Bayerische Zahnärzteschaft protestiert in München

„Stirbt die Hauszahnarztpraxis, kommt die Versorgungslücke“

Gegen Bürokratie, Leistungskürzungen und Praxissterben zogen Zahnärzte aus ganz Bayern mit ihren Teams am Mittwoch auf den Münchner Marienplatz. Unterstützung kam aus der ersten Reihe der Landespolitik.

„Schluss mit Lücken, Herr Lauterbach! Zahnmedizin braucht Zukunft“, lautete das Motto der Protestaktion, die auf dem Marienplatz vor dem Münchner Rathaus stattfand. Die Bayerische Landeszahnärztekammer (BLZK) hatte die Veranstaltung im Schulterschluss mit dem Verband medizinischer Fachberufe (vmf), den bayerischen Zahntechniker-Innungen sowie vielen weiteren zahnärztlichen Verbänden und Organisationen organisiert. Weit mehr als 1.000 Zahnärztinnen und Zahnärzte und ZFA machten ihrem Ärger an diesem Mittwoch Luft und demonstrierten gegen die Gesundheitspolitik von Minister Karl Lauterbach (SPD).

BLZK-Präsident Dr. Dr. Frank Wohl betonte in der Eröffnungsrede die große Bedeutung der Protestaktion: „Die heutige Veranstaltung war dringend notwendig. Wir brauchen bessere Perspektiven für unsere zukünftige Arbeit und setzen uns für Bürokratieabbau, für die längst überfällige Anpassung der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) und gegen den Aufkauf von Praxen durch Finanzinvestoren ein. Unsere Patientinnen und Patienten sind die Leidtragenden, wenn für die Praxis am Ort kein Nachfolger in Sicht ist oder wenn der nächste Zahnarzttermin in weiter Ferne liegt, weil die Bürokratie zu viel Behandlungszeit verschlingt. Uns hat bislang immer ausgezeichnet, dass wir für eine moderne und wohnortnahe zahnmedizinische Versorgung der Bevölkerung in unserer bayerischen Heimat sorgen – das soll auch in Zukunft so bleiben!“

Zahnärzte stünden unter einem zunehmenden Druck, darum müssten die Rahmenbedingungen dringend verbessert werden, sagte Hubert Aiwanger, bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie. „Wir dürfen nicht immer mehr Praxen verlieren, wir brauchen bessere Perspektiven auch für junge Zahnärzte. Unsere Bevölkerung hat ein Recht auf beste Versorgung, und die ist in Gefahr“, so Aiwanger. „Gerade in den strukturschwachen Regionen gehen in den kommenden Jahren viele Zahnärzte in Rente, ohne dass ein Nachfolger zur Verfügung steht. Deshalb müssen wir die Rahmenbedingungen so setzen, dass eine selbstständige Tätigkeit als Zahnarzt attraktiv bleibt.“

„Bayern steht zu seinen Zahnärztinnen und Zahnärzten", sagte Klaus Holetschek, Vorsitzender der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag und ehemaliger bayerischer Gesundheitsminister. „Gesundheit beginnt im Mund, Prävention von vielen Krankheiten auch. Unsere Zahnärztinnen und Zahnärzte brauchen verlässliche Rahmenbedingungen: Abbau von Bürokratie, angemessene Vergütung, Zukunftsperspektiven für niedergelassene Zahnärzte statt Aufkauf von Praxen durch Finanzinvestoren.“

Ziel sei es, „die Parodontitis-Therapie und die Arbeit der Kinderzahnärzte weiter zu stärken, einen Kinder- und Seniorenzahnbericht aufzulegen, einen Praxiszukunftsfonds auch für Zahnarztpraxen aufzulegen, die Tarifsteigerungen bei den Zahnmedizinischen Fachangestellten zu refinanzieren – und vor allem auch die Gebührenordnung für Zahnärzte endlich anzupassen“, so Holetschek. „Um all das zu finanzieren, braucht es endlich eine echte Reform der Krankenkassenfinanzen. Hier muss die Ampel in Berlin liefern und schnellstmöglich die richtigen Prioritäten setzen.“

„Die derzeitige Situation der Praxen, die Budgetierung, der Personalmangel und die Bürokratie geben Anlass genug, auf die Straße zu gehen und Veränderungen zu fordern", sagte Hannelore König (l.), Präsidentin des vmf. „Wir machen das gemeinsam mit den Vertretern der Zahnärzteschaft, weil es uns nur gemeinsam gelingt, gute Arbeitsbedingungen für die Zahnmedizinischen Fachangestellten zu verhandeln, wenn die Politik entsprechende Rahmenbedingungen schafft.“

Auch Prof. Dr. Christoph Benz, Präsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), wurde heute deutlich: „Stirbt die Hauszahnarztpraxis, kommt die Versorgungslücke. Wenn junge Zahnärztinnen und Zahnärzte immer weniger Lust haben, ihre eigene Praxis zu gründen, hat das einfache Gründe: Zu viel Bürokratie, wichtige Vorbeugungsleistungen werden für viele Patienten nicht bezahlt, überflüssige Investoren-Praxen saugen das Personal ab. Wir müssen alles dafür tun, dass unser Nachwuchs wieder Lust auf Niederlassung hat, sonst gehen vielerorts die Praxis-Lichter aus.“

Dr. Andrea Behr, bayerische Landtagsabgeordnete, Zahnärztin und Mitglied des Ausschusses für Gesundheit, Pflege und Prävention, betonte: „Mit Methoden von vorgestern wie der Budgetierung kann man die Probleme von heute und morgen nicht lösen. Wir brauchen einen GOZ-Punktwert, der betriebswirtschaftlich in das Jahr 2024 passt. Lauterbach greift den Zahnärzten in die Tasche – wir greifen ihnen unter die Arme!“

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