Dentalketten in Frankreich

Und täglich grüßt Dentexia

Sozialversicherungsbetrug, gefälschte Rechnungen, schwere Geldwäsche, illegale Ausübung des Zahnarztberufs und Untreue. Man denkt, man hätte es mit dem organisierten Verbrechen zu tun, aber nein, die Vorwürfe richten sich gegen die Betreiber von Dentalketten in Frankreich. Die Justiz geht inzwischen hart gegen die schmutzigen Geschäfte vor, aber: Die Skandale gehen trotzdem weiter.

In Toulon ordnete das Gesundheitsamt (Agences régionales de santé , ARS) am 5. Februar die vorübergehende Stilllegung des Dentego-Zentrums an, eine Maßnahme, die mit einer Aussetzung der Kostenübernahme von Behandlungen durch die Krankenkassen (Caisse Primaire d'Assurance Maladie, CPAM) einherging. Am 29. Februar machte die Lyoner Zweigstelle der Dentalkette Cosem mangels Liquidität dicht. Und am 24. März wurde das Gesundheitszentrum Asclépiade in Brive-la-Gaillarde endgültig von den Behörden geschlossen.

Meist geht es um die Rechnungsstellung für prothetische Behandlungen an gesunden oder erhaltungswürdigen Zähnen. Dies gilt auch für das Dentego-Zentrum in Toulon, wo das Gesundheitsamt Abrechnungsfehler in Höhe von 200.000 Euro zulasten der Krankenkassen feststellte.

15.000 Euro für die Behandlung einer Karies

Ein besonders krasser Fall ereignete sich in Trappes. Im dortigen Zahnarztzentrum wurden bereits in den ersten Tagen der Tätigkeit, im September 2021, falsche Rechnungen ausgestellt: Nicht weniger als 5.000 Euro wurden für eine einfache Impfung gegen COVID-19 angesetzt, getarnt als fünf eingesetzte Zahnkronen. Insgesamt 15.000 Euro kostete die Behandlung einer Karies, getürkt als 23 neu eingegliederte Zahnkronen. Die fiktiven Behandlungen wurden Patienten in Rechnung gestellt, die über eine Zusatzkrankenversicherung verfügten und somit von der Vorauszahlung der Kosten befreit waren.

Insgesamt ergaunerten die beiden Managerinnen, die Schwestern Dounia und Sarah H., 1.324.700 Euro, hauptsächlich zulasten der CPAM des Yvelines. Einem Patienten wurden 4.000 Euro als Gegenleistung für sein Schweigen angeboten, er ging trotzdem zur Polizei. Daraufhin wurde das Zentrum von der CPAM abgemeldet und musste seine Türen schließen, auch der Fall kam vor Gericht. Am 26. Juni 2023 kassierten die Frauen eine Freiheitsstrafe von drei Jahren mit zwei Jahren Bewährung, dazu ein lebenslanges Berufsausübungsverbot.

Auch das angestellte Personal bezeugte Missbräuche. So wurde das Profil eines vier Monate beschäftigten Zahnarztes auch nach seinem Ausscheiden für die Anzeige von Scheinhandlungen verwendet. Zahnarzthelferinnen wurden gezwungen, Eingriffe durchzuführen, für die sie nicht qualifiziert waren. Um ihren Job zu behalten, musste eine Sekretärin täglich für 30.000 Euro falsche Rechnungen stellen.

Sie haben 13.000 Euro verlangt, um eine Zahnspange wieder anzubringen, das ist viel, nicht wahr? Offenbar ist die Zahngesundheit der Menschen in Trappes dramatisch.

Präsident der 5. Kammer des Versailler Gerichts

Noch ein Beispiel? Die gerade von den Behörden angeordnete dauerhafte Schließung des Zentrums Asclépiade. Der Betreiber hatte die Investitionen, die zur Gewährleistung der Qualität und Sicherheit der Pflege notwendig waren, einfach nicht getätigt. Das Gesundheitsamt stellte fest, dass „das Infektionsrisiko nicht unter Kontrolle war, es keine sachgemäße Lagerung von Medizinabfällen gab, die Hygiene der Räumlichkeiten schlecht war, die Produkte und Materialien abgelaufen waren, die Rückverfolgbarkeit der Produkte mangelhaft war und es keine Röntgengeräte für die zahnärztliche Tätigkeit gab“.

