertigte Objekte sind in Abbildung 3 dargestellt. Einige additiv gefertigte Objekte eignen sich für den langfristigen permanenten klinischen Einsatz (Abbildung 4).

Werkstoffe

In der additiven Fertigung können – abhängig von der jeweiligen Ver­arbeitungstechnologie – verschiedene Werkstoffe mit deutlich unterschiedlichen Materialeigenschaften verarbeitet und kombiniert werden [Bächle et al., 2023]. Additiv zu verarbeitende Werkstoffe in der Zahnmedizin umfassen Photopolymerisate, Silikone, Thermoplaste, Legierungen und Keramiken.

Photopolymerisate

In der Zahnmedizin werden aktuell hauptsächlich Photopolymerisate, die mittels Vat-Photopolymerisation oder Material-Jetting verarbeitet werden, angewendet [Saleh Alghamdi et al., 2021; Bauer et al., 2023]. Eingesetzt werden die Werkstoffe für

  • zahntechnische Modelle (Alternative zum Gipsmodell),

  • Modelle zur Herstellung von Korrekturschienen mittels Tiefziehtechnik,

  • Bohrschablonen für die Implantologie und Endodontie,

  • Schienen,

  • Indirect Bonding Trays (KFO),

  • Prothesenbasen,

  • Prothesenzähne,

  • Mundschutz (Sport),

  • Wachsformen als Urmodelle für das Herstellen von Restaurationen aus pressbaren Werkstoffen (Keramik, Thermoplaste) und Gusslegierungen,

  • temporärer Zahnersatz,

  • permanenter Zahnersatz (Inlays, Onlays, Kronen und bis dreigliedrige Brücken mit einem Zwischenbrückenglied),

  • individuelle Abformlöffel,

  • Schaumodelle.

Nur einige Werkstoffsysteme sind derzeit für die Fertigung von definitivem Zahnersatz wie Kronen indiziert – zum Beispiel VarseoSmile Crown plus (Bego), Crowntec (Saremco) oder Freeprint Crown (Detax).

Die Zusammensetzung dieser druckbaren Photopolymerisate – zum Beispiel Xeramill XTP (Amann Girrbach), VarseoSmile Crown plus (Bego), brePrint (Bredent), 3Delta Crown (DeltaMed), Optiprint (Dentona), FotoDent TCB (Dreve), ProArt Print (Ivoclar), 3D Harze (pro3dures), V-Print (Voco) – mit multifunktionellen Monomeren, Füllstoffen, Photoinitiatoren, UV-Stabilisatoren beziehungsweise UV-Absorbern und Pigmenten ähnelt der von lichthärtenden dentalen Kompositen [Kurzendorfer et al., 2023; Rosentritt et al., 2023]. Das Post-Processing (beispielsweise die Reinigung und die Nachpolymerisation) beeinflusst die Eigenschaften der gedruckten Bauteile sehr stark – die Werkstoffe zeigen stark unterschiedliche Festigkeiten im Bereich zwischen 60 und 100 MPa.

Alternativ können ausbrennbare, meist ungefüllte Kunststoffe Anwendung finden, die in der additiven Fertigung für die Guss- und Presstechniken verwendet werden. Hierzu muss der Kunststoff auch bei grazilen Konstruktionen verzugsfrei und präzise sein, eine gute Formstabilität besitzen und rückstandslos verbrennen. Additiv verarbeitbare Silikone werden für die Anfertigung von Gingivamasken angewendet.

Die in der Zahnmedizin am weitesten verbreitete additive Technologie sind die sogenannten „Vat Photopolymerisation“-Verfahren. Dabei wird flüssiges Harz aus lichtaktivierbaren Polymeren (Photopolymere) verarbeitet. Man unterscheidet die Stereolithografie (punktuelle Lichtquelle) und das Beam-Verfahren (flächige Lichtquelle).

