Vulnerable Gruppen benötigen individuelle Beratungsangebote
Vulnerable Patientinnen und Patienten benötigen häufig verstärkte Zuwendung sowie risikogruppenspezifische und bedarfsgerechte Betreuungsangebote. Das zeigt der sechste Bericht der Zahnärztlichen Patientenberatung, der Ende Oktober unter dem Titel „Vulnerable Patientinnen und Patienten unterstützen" von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) veröffentlicht wurde. Oft erschwerten auch Sprachprobleme oder kognitive Einschränkungen die Aufklärung, ergänzten KZBV und BZÄK dazu.
„Vulnerable Patientengruppen benötigen bisweilen spezielle Behandlungsangebote oder sie müssen besondere Hürden in der Versorgung überwinden“, erklärt Dr. Ute Maier, stellvertretende Vorsitzende des Vorstandes der KZBV. „Die Beratenden in der Zahnärztlichen Patientenberatung können in solchen Fällen oft individuelle Lösungen anbieten und Versorgungsmöglichkeiten aufzeigen und dadurch eine genuine Unterstützungs- und Lotsenfunktion übernehmen.“ Die Arbeit mit diesen Patientinnen und Patienten stelle die Beratenden dabei aber auch selbst vor Herausforderungen, so Maier weiter. Daher sei es wichtig, sie gezielt in ihren Gesprächsführungskompetenzen zu stärken und auf herausfordernde Beratungssituationen vorzubereiten.
Zentrale Ergebnisse des Berichts
In den Jahren 2022 und 2023 haben sich bundesweit rund 64.000 Ratsuchende an die Zahnärztlichen Patientenberatungsstellen gewandt.
Bei gut der Hälfte der Anfragen (56 Prozent) ging es um Kosten, Rechte und Leistungsansprüche bei zahnmedizinischen Behandlungen.
Die meisten Ratsuchenden (etwa 85 Prozent) sind gesetzlich krankenversichert, rund sechs Prozent haben eine private Krankenversicherung.
Zehn bis 30 Prozent aller Beratungen betreffen Menschen mit einer besonderen Vulnerabilität.
In vier von fünf Fällen (81 Prozent) konnten die Patientenberatungsstellen den Patientinnen und Patienten bei ihrem Anliegen unmittelbar weiterhelfen.
Fast zwei Drittel (62 Prozent) der Beratungsanfragen entfallen auf die Altersgruppe der 18- bis 64-Jährigen. Der Anteil der Ratsuchenden ab 65 Jahren liegt bei gut 25 Prozent.
Die Beratungsgespräche erfolgten in den meisten Fällen (75 Prozent) telefonisch.
Für die überwiegende Mehrheit der beratenen Personen (76 Prozent) ist die Zahnärztliche Patientenberatung die erste Anlaufstelle bei ihren Anliegen.
Darüber hinaus sollten generell die Versorgungsbarrieren im Gesundheitssystem weiter abgebaut werden, forderte Maier. Die Zahnärzteschaft habe bereits vor langer Zeit die Weichen für konkrete Versorgungsverbesserungen von vulnerablen Patientengruppen gestellt. Maier: „Diesen Weg wollen wir verstetigen und die Versorgung weiter ausbauen, beispielsweise über positive Anreize zur freiwilligen Verbesserung der Barrierearmut von Zahnarztpraxen, aber auch über die Stärkung der Mundgesundheitskompetenz.“
Dabei liefere die im Rahmen des vorliegenden Berichts durchgeführte Analyse zum Beratungsgeschehen einen entscheidenden Beitrag, um die individuellen Problemlagen vulnerabler Patientinnen und Patienten genauer zu verstehen. „Klar ist aber auch, dass sich einige Maßnahmen zur weiteren Verbesserung der Versorgung dieser Gruppen nur umsetzen lassen, wenn sich die Politik ihrer Verantwortung bewusst wird und die hierfür zusätzlich erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung stellt.“
„Eine vertrauensvolle Zahnarzt-Patienten-Beziehung ist essenziell“
Dr. Romy Ermler, Vizepräsidentin der BZÄK, hob hervor, dass eine vertrauensvolle Zahnarzt-Patienten-Beziehung essenziell füreine erfolgreiche Behandlung ist. Ermler: „Das gilt insbesondere für vulnerable Patientengruppen. Denn sie haben spezielle Bedürfnisse, die bei der Behandlung beachtet werden müssen. Die Ergebnisse des aktuellen Berichts der Patientenberatung helfen der Zahnärzteschaft, diese Bedürfnisse noch besser zu erkennen und zu verstehen. Diese Erkenntnisse können in den Behandlungsalltag einfließen, um die zahnärztliche Fürsorge für vulnerable Patientinnen und Patienten weiter zu verbessern.“
Der Zahnärzteschaft sei es ein wichtiges Anliegen, dass alle Menschen unabhängig von Versicherungsstatus, Alter, Behinderung, Erkrankung oder sozioökonomischen Umständen einen gleichberechtigten und barrierearmen Zugang zur zahnärztlichen Behandlung und Prävention erhalten, so Ermler weiter. Der gerade vom Bundesgesundheitsministerium in Erarbeitung befindliche Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen werde hoffentlich weitere Hürden abbauen.
Zum Hintergrund: Die Patientenberatungsstellen der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und (Landes-)Zahnärztekammern leisten bundesweit eine kostenlose und fachlich unabhängige Beratung durch zahnmedizinische Expertinnen und Experten. Das Angebot richtet sich an gesetzlich und privat Krankenversicherte gleichermaßen. Anspruch und Ziel der Zahnärztlichen Patientenberatung ist es, die Eigenverantwortlichkeit und die Souveränität von Patientinnen und Patienten zu stärken. Weitere Informationen und die Kontaktdaten der Beratungsstellen in den Ländern können unter www.patientenberatung-der-zahnaerzte.de sowie auf den Websites von KZBV und BZÄK abgerufen werden. Der aktuelle Bericht der Zahnärztlichen Patientenberatung ist dort als kostenloser Download verfügbar.