„Freiberufler sind Motor der deutschen Wirtschaft“
Viel Lob kam aus der Politik: „Freiberuflichkeit ist Teil der Demokratie“, unterstrich die Bundesratspräsidentin und Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD). Das Verbandsjubiläum falle fast zeitgleich auf das 75-jährige Bestehen von Grundgesetz und Verfassung am 23. Mai, sagte sie. Die Freien Berufe hätten wesentlich dazu beigetragen, dass die Gesellschaft in all dieser Zeit den demokratischen Alltag leben konnte.
Freie Berufe seien das Rückgrat der Wirtschaft, jedoch gebe es aktuelle Herausforderungen, die den Berufsstand belasteten – Fachkräftemangel, Bürokratie, Digitalisierung. Hier seien von der Politik mehr Verlässlichkeit und Planungssicherheit gefordert. Schwesig warnte, dass die freiheitliche Demokratie derzeit gesellschaftlich unter Druck stehe, von innen wie von außen. Dies sei ein Alarmsignal an die Politik.
Ohne das Grundgesetz könnten Freiberufler ihre Berufe nicht ausüben, bekräftigte Friedrich Merz, MdB, Vorsitzender der CDU und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Und ohne die dort verbriefte Berufs- und Vereinigungsfreiheit gebe es keine Freien Berufe. Es erfordere Mut und Entschlossenheit, für die demokratischen Grundfreiheiten einzustehen. Und es bedürfe einer gesunden Volkswirtschaft, damit Deutschland ein starkes Industrieland bleibt, allerdings werde derzeit das Potenzial nicht ausgeschöpft. Dies sei ein strukturelles Problem. „Wir brauchen eine Agenda 2030“, sagte er im Podiumsinterview mit Volker Finthammer, Hauptstadtstudio Deutschlandfunk. Den Freiberuflern attestierte Merz einen enormen Anteil an der Bruttowertschöpfung. Zu sinkenden Steuereinnahmen und der Schuldenbremse sagte er: „Kommen wir doch mal mit dem aus, was wir haben!“
Der Staat ist auch dem Bürger verpflichtet
„Ein Teil der Probleme, die wir haben, sind verschuldete Probleme der letzten 15 Jahre“, erklärte Robert Habeck, MdB Grüne, Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz in einem Talk zum Thema „Freie Berufe – Schlüssel für Transformation und Gesellschaft“. Eine der Ursachen des Fachkräftemangels liege in der mangelnden Betreuungsinfrastruktur. Hinzu komme die fehlende Zuwanderung, um die Lücken am Arbeitsmarkt in Folge der älter werdenden Gesellschaft zu kompensieren. „Warum ist hier nichts passiert?“, fragte er. Es gelte, jetzt strukturelle Probleme anzupacken und dabei stehe „harte Arbeit“ an, betonte der Minister im Gespräch mit den Prof. Dr. Robert Mayr, CEO der DATEV, und Dr. Nicola Brandt, Leiterin des OECD Berlin Centre. So sei die Schuldenbremse nicht flexibel genug, sie müsse dynamischer auf die Situation in der Gesellschaft angepasst werden. Bei Transformationen leisteten die Freien Berufe als Motor der Wirtschaft einen wichtigen Beitrag: „Energieberater, Ingenieure und Architekten – die ziehen direkt mit“, lobte Habeck.
Digitalisierung, Automatisierung, Nachhaltigkeit und der demografische Wandel sind aus Sicht von Mayr für die Freiberufler die wichtigsten Themen rund um Transformation. Vor allem der demografische Wandel sei ein „dickes Brett“, erklärte er. Bei der Automatisierung gehe es darum, repetitive manuelle Prozesse zu digitalisieren. Gerade Bildung von hoher Qualität werde in Deutschland schlechter. Auch die Voraussetzungen für die berufliche Bildung würden von den Schulen nicht mehr so gut erfüllt, gab sie zu bedenken.
Der neu gewählte BFB-Präsident, Dr. Stephan Hofmeister, gleichzeitig auch stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), bilanzierte aus Sicht der Freien Berufe: „Wir sind unverzichtbar für die Daseinsvorsorge und gestalten die Transformation mit. Wir leben eine besondere Ethik der Verantwortung und stehen dafür ein, dass die Versorgung reibungslos funktioniert.“ Die Bürger seien nicht nur dem Staat verpflichtet, sondern der Staat auch dem Bürger. Von der Politik erwartet er eine Beteiligung der Freien Berufe an den Transformationsprozessen auf Augenhöhe. Der scheidende Präsident, Friedemann Schmidt, mahnte: Freiberufliche Strukturen seien gefragt wie nie, würden aber von der Politik sehenden Auges auf Verschleiß gefahren: „Wir brauchen eine Weichenstellung. Wir kommen an Handeln und Haltung nicht vorbei!“