Bei den Material-Jetting-Verfahren (PolyJet, MultiJet) werden Harze über spezielle Düsen auf die Bauplattform – ähnlich einem Tintenstrahldrucker – Schicht für Schicht aufgebracht und mit einer geeigneten Lichtquelle polymerisiert. Werkstoffe sind Photopolymere (Harze). Nach dem Druck wird das Objekt von der Stützstruktur abgelöst. Nicht polymerisiertes Harz wird abgewaschen und das Objekt wird in entsprechenden Lichtöfen nachpolymerisiert – zum Beispiel Primeprint (Dentsply Sirona), DentaMile (DMG).

Thermoplaste

Thermoplaste werden mittels „Material Extrusion“ (Filamentdrucker wie zum Beispiel InnovatiQ oder Renfert) verarbeitet (Abbildung 6). Hierzu werden Kunststofffilamente durch eine beheizte Düse extrudiert [Schönhoff et al., 2021].

Thermoplaste eigen sich für die Herstellung von

  • zahntechnischen Modellen (Alternative für Gipsmodelle),

  • Modellen für das Herstellen von Alignerschienen,

  • Schienen,

  • Provisorien (Kronen und Brücken) oder

  • Hilfsteilen (zum Beispiel individu­elle Abformlöffel).

Werkstoffseitig finden dabei Thermoplaste wie Polyamide, Polyurethane, Polycarbonate, Polyvenyl, Polystyrol, Polyethylenterephthalat, Polymethylmethacrylat oder Acrylbutadienstyrol aufgrund der einfachen Verarbeitung und geringen Kosten Anwendung – beispielsweise für Modelle oder Schienen.

Verarbeitung der Thermoplaste: Ein thermoplastisches Material wird bei der „Material Extrusion“ über einen Extruder erhitzt und im aufgeschmolzenen Zustand auf eine Bauplattform aufgetragen. Dort kühlt es ab und erstarrt in der gewünschten Form. Als Material dienen Thermoplaste, die meist als Filamente verarbeitet werden.

Legierungen

Legierungen – wie beispielsweise Reamnium Star Powder (Dentaurum) oder Kera S Powder (Eisenbacher) – werden in der Zahnmedizin hauptsächlich mittels Selective Laser Melting (SLM) additiv verarbeitet [Chaar et al., 2020; Rosentritt et al., 2009]. Das endgültige Gefüge mit der kristallinen Struktur und damit die finalen mechanischen Eigenschaften der Restaurationen bilden sich in der Folge einer thermischen Nachbehandlung aus.

Aus metallischen Legierungen werden beispielsweise

  • Gerüste für die Teilprothetik,

  • Modellgussgerüste mit Klammern,

  • Gerüste für Kronen und Brücken (zum späteren Verblenden) und

  • monolithische Kronen und Brücken

additiv gefertigt (Abb. 7).

Beim SLM-Prozess wird schichtweise Pulver miteinander gesintert, wodurch ein feinkörniges und homogenes Gefüge mit hohen mechanischen Eigenschaften entsteht. Vor der weiteren zahntechnischen Verarbeitung muss die Oxidschicht – zum Beispiel durch Korundstrahlen – entfernt werden. Additiv hergestellte metallische Gerüste können mit konventionellen Verfahren weiterbearbeitet werden – wenn etwa eine Verblendung erfolgen soll. SLM-Anlagen werden aufgrund der hohen Anschaffungskosten meist in größeren Produktionszentren eingesetzt.

Verarbeitung der metallischen Werkstoffe: In den Powder-Bed-Fusion-Verfahren – darunter fallen Selective Laser Sintering (SLS), Selective Laser Melting (SLM) und Eletron Beam Melting (EBM) – werden Pulver mit Laser- oder Elektronenstrahl (thermische Energie) verschmolzen. Die Verfahren unterscheiden sich darin, wie die neue Pulverschicht aufgebracht wird. Verwendet werden meist metallische Legierungen, die entweder als dichte und kompakte Struktur oder auch als Gefüge mit Dichteunterschieden generiert werden. Hybride Verfahren kombinieren additive und subtraktive Fertigungsverfahren. So wird zum Beispiel im Powder Bed Fusion ein Metallobjekt materialsparend in einer rohen Form hergestellt. Das Objekt wird subtraktiv nachbearbeitet, um die Passungen zu optimieren. So kombinieren Produktionszentren die SLM-Fertigung mit dem CNC-Fräsen für Teleskope (Doppelkronen), gegebenenfalls kombiniert mit einem Modellgussgerüst.

