100 Jahre Deutscher Ärztinnenbund
Vor 100 Jahren beschlossen einige Ärztinnen und Zahnärztinnen im Deutschen Reich, sich als Kolleginnen beruflich gezielt zu unterstützen. Am 25. Oktober 1924 gründeten sie den Bund Deutscher Ärztinnen (BDÄ) und legten damit den Grundstein für den Deutschen Ärztinnenbund e.V. (DÄB).
Ziel war die Vertretung der beruflichen und sozialen Interessen von Ärztinnen und Zahnärztinnen, die es damals schwer hatten, überhaupt Medizin studieren zu dürfen und im Beruf Fuß zu fassen. Von Anfang an stand auch die Bearbeitung von gesundheitspolitischen Frauenfragen auf der Agenda, darunter die Reform beziehungsweise Abschaffung des § 218. Im ganzen Deutschen Reich gab es damals rund 2.500 Ärztinnen.
„Viel hat sich verändert. Viel bleibt zu tun.“
„Viel hat sich verändert. Viel bleibt zu tun,“ betont die Präsidentin des DÄB, Dr. Christiane Groß, in der Jubiläumsausgabe des Verbandsmagazins ärztin („ärztin 2, September 2024). Ärztinnen in Führungspositionen, das sei immer noch ein Thema, auch wenn sie in den Stellvertreterpositionen oder in den oberärztlichen Stellen inzwischen gut vertreten seien, stellt Groß fest. Die gläserne Decke darüber müsse noch durchstoßen werden. Dazu sei es notwendig, gesamtgesellschaftliche Konditionen so zu verändern, dass Rollenstereotype aufgelöst werden und Care-Arbeit eine gleichberechtigte Aufgabe von Frauen und Männern werde. Groß: „Parität in Führungspositionen ist nur möglich, wenn wir auch die Familienarbeiten paritätisch verteilen können.“
Ein schwieriges Kapitel auch für diesen Verband ist seine NS-Vergangenheit. Im März 1933 hatte der BDÄ in der Satzung den „Arierparagraph“ eingeführt und das „Führerprinzip“ verankert, entsprechend wurden Ärztinnen jüdischer Abstammung beziehungsweise „nichtarische“ Mitglieder ausgeschlossen. Diese Kolleginnen hatten bis 1933 eine wichtige Rolle im BDÄ gespielt. Jene Phase ist bis heute forschungshistorisch in der Diskussion. Ende 1936 wurde der Verband aufgelöst und gründete sich 1950 als Deutscher Ärztinnenbund neu. Nach der NS-Diktatur war es für die Ärztinnen existenziell, dass sie nicht länger benachteiligt wurden, wenn sie sich in einer Kassenarztpraxis niederlassen wollten.
Frauengleichberechtigung haben wir immer noch nicht
Heute ist ein Großteil der Medizin- und Zahnmedizinstudierenden weiblich – auch eine große Anzahl der ärztlich und zahnärztlich Berufstätigen sind Frauen. „Wir sind immer noch nicht so weit, dass der DÄB in Bezug auf die Ärztinnen-, Patientinnen- und Frauengleichberechtigung „überflüssig“ geworden ist,“ unterstreicht die DÄB-Ehrenpräsidentin Dr. Astrid Bühren in der Jubiläumsausgabe. Viele Mitglieder des DÄB waren und sind berufs- oder standespolitisch tätig in Gremien der Selbstverwaltung, in Fachgesellschaften oder Berufsverbänden.
Die Themen heute: Mehr Frauen in Führungs- und Entscheidungspositionen, die ärztliche Weiterbildung in Teilzeit, Jobsharing in der Niederlassung, flexiblere Arbeitsbedingungen und die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Der DÄB war auch Motor des neuen Mutterschutzgesetzes von 2018 und hat die Gendermedizin in den medizinischen wie gesellschaftlichen Fokus gerückt.