Politik braucht mehr Praxisnähe

342347-flexible-1900
Christoph Benz
,
Romy Ermler
,
Konstantin von Laffert

Die Politik entfernt sich immer weiter von der (zahn-)medizinischen Versorgung in diesem Land. Zu viel Bürokratie, zu wenig Geld für Prävention, Praxissterben auf dem Land. Wir als Bundeszahnärztekammer warnen schon lange vor den Folgen der aktuellen Gesundheitspolitik und fordern eine Kehrtwende. Um es auf den Punkt zu bringen: Bürokratie ist unser schwierigster Patient, aber das ist keinesfalls das einzige Problem. Die Politik braucht vor allem mehr Praxisnähe, um den aktuellen Herausforderungen in den Zahnarztpraxen und den Interessen der Patientinnen und Patienten gerecht zu werden. Wir brauchen keine wirklichkeitsfremden Versorgungskonzepte, sondern eine Gesundheitspolitik, die das gut funktionierende System unterstützt und bei den bestehenden Problemen hilft.

Vor allem im ländlichen Raum droht ein Praxissterben, wenn nicht bald gegengesteuert wird. Ein Grund für den hohen Standard der zahnärztlichen Versorgung sind die vielen inhabergeführten Zahnarztpraxen. Damit das so bleibt, brauchen junge Zahnärztinnen und Zahnärzte Anreize, um eine Landpraxis zu führen. Sie benötigen Unterstützung von den Kommunen und Informationen über das regionale Umfeld. Familienfreundlichkeit, Patientenaufkommen und vor allem Infrastruktur – das sind wichtige Faktoren für eine Niederlassung.

Unattraktiver wird die Praxisgründung außerdem durch die zunehmende Prüfbürokratie. Zeitaufwendige Dokumentationen, hochfrequente Sicherheitsschulungen und Validierungen, endlose Excel-Tabellen zum Abhaken: Die Liste der oft sinnentleerten Verwaltungsaufgaben, vor denen die Praxisteams stehen, wird immer länger. Laut Statistischem Jahrbuch der BZÄK von 2022/23 werden durchschnittlich 51 Arbeitstage in der Praxis für Verwaltungstätigkeiten aufgewendet. Und es ist in den letzten Jahren immer schlimmer geworden. Jetzt wollen die Hygienebehörden auch noch den Anpressdruck messen, mit dem in der Praxis ein Instrument zur Desinfektion abgewischt wird – unser Land macht sich langsam nur noch lächerlich mit diesem Kontrollwahn, unter dem die Praxen ächzen. Hier werden Probleme adressiert, die es überhaupt nicht gibt. Und diese Haltung zieht sich durch alle Bereiche der der zahnärztlichen Berufsausübung.

Leider bringt die Politik in anderen Bereichen, wo es wichtig und wünschenswert wäre, nicht so viel Energie und Enthusiasmus auf wie beim Erfinden neuer bürokratischer Regelungen. Bestes Beispiel ist die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Ende April fand im Deutschen Bundestag auf Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine öffentliche Anhörung des Gesundheitsausschusses zur Anpassung der Gebührenordnungen für Ärzte und Zahnärzte statt. Wir unterstützen den auf eine Novellierung der Gebührenordnungen gerichteten Antrag der Unionsfraktion ausdrücklich. Denn eine Novelle der GOZ ist dringend notwendig. Die GOZ ist fachlich wie betriebswirtschaftlich völlig veraltet und als Abrechnungsgrundlage für eine moderne Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde nicht mehr beziehungsweise nur noch bedingt geeignet. Als Sachverständige stand den Abgeordneten BZÄK-Vizepräsidentin Dr. Romy Ermler für Fragen zur Verfügung.

Aber was soll's: Jammern hilft nicht. Lösungen sind gefragt!

Wir werden nicht lockerlassen und deshalb in den nächsten Wochen unsere Lösungsvorschläge und Forderungen weiter kraftvoll und pointiert an die Politik adressieren, damit wir uns wieder unserer Berufung widmen können. Wir üben Zahnmedizin zum Wohle der Patienten aus. Wir wollen heilen, statt heften und unbürokratischer unsere Niederlassungen weiterführen und erhalten.

Denn eins sollte der Politik klar sein: Die inhabergeführte Zahnarztpraxis ist der Nukleus der Patientenversorgung, sie müssen wir für die Zukunft stärken. Sie ist eine kleine, schlagkräftige Einheit, nah an den Patientinnen und Patienten. Für die Praxisinhaber hat sie Gestaltungs- und Entfaltungsmöglichkeiten, die sich im angestellten Verhältnis so nicht widerspiegeln. Eigentlich auch für die Politik eine Win-win-Situation. Jetzt muss nur noch der Bundesgesundheitsminister entsprechend handeln.

Prof. Dr. Christoph Benz
Präsident der Bundeszahnärztekammer

Dr. Romy Ermler
Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer

Konstantin von Laffert
Vizepräsident der Bundeszahnärzte­kammer

171572-flexible-1900

Prof. Dr. Christoph Benz

Präsident der BZÄK
Bundeszahnärztekammer
135804-flexible-1900

Dr. Romy Ermler

Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer
171574-flexible-1900

Konstantin von Laffert

Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.