Warum Ärztinnen und Ärzte nicht mehr für die Prävention tun
Mehr als die Hälfte der niedergelassenen Haus- und Fachärzte hält den aktuellen Stand der Prävention in Deutschland für schlecht (48,8 Prozent) oder sogar sehr schlecht (6,5 Prozent). Ein knappes Drittel findet ihn angemessen (30,2 Prozent). Nur jeder siebte Arzt bewertet den derzeitigen Stand als gut (12,1 Prozent) oder sehr gut (2,5 Prozent).
Doch wer ist dafür verantwortlich, das Bewusstsein für Prävention zu stärken? Ärzte sehen hier vor allem Schulen, Patienten und sich selbst in der Verantwortung: Jeweils mehr als 80 Prozent erwarten von diesen Gruppen einen sehr starken oder eher starken Beitrag zu dieser Aufgabe.
Auf Rang vier sehen Ärzte die Medien: 70,8 Prozent sind der Ansicht, dass diese viel oder sehr viel leisten sollten, um das Bewusstsein für Prävention zu stärken. 65,7 Prozent sehen die Krankenkassen in der Verantwortung, 55,8 Prozent das Bundesgesundheitsministerium. Die geringste Verantwortung für die Förderung der Prävention sehen die Ärzte bei Arbeitgebern (50,1 Prozent) und Apothekern (43,2 Prozent). Allerdings zeigen die dennoch hohen Prozentwerte, dass Ärzte Prävention als Gemeinschaftsaufgabe aller beteiligten Gruppen ansehen.
Um die Patienten für mehr Prävention zu gewinnen, setzt das Gros der Ärzte auf klassische Wege: Sie sprechen ihre Patienten an (87,9 Prozent), stellen Infomaterial im Wartezimmer bereit (65,0 Prozent) oder bieten Impfungen, Screenings und Disease-Management-Programme an (62,6 Prozent). 38,8 Prozent der Ärzte haben IGeL-Leistungen als zusätzliche Vorsorgemöglichkeiten. 27,1 Prozent der Ärzte schulen ihr Praxisteam, um Patienten schon im Vorfeld auf Präventionsangebote aufmerksam zu machen.
Social Media als ungenutzte Chance?
Allerdings nutzt nur jeder fünfte Arzt das KBV-Muster 36, mit dem Ärzte seit 2017 Präventionsleistungen empfehlen und Patienten diese bei ihrer Krankenkasse einreichen können (21,1 Prozent). Und nur 18,3 Prozent der Ärzte gaben an, DiGA aus dem Bereich Prävention zu verschreiben. Das am wenigsten genutzte Instrument, um Patienten für Prävention zu gewinnen, ist Social Media – der Stiftung zufolge ein überraschendes Ergebnis, weil im vergangenen Jahr jeder Mensch in Deutschland im Durchschnitt 99 Minuten pro Tag in Sozialen Netzwerken verbracht hat.
Mehr als die Hälfte der Ärzte würde gern mehr Präventionsarbeit leisten als bisher. Aber: Sie tun es nicht. Und 43,6 Prozent der Ärzte sind gar nicht erst dazu bereit. Hauptverantwortlich dafür sind demnach drei Gründe:
Sieben von zehn Ärzten kritisieren, dass Präventionsleistungen nicht oder nur unzureichend vergütet werden (69,9 Prozent).
Zwei Drittel sagen, dass sie im Arbeitsalltag schlicht keine Zeit für zusätzliche Präventionsaufgaben haben (66,5 Prozent).
Und mehr als jeder zweite Arzt gibt an, dass zu viel Bürokratie ihn daran hindere (54,8 Prozent).
Die repräsentative Erhebung per Online-Fragebogen fand vom 3. bis zum 10. September statt. 6.000 niedergelassene Haus- und Fachärzte aus dem Strukturverzeichnis der Versorgung erhielten eine Einladung. Zusätzlich wurden 1.515 Haus- und Fachärzte angeschrieben, die regelmäßig an der Befragung teilnehmen. 454 valide Fragebögen kamen zurück.