Das Khattabi-Gesetz ist seit einem Jahr in Kraft

Erinnern wir uns: Die Malaise begann 2009. Damals eröffnete das „HPST“-Gesetz jedermann die Möglichkeit, ein Zahnarztzentrum zu eröffnen, Berufliche Eignung und Qualifikationen spielten keine Rolle. HPST steht für Hôpital (Krankenhaus), Patient (Patient), Santé (Gesundheit) und Territoire (Gebiet). Einige Manager der daraufhin aus dem Boden schießenden Zahnarztzentren waren nur auf Profit aus, andere kannten sich mit dem Gesundheitssystem überhaupt nicht aus, wieder andere waren schlichtweg überfordert, bei den meisten kam alles zusammen.

Das Khattabi-Gesetz hatte vor dem Hintergrund der Skandale im Mai 2023 die Zulassung durch die ARS wiedereingeführt. Die ersten Fälle, siehe Dentego in Toulon, zeigen, wie relevant diese Bestimmung ist. Das am 18. Dezember 2023 verabschiedete Gesundheitsgesetz unter der Leitung von Gesundheitsminister Frédéric Valletoux („Loi Valletoux“) stärkt darüber hinaus die Befugnisse der ARS: Wenn die Verstöße andauern, kann der Generaldirektor der ARS die sofortige, vollständige oder teilweise Schließung des Zentrums und seiner Filialen anordnen.

Nach Angaben der Pariser Staatsanwaltschaft hat die Nationale Gerichtsbarkeit im Kampf gegen die organisierte Kriminalität (Junalco) eine Voruntersuchung wegen des Vorwurfs der Erschleichung von 3,2 Millionen Euro gegen Zahnkliniken eingeleitet. Die von der Krankenversicherung CPAM erhobenen Vorwürfe beziehen sich auf die Abrechnung fiktiver Behandlungen sowie auf die Änderung der Nomenklatur der Verfahren, mit dem Ziel, sich Erstattungen zu erschleichen. Die Ermittlungen führten zu Durchsuchungen und Sperrungen von Bankkonten. Es geht um Betrug, Urkundenfälschung und falsche Erklärungen zur Erlangung unrechtmäßiger Zahlungen von Sozialschutzorganisationen.

„In einer angespannten Bevölkerungsstruktur in der Zahnmedizin gibt es Platz für alle“, sagt Dr. Franck Mouminoux, Präsident von Union Dentaire und Zahnarzt in Aurillac. „Doch die Zentren siedeln sich nur in bereits überversorgten Stadtzentren an. Es ist an der Zeit, dass der Staat handelt, um neue Skandale zu verhindern!“

Die Französische Ärztekammer (Conseil National de l'Ordre des Médecins, Cnom) forderte die Behörden derweil auf, per Gesetz jeglichen Kapitalzugang von Investmentfonds im Gesundheitssystem zu verbieten, und zwar rückwirkend. Das Gesetz legt heute fest, dass die Öffnung des Kapitals für Dritte auf 25 Prozent begrenzt ist, erinnerte der Cnom im April. „Aber diese Grenze verhindert keinen Missbrauch.“

Auch Abdel Aouacheria, Präsident der Vereinigung La Dent Bleue, die sich für die Rechte der betroffenen Patienten einsetzt, bezweifelt, dass die Gesetze ausreichen. „Allen Missbräuchen sind Tür und Tor geöffnet. Es handelt sich um einen Betrug, dessen Ausmaß wir heute noch nicht kennen.„ Seine Organisation fragt sich: „Wann wird es eine ähnliche Mitteilung der Zahnärztekammer geben?“

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