Keramiken

Keramische Restaurationen können im additiven Verfahren aus Zirkonoxid, Silikatkeramik oder Lithiumsilikatkeramik hergestellt werden [Abreu et al., 2023; Branco et al., 2023].

Die additive Fertigung von Keramiken eignet sich beispielsweise für

  • Veneers, Inlays, Onlays,

  • Kronen und Brücken sowie

  • individuelle Zahnimplantate und Strukturen aus Hydroxylapatit für eine defektorientierte Knochenaugmentation.

Additiv zu verarbeitende Keramiken bestehen unter anderem aus der keramischen Basis, organischen Bindemitteln, Monomeren und Photoinitiatoren. Die mit keramischen Bestandteilen versetzten Photopolymerisate werden mittels Lichtquelle (DLP-Technologie, zum Beispiel CeraFab 7500 Dental (Lithoz), SLA oder 3D-Gel-Printing (3DGP)) ausgehärtet. Die keramischen Objekte müssen nach dem Druck zuerst entbindert und anschließend gesintert werden.

Für die additive Verarbeitung von Keramiken finden die Vat-Polymerisation, Binder Jetting oder Powder Bed Fusion Anwendung. Im Binder-Jetting-Verfahren wird ein flüssiges Bindemittel selektiv auf ein Pulverbett appliziert; anschließend werden erneut Pulverpartikel appliziert. Pulver und Binder werden abwechselnd aufgetragen. Im Post-Processing wird das Objekt aus dem Pulverbett herausgelöst und gereinigt. Der sogenannte „Grünling“ wird anschließend beispielsweise durch Sinterung weiterverarbeitet.

Die für die Zahnmedizin aktuellen additiven Verfahren sind in der gemeinsamen Norm der ASTM mit der ISO (International Standard Organization) ISO/ATSM 52900:2018 aufgeführt [ISO/ATSM, 2018]. Wichtige Aspekte der additiven Fertigung sind ständige Qualitätskontrollen (zum Beispiel Druck von Referenzobjekten) und regelmäßige Gefährdungsbeurteilungen (zum Beispiel der maximalen Arbeitsplatzkonzentration (MAK) von Monomeren oder der Brandgefahr bei der Verwendung von Isopropanol).

Zusammenfassung

Additive Fertigungsverfahren und die für die unterschiedliche Verarbeitung eingesetzten Werkstoffe wie Kunststoffe, Metalle oder Keramiken ermöglichen neue Anwendungen und faszinierende Synergien für die klinische Anwendung. Die Vielfalt der Technologien, der Werkstoffe und der teils durchaus komplexen Prozesse mögen für viele Kolleginnen und Kollegen noch unübersichtlich sein. Dennoch dürfte es sich für viele Praxisinhaber durchaus lohnen, sich mit dem Thema 3-D-Druck zu beschäftigen. Die zeitlichen und wirtschaftlichen Vorteile, die sich aus der Anwendung ergeben, sind nicht von der Hand zu weisen.

Weitere Informationen zur zahnmedizinischen Werkstoffkunde, zu aktuellen Werkstoffen sowie zur Verarbeitung der Materialien in Praxis und Labor finden Sie unter www.werkstoffkunde-kompendium.de.

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Prof. Dr. Martin Rosentritt

Leiter Forschung
Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik, Universitätsklinikum Regensburg
Franz-Josef-Strauß-Allee 11, 93053 Regensburg
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Annett Kieschnick

Freie Fachjournalistin
Helmholtzstr. 27, 10587 Berlin

PD Dr. med. dent. Marcel Reymus

Klinik für Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten, Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie, LMU Klinikum
Goethestr. 70, 80336 München
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Prof. Dr. Dipl. Ing. (FH) Bogna Stawarczyk

Wissenschaftliche Leiterin Werkstoffkunde
Klinikum der Universität München, Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik
Goethestr. 70, 80336 München

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